Entwicklungsmotor Tourismus? Reisen für die „Eine Welt“? Sie belegt diese mit zum Teil dubiosen Zahlen, die zwar die Ausgaben der Reisenden nennen, nicht aber die hohen Ausgaben der Reiseländer selbst. Mit Infrastruktur und Tourismuswerbung, Steuererleichterungen und Subventionen versuchen sich arme Volkswirtschaften gegen noch ärmere Länder auf dem globalen Reisemarkt zu behaupten. Dies gilt insbesondere für Länder, die nach Terroranschlägen in der Gunst der Reisenden stark verloren haben, wie der Kommentar von Nina Sahdeva deutlich macht. Zeigt sich die Tourismuswirtschaft in diesen Fällen wenigstens solidarisch? Zweifel sind angebracht, wenn man liest, dass sich eine führende deutsche Tourismusmanagerin im Branchenmagazin „fvw“ mit dem Satz zitieren lässt, dass ihr Unternehmen nun „Bulgarien als Ersatz für Tunesien“ ausbaue. Ein Partner, der tatsächlich die Entwicklung eines Landes auch in schlechten Zeiten voranbringen will, klingt anders.
Um als ‚Entwicklungshelfer‘ durchzugehen, ist mehr nötig als ökonomische Impulse. Die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ der Vereinten Nationen distanziert sich von einem rein ökonomischen Entwicklungsmodell. Sie nimmt auch die Disparitäten innerhalb von Gesellschaften in den Blick.
Ist der Tourismus dabei gut aufgestellt? Noch lange nicht – wie unsere Beiträge aus Sri Lanka und der Türkei zur Situation von Frauen im Tourismus zeigen. Diese Artikel, ebenso wie ein Beitrag des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, Unicef, beleuchten ganz konkrete Handlungsmöglichkeiten, damit Frauen besser gefördert und die Bedürfnisse von Kindern berücksichtigt werden können.
Um tatsächlich Entwicklung zu befördern, muss die Tourismuswirtschaft neben positiven auch die negativen Wirkungen ihrer Geschäftstätigkeit schonungslos offenlegen und konsequent angehen. Gerade in Hinblick auf den Klimawandel herrscht offensichtlich aber Branchenblindheit: In einer Analyse der TUI, die die ökonomischen Wirkungen des Tourismus auf Zypern analysiert, wird am Rande erwähnt,
dass die CO2-Emissionen durch den Flugverkehr wohl der größte und teuerste Umweltschaden sind, den der Tourismus verursacht. In der Gesamtdarstellung der Studie bleibt er unberücksichtigt. Kein Wunder, dass die ökonomische Wirkung des Tourismus so trügerisch positiv zu sein scheint.
Die Tourismuswirtschaft ist alles andere als entwicklungspolitisch förderungswürdig. Entwicklungswirksame Nachhaltigkeitsimpulse im Sinne der Agenda 2030 können nur durch grundlegende Veränderungen der umwelt- und sozialpolitischen Rahmenbedingungen erreicht werden. Die notwendige und mit der Agenda 2030 angestoßene sozial-ökologische Transformation schließt den Tourismus ausdrücklich ein und fordert neues Denken.
Wie die Tourismuswende gestaltet werden kann, zeigt unsere gleichnamige Publikation, die wir zur Internationalen Tourismusbörse (ITB) vorstellen. Wir diskutieren sie auch im Rahmen unseres hochrangig und international besetzten Podiums „Agenda 2030 für den Tourismus“ am 9. März um 16:00 Uhr auf der großen Bühne in Halle 4.1. Zu dieser Veranstaltung und zu unserem ITB-Stand Nummer 218 in Halle 4.1 der Messe Berlin laden wir Sie herzlich ein. Wir freuen uns auf viele interessante Gespräche auf der ITB und natürlich auch darüber hinaus.