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Mit vollem Einsatz zur Klimaneutralität

Wissenschaftsbasierte Reduktionsziele für die Reisebranche


Strategien für eine Just Transition im Tourismus

Ein Dorf in den Bergen von Nepal

 

Immer mehr Reiseveranstalter legen Wert auf Nachhaltigkeit. Angefangen bei regionalen Produkten am Frühstücksbuffet bis hin zum Preisnachlass für Gäste, die mit der Bahn anreisen, gibt es mittlerweile eine schier unendliche Vielfalt an Ideen für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen. Doch das Engagement der Anbieter reicht oft nicht aus, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern. Die Science Based Targets Initiative (SBTi) zeigt Unternehmen, darunter auch Reiseveranstaltern, wie viel und wie schnell sie ihre Treibhausgasemissionen reduzieren müssen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Leitfaden zur Bewältigung neuer Herausforderungen: Wissenschaftlich fundierte Ziele

Der Name ist Programm: Science-based Targets, also wissenschaftlich gestützte Ziele, bieten Unternehmen einen klar definierten Weg, um im Einklang mit aktuellen Erkenntnissen der Klimawissenschaft ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Denn nur so können die Ziele des Pariser Abkommens erreicht werden: Die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C, die Vermeidung der schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels und letztendlich auch Unternehmertum mit Zukunft. Seit der Gründung von SBTi im Jahr 2015 haben sich bereits mehr als 1.730 Firmen diesen Zielen angeschlossen, darunter auch Unternehmen aus der Reisebranche. Und sie haben bewiesen, dass die ehrgeizigen Ziele nicht nur erreichbar, sondern auch gut fürs Geschäft sind. Bis 2020 haben die Unternehmen, deren Ziele von der Initiative validiert wurden, ihre Emissionen um 25 Prozent gesenkt – während weltweit die Emissionen von Industrie und Energie um 3,4 Prozent gestiegen sind.

Ein MUSS für die Reisebranche

Schon heute ist das Reisen für 22 Prozent der CO2-Emissionen aus dem gesamten Verkehrssektor verantwortlich. Und die Zahl internationaler und inländischer Ankünfte soll weiter steigen - von 20 auf 37 Milliarden, maßgeblich befeuert durch Inlandstourismus. Dabei werden die von der Tourismusbranche verursachten Treibhausgasemissionen bis 2030 voraussichtlich um mindestens 25 Prozent steigen, so die jüngste Studie der Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen und des Weltverkehrsforums aus dem Jahr 2019. Daher ist es für den Tourismussektor unverzichtbar, sich in enger Zusammenarbeit mit dem Verkehrssektor zu einer emissionsfreien Branche weiterzuentwickeln.


Nicht nur der Klimanotstand, sondern auch der zunehmende Druck von Regierungen, Investorinnen und Investoren sowie Verbraucher und Verbraucherinnen zwingt insbesondere die Luftfahrt zum Handeln. Aus diesem Grund hat die SBT Initiative vor kurzem einen Leitfaden veröffentlicht, der speziell Unternehmen aus dem Flugsektor ermutigen soll, sich wissenschaftlich überprüfte Ziele zu setzen und so Kundinnen und Kunden, die immer bewusstere Kaufentscheidungen treffen, mit ihrem Engagement für den Klimaschutz zu überzeugen.

Aktiv werden: Intrepid Travel 

Das Unternehmen Intrepid Travel organisiert internationale Abenteuerreisen und ist mit seiner B-Corp Auszeichnung das größte Reiseunternehmen weltweit, das das Zertifikat für ethische Unternehmen erhalten hat. Damit steht Intrepid Travel in einer Reihe mit Unternehmen, die mit ihrem Geschäftsmodell der Welt etwas zurückgeben wollen - ihren Lieferantinnen und Lieferanten, Kundinnen und Kunden, aber auch der Umwelt. Zina Bencheikh ist Geschäftsführerin von Intrepid Travel für die Region Europa, Nordafrika und Asien: "Unsere Strategie war es, unsere Emissionen zu messen, sie zu reduzieren und dann den Rest zu kompensieren. Aber wir haben erkannt, dass es nicht ausreicht, allein durch Kompensation klimaneutral zu werden. Die Wissenschaft war da ziemlich eindeutig. Deshalb haben wir beschlossen, im Januar 2020 zusammen mit der Initiative Tourism Declares den Klimanotstand auszurufen."

Hierfür hat sich das Unternehmen zu sieben Klimaschutzmaßnahmen verpflichtet, darunter auch, sich bis 2035 vollständig zu dekarbonisieren und seine Reduktionsziele an den wissenschaftlichen Erkenntnissen messen zu lassen. Ein Meilenstein, wie Bencheikh sagt: "Diese wissenschaftsbasierten Ziele unterscheiden sich stark von unseren bisherigen Verpflichtungen, da sie keine Kompensationen beinhalten. Wir verpflichten uns, Emissionen zu reduzieren, die wir ganz direkt kontrollieren können. Zum Beispiel reduzieren wir die Emissionen durch die Vermeidung von Flügen. Wir ersetzen Geschäftsreisen durch virtuelle Meetings. Außerdem werden unsere Büros in den verschiedenen Teilen der Welt zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorgt. Aber auch die Emissionen entlang unserer Lieferkette gehören dazu."

Um unter der 1,5 Grad-Marke zu bleiben, will Intrepid Travel seine direkten Emissionen bis 2035 um 71 Prozent und die indirekten Emissionen um 56 Prozent reduzieren. Das bedeutet, dass auch die Büros in den Reisegebieten selbst sowie lokale Zulieferer Anforderungen erfüllen müssen, die mit den ehrgeizigen Zielen des Unternehmens übereinstimmen. "Es ist schon eine Herausforderung, die gesamte Lieferkette mit ins Boot zu holen. Vor allem erfordert es viel Bewusstseinsbildung und Dialoge. In vielen Destinationen herrscht kaum Verständnis für das Ausmaß der Klimaproblematik, und wir sind dafür verantwortlich, unsere Zulieferer zu schulen, aufzuklären und dabei zu unterstützen, ihre Betriebsabläufe zugunsten des Klimas zu verbessern. Wenn wir jedoch neue Lieferanten unter Vertrag nehmen, stellen wir sicher, dass sie bereits sehr engagiert sind und auf ähnliche Ziele hinarbeiten."

Null Emissionen für eine widerstandsfähige Zukunft

Die Wissenschaft ist sich einig: Der Tourismus muss sich von einer heute noch kohlenstoffintensiven Branche zu einer emissionsfreien Wirtschaft transformieren, um eine nachhaltige und widerstandsfähige Zukunft aufzubauen. Mutige Unternehmensführung und fortschrittliche Politik müssen dabei Hand in Hand gehen, um den Klimaschutz auf die nächste Stufe zu heben. Das Bekenntnis zu den wissenschaftsbasierten Zielen ist dabei ein glaubwürdiges Signal der Industrie, dass diese willens und in der Lage ist, das Klima ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen.

Dieser Artikel wurde von der "Science Based Targets" Initiative verfasst und von Lea Thin redaktionell bearbeitet. Die Initiative ist eine Partnerschaft zwischen dem CDP, dem United Nations Global Compact, dem World Resources Institute und dem World Wide Fund for Nature.