Im UN-Jargon heißen sie SIDS (Small Island Development States / Kleine Insel-Entwicklungsländer) - sie selbst bezeichnen sich lieber als „große Ozeanstaaten“. Für die Tourismuswirtschaft sind die meisten von Ihnen einfach nur Synonym für tropische Paradiese. 38 Staaten und 20 Territorien in der Karibik, im Pazifik und auf beiden Seiten des afrikanischen Kontinents fallen unter die Kategorie der SIDS. Ihnen gemeinsam ist, dass ihre geographische Abgelegenheit hohe Kosten bei der Beschaffung von Lebensmitteln und anderen Gütern verursacht und die wirtschaftliche Entwicklung hemmt. Die Abgelegenheit der Inseln hat aber auch gesellschaftliche Traditionen und natürliche Ressourcen erhalten - die Inseln gelten als spirituelle und ökologische Hotspots. Gleichzeitig trifft die Klimakrise die etwa 65 Millionen Menschen, die auf den SIDS leben in Form von Meeresspiegelanstieg und Wirbelstürmen am stärksten.
Auf den meisten SIDS ist der Tourismus das wichtigste wirtschaftliche Standbein und macht zum Teil 80 Prozent der Exportleistung und mehr als 20 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung aus. Die Corona-Pandemie hat besonders starke wirtschaftliche Effekte gehabt, weil das Ausbleiben der Reisenden kaum durch andere wirtschaftliche Aktivitäten ausgeglichen werden konnte. Wir schauen in dieser Ausgabe genauer hin, wie die Tourismuskonzepte der SIDS nach 3 Jahren Pandemie aussehen: Die Dominikanische Republik scheint vor allem weiter auf Massentourismus zu setzen, während das westafrikanische Kapverden diversifizieren will, aber nicht kann. Auf den Malediven führte der Tourismus zu hohen Einnahmen, sein Ausbleiben aber hat die Staatsverschuldung auf neue Rekorde geführt, die ein wirtschaftliches Umsteuern unmöglich zu machen scheint. Und während einige Pazifik-Staaten zwar in der Corona-Pandemie wirtschaftlich stark gelitten haben, konnten dort spirituelle, gesellschaftliche und ökologische Ressourcen das schlimmste verhindert. Diese Erfahrung gibt Vertrauen in die Krisenfestigkeit der Staaten und ihrer Menschen. Wie wichtig solche Ressourcen sind und welche unsichtbaren Kosten es verursacht, wenn sie durch den Tourismus in Mittleidenschaft gezogen werden, zeigt unser Interview mit Megan Epler Wood.