Die Welt schaut nach Brasilien – und das nicht erst seit dem Anpfiff zur Fußball-WM 2014. Bereits vorher hat die Weltöffentlichkeit die Proteste der Menschen wahrgenommen, die kaum selbst eine Eintrittskarte erwerben können, aber fürchten, dass sie die Last des Großereignisses schultern müssen. Sei es durch Verteuerungen oder Vertreibungen und Segregation im Zuge von Stadtverschönerungs- oder „Befriedungs“-Programmen, oder durch die Investitionspolitik der Regierung zugunsten von Prestigeprojekten und zu Lasten notwendiger Ausgaben für Bildung, Gesundheit und Soziales.
Ähnlich wie die Fußball-WM 2010 in Südafrika und andere Mega-Sportevents, zeigt auch die WM in Brasilien, dass Regierungen nicht ungesehen Spiele auf Kosten der Bevölkerung auszurichten können. Die Zivilgesellschaft der Austragungsländer nutzt das Medieninteresse, um auf die Gleichzeitigkeit von Armut und Sport-Exzess oder die Bewegungsfreiheit der Besucher und Einschränkungen der Freiheitsrechte der Menschen vor Ort aufmerksam zu machen.
Die globalen Sportinstitutionen sind in die Kritik geraten und haben ein erhebliches Imageproblem. Nicht nur in Deutschland und der Schweiz haben die Menschen im letzten Jahr gegen eine Ausrichtung von Großereignissen in ihrer Nachbarschaft gestimmt. Die Länder stehen nicht mehr Schlange und so bekommen immer wieder Staaten den Zuschlag, in denen kein demokratischer Willensbildungsprozess die Entscheidung zum Sportevent geleitet hat.
Die internationalen Institutionen im Sport – wie im Tourismus – stehen am Scheideweg: Wollen sie ein Fest der Freundschaft austragen, bei dem die sportlichen Leistungen im Mittelpunkt stehen? Oder wollen sie ihre Feiern hinter meterhohen Mauern abhalten und ein schales Gefühl bei den Zuschauern hinterlassen, die wissen, dass ihre Gastgeber für ein paar Wochen Show einen hohen Preis zahlen müssen? Institutionelle Erneuerung, ein konsequentes Nachhaltigkeitsmanagement und eine partizipative Planung wären notwendig, damit der Sport und die Menschen gewinnen!
In dieser Ausgabe schauen wir zwar vertieft nach Brasilien – aber auch nach Katar, wo mehr Menschen drohen beim Stadienbau zu sterben, als dann Sportler zur WM 2022 erwartet werden. Und wir blicken zurück nach Südafrika, wo Straßenhändler und kleine Unterkünfte noch sehr viel mehr von der WM 2010 hätten profitieren können, wenn nicht nur Geld und Macht der Veranstalter im Mittelpunkt gestanden hätten, sondern auch die Bedürfnisse der Bevölkerung. Für Brasilien bleibt noch die Chance, daraus zu lernen – wenn nicht in diesem Jahr, dann zu den Olympischen Spielen in zwei Jahren.