Wäre Corona keine grenzüberschreitende, sich unsichtbar verbreitende Gesundheitsgefahr, sondern eine extrem langanhaltende Regenphase, würde der Ferntourismus boomen und die Gartenmärkte würden leiden. Das Gegenteil ist der Fall – aber das Gedankenspiel macht deutlich, dass die Betroffenheit von Branchen und Wirtschaftssektoren eher zufällig ist.
Stellen wir die Menschen und nicht die Wirtschaftssektoren in den Mittelpunkt, dann zeigt sich aber, dass das Virus nicht alle Arbeitenden gleichermaßen trifft und dass es erst recht kein Zufall ist, welche Menschen besonders häufig erkranken: es gibt eine Pyramide der Betroffenheit – wenige ganz oben, die eher gut bezahlt und sicher ins Home Office wechseln konnten und viele, die oft schlecht bezahlt sind und kaum Möglichkeiten haben, Distanz zu Kund*innen, Kolleg*innen und Patient*innen zu halten.
Auch im Tourismus gilt: Je weiter runter es in der Hierarchie der Arbeit geht, umso gefährlicher und existenzbedrohender wird es. Die Arbeitskette des Tourismus ist lang und hat alles zu bieten: Von hochbezahlten Managern und Unternehmensgründerinnen, über die Millionen von Menschen, die oft unsichtbar als Angestellte von Leiharbeitsfirmen Hotelzimmer reinigen, bis zu den ungezählten Menschen im informellen Sektor, die jeden Tag versuchen – ob als Rikschafahrer*innen oder Strandverkäufer*innen - ihre Chance zu nutzen, ein paar Cent oder Dollar im Tourismus zu verdienen.
Dieser Tourism Watch ist all denen gewidmet, die im Tourismus arbeiten – und sich im Moment existenziell fragen, wie es weitergehen kann. Wir schauen zu den oft immer noch festsitzenden philippinischen Seeleuten und auf die Situation anderer internationaler Arbeitsmigrant*innen, die ihre Jobs verlieren und zu oft ohne Zugang zu Sozialsystemen in der Fremde stranden. Wir erfahren etwas über den Hunger und die Verzweiflung von Millionen Inder*innen im informellen Sektor und lernen Frauen aus Kolumbien, Thailand und Südafrika kennen, die trotz aller Widrigkeiten im Tourismus weitermachen wollen. Und wir schauen auf den Safaritourismus in Afrika: Hier ist der Erhalt von Arbeitsplätzen und die Lohnfortzahlung nicht nur existenziell für die betroffenen Menschen und ihre Familien, sondern auch die Basis für den Schutz von Wildtieren und damit langfristig für das Geschäftsmodell – damit es auch nach Corona noch Safaritourismus geben kann.