Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,
Wie könnte es auch anders sein in der Mobilitätsbranche Tourismus: Es ist einiges in Bewegung.
Unter dem Slogan "Lassen Sie kümmern" nimmt der Deutsche Reiseverband (DRV) mit einer in der Branche durchaus als "sexy" bezeichneten Imagekampagne den Wettbewerb mit Internetbuchern und Direktvermarktern auf. Durch die Fusionen mit My Travel und First Choice haben Thomas Cook und TUI Travel an Unübersichtlichkeit gewonnen, sind britischer geworden und haben sich als Führungsduo mit einem Umsatz von 17,6 Mrd. Euro (TUI Travel) bzw. 11,9 Mrd. (Thomas Cook) 2006 als Europas größte Veranstalter positioniert. Dahinter stehen weltweit 48.000 Beschäftigte und 27 Millionen Kunden bei den TUI-Veranstaltern und Airlines und rund 33.000 Beschäftigte und 19 Millionen Kunden bei Thomas Cook.
Ein großer Teil auch dieser Reisenden möchte erklärtermaßen seinen Urlaub genießen und sich dabei in dem guten Gefühl wiegen, der Umwelt möglichst wenig zu schaden und einen Beitrag dazu leisten, dass die Bewohner und Beschäftigten des Gastlandes angemessen vom Tourismus profitieren. Damit sich dies mit den Erwartungen der Investoren an Aktienkurse und Dividenden in Einklang bringen lässt, bedarf es einer nachhaltigen Unternehmensführung im Sinne von "Corporate Social Responsibility".
Bisher finden sich bei Reiseangeboten allerdings noch kaum Hinweise über die sozialen Qualitätsstandards, die hinter der Reise stehen – von einem aussagefähigen Soziallabel ganz zu schweigen. Gerade fand die "Faire Woche" statt und machte einmal mehr deutlich, dass ethisch verantwortlicher Konsum längst aus der Nische kirchlicher und sozialer Organisationen herausgetreten ist. 16 Millionen Deutsche kaufen regelmäßig oder zumindest hin und wieder Produkte aus fairem Handel. Dass hier auch ein beträchtliches Marktpotenzial für den Tourismus liegt, sollte Anspruch und Herausforderung zugleich sein. Ob ein Fairtrade-Zertifikat für Tourismus machbar ist, prüft gegenwärtig die Fairtrade Labelling Organisations International (FLO) zusammen mit Nichtregierungsorganisationen aus sechs verschiedenen Ländern. Einen anderen Weg gehen kleine und mittlere Unternehmen im "Forum anders reisen". Sie wollen über standardisierte Nachhaltigkeitsberichte Transparenz in die sozialen Hintergründe des Reisens bringen.
Ob die Welttourismusorganisation (UNWTO) mit einer aufwändigen Programm- und Veranstaltungskette um Armutsbekämpfung, Klimawandel, Geschlechtergerechtigkeit und die Bedeutung von Glaube und Religion im Tourismus einen ernstzunehmenden Beitrag leisten kann, muss sich erst noch zeigen. Mit ihrem Vorstoß, zum Welttourismustag etwas einseitig die „offenen Türen“ für Frauen in den Blick zu nehmen, hat sie sich nicht nur Freunde gemacht, wie die in dieser Ausgabe dokumentierten Bedenken aus Indien und anderen Teilen der Welt zeigen. Das heißt aber nicht, dass es nicht auch ermutigende Beispiele gibt, unter anderem in Gambia, wo mit Unterstützung aus der Entwicklungszusammenarbeit einheimische Frauen zumindest einen Fuß in die Tourismus-Tür bekommen haben.
Wir wünschen eine anregende Lektüre und freuen uns wie immer über kritisch-konstruktive Rückmeldungen.
Heinz Fuchs Christina Kamp