Digitale Technik prägt den Tourismus bereits seit Jahrzehnten, doch die jüngsten Entwicklungen verändern den Sektor in einer zuvor nicht gekannten Geschwindigkeit. Durch Automatisierung agieren Reisende heute deutlich unabhängiger und übernehmen Tätigkeiten, die früher Fachpersonal vorbehalten waren. Diese Verlagerung in unbezahlte Arbeit trifft auf touristische Arbeitsmärkte, die im Globalen Süden ohnehin häufig von Prekarität und informellen Strukturen gekennzeichnet sind.
Parallel entstehen digitale Ökosysteme, die maßgeblich beeinflussen, wie Destinationen wahrgenommen, wie Reiseentscheidungen getroffen und wie Wertschöpfung verteilt wird. Algorithmen strukturieren Sichtbarkeit, immersive Technologien schaffen neue Angebote, und Social-Media-Dynamiken können ganze Regionen binnen kürzester Zeit touristisch überlasten. Generative KI erleichtert zwar den Zugang zu Informationen, reproduziert jedoch häufig stereotype Darstellungen oder verbreitet verzerrte und falsche Inhalte – besonders dort, wo lokale Stimmen digital unterrepräsentiert sind. Die zunehmende Anonymität digitaler Räume schafft zudem neue Möglichkeiten der Anbahnung sexualisierter Ausbeutung von Kindern. Gleichzeitig wächst der ökologische Fußabdruck des digitalen Wandels, insbesondere durch energieintensive Server- und Rechenzentren.
Diese Technologien bieten jedoch auch Chancen: Sie können lokale Anbieter*innen sichtbarer machen, digitale Barrierefreiheit fördern, Bildungsangebote schaffen und eine nachhaltigere Reiseplanung unterstützen. Letztlich bleibt der Tourismus eine menschenzentrierte Dienstleistungsbranche. Begegnungen, kulturelles Verständnis und lokales Wissen lassen sich nicht vollständig digitalisieren. Der Faktor Mensch – mit Professionalität, Kontextwissen und persönlichen Perspektiven – ist entscheidend für eine faire Tourismusentwicklung sowie zufriedenstellende Reiseerfahrungen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie technologische Innovationen im Tourismus so gestaltet werden können, dass sie nicht zu neuen Formen der Ausbeutung oder Ungleichheit führen, sondern soziale Verantwortung, Menschenrechte und eine nachhaltige Entwicklung stärken. Die vorliegende Analyse greift diese Frage auf und arbeitet zentrale Trends, Risiken und Potenziale des digitalen Wandels im Tourismus heraus.
