Artikel

Archäologie, Spiritualität und Tourismus

Reflektionen über eine buddhistische Stätte in Visakhapatnam, Indien


Thotlakonda Stupas

Von Jai Prathap Chenna

Thotlakonda ist eine alte buddhistische Stätte in der Nähe von Visakhapatnam im Bundesstaat Andhra Pradesh an der Ostküste Indiens. Nach einer Gruppenführung mit einem Team von ThinkTrawell in Thotlakonda teilt der Autor seine Reflektionen zur buddhistischen Architektur und Lehre. Er schlägt für die touristische Entwicklung von Thotlakonda und ähnlicher Stätten einen umsichtigen Ansatz vor. Reiseunternehmen wie ThinkTrawell können Gästen bessere Erlebnisse ermöglichen, indem sie den spirituellen Charakter des Ortes einbeziehen.

Thotlakonda ist eine von mehr als 200 buddhistischen Stätten im südindischen Bundesstaat Andhra Pradesh. Sie bietet Einblicke in das frühe buddhistische Klosterleben ab etwa dem 2. Jahrhundert v. Chr. Der auf einem Hügel gelegene Komplex mit Blick auf den Golf von Bengalen wurde 1976 entdeckt und gilt als einst wichtiges Zentrum buddhistischer Mönche aus Süd- und Südostasien. Thotlakonda (aus dem Telugu) bedeutet "Hügel der Stein-Zisternen", denn die Stätte verfügt über mehrere natürliche, aus dem Stein gehauene Zisternen, in denen einst Regenwasser gesammelt wurde. Die archäologischen Funde umfassen Stupas (hügelförmige Bauten für Meditationszwecke), Chaityas (Gebetshallen), Viharas (Unterkünfte der Mönche) sowie Inschriften in Stein.

Die drei Juwelen des Buddhismus

Unser Besuch in Thotlakonda begann damit, dass wir auf dem Weg dorthin bewusst darauf verzichteten, nachzudenken oder zu diskutieren – entsprechend dem ersten Juwel des Buddhismus, „Buddham Sharanam Gachami (Ich nehme Zuflucht zu Buddha). So wie es beim Erwachen des Buddha darum geht, weltliche Ablenkungen zu überwinden und in einen Zustand reinen Bewusstseins einzutreten, begannen wir unseren Besuch ohne vorgefasste Vorstellungen. Dies ermöglichte uns, für alles offen zu sein, was die Stätte zu bieten hatte.

Während wir die Stätte erkundeten, wich die ursprüngliche Leere der Gedanken einer Geistesgegenwart, die im Zusammenhang mit dem zweiten Juwel steht: „Dhammam Sharanam Gachami“ (Ich nehme Zuflucht zum Dharma). Dharma bezieht sich auf die Regeln, Prinzipien und Moralkodizes, die eine Anleitung für das Leben darstellen. In Thotlakonda brachte uns diese Geistesgegenwart dazu, darüber zu reflektieren, wie wichtig es ist, dieses historische und spirituelle Erbe zu schützen. Uns wurde bewusst, dass Thotlakonda nicht nur eine Touristenattraktion ist, sondern auch ein heiliger Ort, für den man Sorge tragen muss.

Im Einklang mit dem dritten Juwel, „Sangham Sharanam Gachami“ (Ich nehme Zuflucht zum Sangha) stimulierte auf unserem Weg durch Thotlakonda dessen reiche Geschichte und Architektur unseren Intellekt. Sangha steht für die Gemeinschaft der Praktizierenden oder Intellektuellen, die sich gegenseitig auf dem Pfad zur Erleuchtung unterstützen. Während unserer Tour zeigte sich dieses Gemeinschaftsgefühl in unserem Austausch von Wissen, Fragen und Reflektionen zwischen Teilnehmenden und Guides. So wie Sangha spirituelles Wachstum fördert, unterstützt dieses kollektive Engagement ein tieferes Verständnis der Stätte.

