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Kinderhandel für Waisenhaus-Tourismus in Nepal

“The Paradox of Orphanage Volunteering: Combating Child Trafficking through Ethical Voluntourism”


Die amerikanische Nichtregierungsorganisation “Next Generation Nepal” (NGN) zeigt in ihrem Bericht „The Paradox of Orphanage Volunteering“, wie Freiwilligeneinsätze in Waisenhäusern in Nepal zu problematischen Entwicklungen geführt haben.

Der Bericht weist darauf hin, dass in Waisenhäusern in Nepal über 15.000 Kinder leben, von denen mindestens zwei Drittel eigentlich gar keine Waisen sind. Laut NGN werden viele von ihnen nur deshalb in “Waisenhäusern” untergebracht, weil sich mit ihnen Geld machen lässt. Denn gutmeinende, aber naive ausländische Freiwillige und Spender zahlen für sie. Fast 90 Prozent der “Waisenhäuser” in Nepal liegen deshalb in den fünf Distrikten, die für den Tourismus am wichtigsten sind: Kathmandu, Lalitpur, Bhaktapur, Kaski und Chitwan.

Der Bericht beschreibt die Geschichte des Kinderhandels, der auf die Zeit des Bürgerkriegs zurückgeht. In der Karnali-Region sahen Eltern in Kinderhändlern Helfer in der Not, um ihre Kinder vor der Rekrutierung durch die maoistischen Rebellen zu bewahren. Als westliche Länder 2010 die Adoption von Kindern aus dem Ausland verboten, verlegten kriminelle Banden ihr Geschäft vom “Verkauf” von Kindern zu Adoptionszwecken hin zum “Verkauf” von Gelegenheiten für Freiwillige und Spender, Waisenhäuser zu unterstützen. Der Bericht zeigt, dass die meisten Waisenhäuser in Nepal nicht den rechtlichen Standards entsprechen und dass die Misshandlung und Ausbeutung von Kindern in solchen Einrichtungen gang und gäbe ist.

Voluntourismus als wachsendes globales Phänomen mag zwar oft aus altruistischen Motiven heraus entstehen und durchaus positive Potenziale bergen. Er kann aber auch große Schäden anrichten. NGN rät von Freiwilligendiensten in Waisenhäusern ab und gibt eine Reihe von Empfehlungen für die Tourismuswirtschaft, die Regierung Nepals, die Zivilgesellschaft, die Medien, die Wissenschaft und die diplomatischen Dienste ab, wie man mit dem „Waisen“-Kinderhandel umgehen kann und die Möglichkeiten für ethisch vertretbare Freiwilligeneinsätze verbessern kann.

The Paradox of Orphanage Volunteering: Combating Child Trafficking through Ethical Voluntourism. Hg. von Next Generation Nepal (NGN). Eugene (USA), 2014. Download: www.nextgenerationnepal.org/File/The-Paradox-of-Orphanage-Volunteering.pdf

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(2.033 Zeichen, März 2015, TW 78)