In dieser Ausgabe schauen wir unter anderem nach Sri Lanka, Myanmar und Indien und stellen aktuelle Recherchen aus diesen boomenden Reiseländern vor. Besonderes Augenmerk legen wir auf die Folgen des Tourismus für die Fischer. In südasiatischen Gesellschaften sind sie oft besonders benachteiligt. Ihre Kultur, ihr Lebensstil und ihr gemeinschaftlicher Zusammenhalt sind sehr eng mit ihrem Leben an der Küste verbunden. Verlieren sie den Zugang zum Meer, verlieren sie nicht nur ihre wirtschaftliche Lebensgrundlage – sie verlieren ihre Identität.
Die aktuellen Menschenrechtsberichte machen deutlich, welche Risiken mit einer intensiven touristischen Erschließung verbunden sind. In Myanmar und Sri Lanka konnte der Tourismus quasi von Null anfangen. Auf Grund von Bürgerkrieg bzw. Militärdiktatur haben Investoren und internationale Reiseveranstalter diese Länder gemieden. Nun ist alles anders: Die staatlichen Entwicklungsbehörden, das Militär, regionale Eliten und Großinvestoren entdecken die Gebiete und ihr touristisches Potenzial. Sie nehmen wenig Rücksicht auf weiterhin schwelende Konflikte und traditionelle Siedlungs- und Wirtschaftsansprüche der lokalen Bevölkerung. Wirtschaft und Politik sind in den Ländern eng miteinander verzahnt und ziehen an einem Strang.
Das zeigt sich – global gesehen nicht zum ersten Mal – auch im aktuellen Korruptionsskandal in Sri Lanka. Kaum war der Präsident wegen seines autokratischen Führungsstils und tief verwurzelter Korruption vom Volk abgewählt worden, erzitterte auch die Tourismusbehörde unter einem Korruptionsskandal.
Es sind diese Verbindungen zwischen Politik, Militär und Tourismus, die von Reiseveranstaltern eine besondere Sorgfalt erfordern, damit sie nicht unbeabsichtigt zu Nutznießern von Menschenrechtsverletzungen werden. Und diese Sorgfalt ist umso dringlicher in Situationen, in denen die Staaten nicht willens oder in der Lage sind, die Bevölkerung zu schützen. Es ist bedauerlich, dass sich Branchenvertreter noch zu oft allein darauf verlassen, dass die Staaten die Menschenrechte schon sicherstellen werden. Sie verschließen damit die Augen vor den Realitäten und den eigenen Möglichkeiten und lassen die Menschen im Stich, die vor Ort den Reisenden das Gefühl geben sollen, im sorgenfreien Urlaub zu sein.
Welche Gestaltungschancen bestehen und wie Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht gerecht werden können, dazu tauschen sich NGOs, Reiseveranstalter und Branchenvertreter seit einiger Zeit im „Round-table Menschenrechte im Tourismus“ aus. Als jüngste Mitglieder konnten die nationalen Tourismusverbände Österreichs und der Schweiz begrüßt werden.
In unserem Interview fragten wir Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbands, warum sich der DRV so auffallend zurückhält. Wir mussten erfahren, dass der Verband noch ganz am Anfang der Diskussionen steht und er kaum Spielraum sieht, Opfer von Menschenrechtsverletzungen durch touristische Aktivitäten zu unterstützen. Schade! Umso erfreulicher ist, dass andere bereits vorangehen und anfangen zu diskutieren, was die Analysen aus Sri Lanka, Myanmar und anderen Ländern für Reiseveranstalter bedeuten.
Auch auf der ITB! Lesen Sie unsere Veranstaltungstipps auf den folgenden Seiten. Unseren Tourism Watch-Stand mit der Nummer 219 finden Sie wie gewohnt in Halle 4.1 der ITB.