Warum Tourismus?
”Tourismus ist wie Feuer. Du kannst Deine Suppe damit wärmen, oder Dein Haus damit verbrennen!“
Ein anderer Tourismus ist nötig…
Für viele Menschen in aller Welt ist der Tourismus gleichzeitig Hoffnungsträger und Armutsrisiko. Ohne Frage: der Tourismus schafft Arbeitsplätze und bringt dringend benötigte wirtschaftliche Impulse gerade für Länder des Globalen Südens. Jeder zehnte Job weltweit hängt am Tourismus – das sind insgesamt rund 292 Millionen Arbeitsplätze. In jedem dritten Entwicklungsland ist er die Hauptdevisenquelle. Kein Wunder, dass immer mehr Staaten auf Tourismus als Wirtschaftsstrategie setzen. Die Nachfrage scheint unbegrenzt – auf bereits hohem Niveau verdoppeln sich die internationalen Reisebewegungen in nur 20 Jahren bis 2030 auf 1,8 Milliarden pro Jahr.
Allerdings zeigen sich an allen Orten auch die Schattenseiten des Tourismus. Niemals sind so viele Kinder weltweit Opfer sexueller Ausbeutung durch Reisende geworden wie heute; an einigen Orten übersteigt der Wasserbedarf des Tourismus die lokal vorhandenen Ressourcen und wenn der Flug- und Schiffsverkehr weiter so wächst wie bisher, wird er 2050 für 40 Prozent des menschgemachten Klimawandels verantwortlich sein. Durch den Bau von Ressorts und Strandhotels werden vielerorts Fischer vertrieben oder verdrängt und nicht nur in europäischen Großstädten, sondern auch an Welterbestätten und besonders schönen Stränden oder Sehenswürdigkeiten leiden die Bewohner unter einer zu intensiven und fehlgeleiteten Tourismusentwicklung.
… und möglich!
Der Tourismus wächst, aber nicht seine positiven Effekte auf Umwelt, Gesellschaft und das Wohlergehen der Bevölkerung. Dabei wissen wir: Es geht auch anders!
An vielen Orten haben sich Initiativen gegründet, die alternativen, nachhaltigeren Tourismus anbieten. Dazu gehören gemeindebasierte Ökolodges und Unterkünfte in Gastfamilien in vielen Ländern Asiens, Lateinamerikas und Afrikas. Auf dem Reiseführer-Markt gibt es mittlerweile Tipps, wie man zum Beispiel ohne Flugzeug um die Welt kommt und wie man einen Indienurlaub ganz ohne Plastikflaschen gestalten kann. Mehr als 150 Siegel zeichnen tausende von Tourismusangeboten aus, die besonders auf Nachhaltigkeit überprüft sind und einige Pioniere der Tourismuswirtschaft haben Strategien entwickelt, um Menschenrechtsverletzungen zu erkennen und zu vermeiden.
Die notwendige Tourismuswende kann nur gelingen, wenn alle Akteure endlich Verantwortung übernehmen!
Von Politik und Wirtschaft fordern wir:
- Mehr Mitbestimmung der Menschen vor Ort bei der Planung und Gestaltung des Tourismus
- Mehr Maßnahmen zum Schutz der Menschenrechte in den Urlaubsländern
- Mehr Klimagerechtigkeit, gerade für die Menschen, die selbst nicht reisen
- Mehr Unternehmensverantwortung durch Reiseveranstalter, Hotels und Fluggesellschaften
Reisenden empfehlen wir:
- Intensive Vorbereitung auf die Reise
- Verantwortungsvolle Auswahl von Reiseveranstaltern
- Klimaschonende An- und Abreise
- Mehr Begegnungen auf Augenhöhe
Seit mehr als 40 Jahren beschäftigen sich die Kirchen in Deutschland mit den Auswirkungen des Reisens auf Entwicklungsländer. Es waren zuerst asiatische Gemeinden und ökumenische Gruppen, wenig später auch Gruppen aus Afrika und Lateinamerika, die bereits in den 1970er Jahren die Folgen des aufkommenden internationalen Tourismus spürten und in Europa darum baten, dass die Kirchen sich stärker in der Vorbereitung von Reisenden engagierten und Öffentlichkeit schaffen für die negativen Folgen des Tourismus. Im Mittelpunkt standen damals wie heute die sexuelle Ausbeutung von Kindern, die Vertreibung lokaler Bewohner im Zuge von Infrastrukturentwicklungen und die fehlende Beteiligung, mangelnde Selbstbestimmung und kulturelle Ausbeutung von Gemeinschaften und indigenen Gruppen. Umweltzerstörung und miserable Arbeitsbedingungen waren weitere Themen seit den ersten Stunden der entwicklungpolitischen Tourismuskritik.