Archäologie, Restaurierung und Tourismus

Eine unserer zentralen Überlegungen zu Thotlakonda bezog sich auf die empfindliche Balance zwischen Archäologie, Restaurierung und Tourismus. Viele Kulturerbestätten gelten als heilige Stätten, die für einzelne Personen und/oder Gemeinschaften von besonderer spiritueller oder religiöser Bedeutung sind und die als Pilgerziele und als Orte der Anbetung oder Besinnung verehrt werden.

Sollten solche Stätten in ihrem Originalzustand erhalten werden oder sollten sie restauriert werden, um sie für Besucher*innen und Gläubige ansprechender zu machen? Einerseits bieten unveränderte Stätten tiefe geschichtliche Einblicke, die für Wissenschaftler*innen und Authentizitätssuchende wertvoll sind. Sie müssen vor möglichen Schädigungen und Verfall geschützt werden. Andererseits würde durch eine Rekonstruktion bestimmter Teile besser vorstellbar, wie die Gebäude einst aussahen und funktionierten. Man müsste jedoch sehr aufpassen, durch solche Eingriffe den ursprünglichen Charakter der Stätte nicht zu überschatten. Eine wohl bessere Lösung wäre die Nutzung moderner digitaler Technologien, um Besucher*innen eine bessere Vorstellung zu vermitteln.

Tourismus spielt eine wichtige Rolle dabei, Aufmerksamkeit auf Stätten wie Thotlakonda zu lenken. Doch der Zustrom an Besucher*innen kann auch Risiken bergen, denn eine zu starke Kommerzialisierung könnte die spirituelle und archäologische Bedeutung der Stätte untergraben. Gut gemanagt kann der Tourismus dazu beitragen, dass solche Stätten gepflegt und erhalten werden.

Stupasund Intentionen

Die Stupas in Thotlakonda sind mächtige Symbole buddhistischer Lehre. Sie zeigen, wie Leben, Energie und Gedanken sowohl in der Gegenwart als auch darüber hinaus miteinander verflochten sind. Sie lassen sich in drei Kategorien einteilen:

Stupas mit den sterblichen Überresten erleuchteter Mönche markieren den Übergang von der physischen in die spirituelle Welt. Sie erinnern uns an den buddhistischen Glauben, dass der Tod nicht das Ende ist, sondern der Übergang in eine andere Form der Existenz. Andere Stupas enthielten persönliche Gegenstände und Kleidungsstücke der Mönche, die dem Glauben nach auch nach dem Tod der Mönche die Energie ihrer Seelen haben. Dies betont die Vorstellung, dass das Wesen eines Menschen über den physischen Körper hinausgeht und in Dingen, die man benutzt oder berührt hat, bewahrt werden kann. Die dritte Art von Stupas steht für die guten Absichten und Gedanken der Mönche. Im Buddhismus gestalten Gedanken und Absichten unser Handeln, unser Karma und die spirituelle Energie, die wir mit hinübernehmen in das Leben nach dem Tod. Diese Stupas symbolisieren die bleibenden Wirkungen unserer Intentionen und betonen, dass Gedanken genauso mächtig und dauerhaft sind wie unsere physische Präsenz.

Die Architektur von Thotlakonda spiegelt auch ein tiefes Verständnis für die natürliche Umgebung wider, denn sie integriert vom Menschen geschaffene Strukturen in die Landschaft. Eines der auffälligsten Merkmale ist die Abwesenheit von Statuen. Die Stätte lädt Besucher*innen zur Reflektion über die Bedeutungslosigkeit persönlicher Identität ein und lenkt den Fokus auf kollektive Weisheit, spirituelles Wachstum und ein tieferes Verständnis von Existenz.

Jai Prathap Chenna unterstützt ThinkTrawell im Bereich Stratgieentwicklung. ThinkTrawell ist ein Startup im Bereich sozialverantwortlicher Tourismus in Visakhapatnam, Indien.