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Safari nach Hause holen

Die Rückeroberung afrikanischer Landschaften



Von Lea Thin, freie Autorin

Die koloniale Geschichte des Safaritourismus ist eng mit der allgemeinen Geschichte des europäischen Kolonialismus in Afrika verwoben. Europäische Missionare und Jäger gehörten zu den ersten, die Afrikas vielfältige Tierwelt und Landschaften dokumentierten und Afrika als einen Kontinent der Abenteuer romantisierten.

Koloniales Erbe der Safari: Von der Großwildjagd zum modernen Naturschutz

Die Wurzeln der Safari-Industrie legen ihr koloniales Erbe offen. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert reisten europäische Aristokraten und Wohlhabende zur Großwildjagd nach Afrika südlich der Sahara, um dort auf Safaris ihre Tapferkeit und ihr jagdliches Können zu demonstrieren. Zu dieser Zeit etablierte sich für diese Jagdexpeditionen der Begriff "Safari", der sich aus dem Swahili-Wort für Reise ableitet. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden kommerziell organisierte Safaris angeboten. Durchgeführt wurden sie in der Regel von europäischen Guides und Unternehmern, die sich in Afrika niedergelassen hatten. Teile des Kontinents bauten hierfür schnell die benötigte Infrastruktur auf, damit Reisende entlegene Gebiete für Tourismus und Jagd besuchen können, etwa die Uganda-Eisenbahn.

Doch die Jagdexpeditionen hatten erhebliche Auswirkungen auf die Wildtiere und lokalen Gemeinschaften. Die Überjagung führte zu einem Rückgang der Wildtierpopulationen. In der Folge erließen die Kolonialregierungen Wildtiergesetze und richteten Nationalparks und Reservate ein. Von diesen Maßnahmen profitierten jedoch in der Regel nur wohlhabende Jäger, nicht jedoch die lokale Bevölkerung. Im Gegenteil, indigene Gemeinschaften wurden von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen, aus ihren Lebensräumen verdrängt und verloren den Zugang zu lebenswichtigen Ressourcen. Der Zustrom europäischer Tourist:innen störte auch traditionelle Lebensweisen und entwertete das indigene Wissen über die Tierwelt sowie die Umwelt.

Nach der Entkolonialisierung Mitte des 20. Jahrhunderts kam es zu einem Paradigmenwechsel in der Safari-Industrie, der durch eine veränderte Einstellung zum Naturschutz und globale Umweltbewegungen vorangetrieben wurde. Statt Jagd wurden nun hauptsächlich Fotosafaris durchgeführt. Moderne Safariveranstalter und Regierungen legten entsprechend mehr Wert auf strengere Natur- und Artenschutzmaßnahmen, um negative Auswirkungen auf die Tierwelt zu mindern.

Eine entkolonialisierte Safari-Industrie? 

Heute sind Safaris ein Mix aus Abenteuer und Naturschutz. Anbieter wollen ein Gleichgewicht zwischen Tourismus, Wildtierschutz und den Rechten indigener Völker herstellen. Doch auch der moderne Safaritourismus stellt afrikanische Landschaften und ihre Bewohner:innen oft noch als exotisch und primitiv dar und reproduziert damit koloniale Stereotypen. Lokale Traditionen werden zu Unterhaltungszwecken inszeniert, wodurch kulturelle Praktiken auf performative Darstellungen reduziert werden. Vor allem indigene Gemeinschaften wie die Maasai und San werden romantisiert und oft so dargestellt, dass sie den westlichen Idealen der "edlen Wilden" entsprechen, während ihre modernen Herausforderungen übersehen werden. Diese Vermarktungsstrategie lässt lokalen Perspektiven keinen Raum und verstärkt die koloniale Dynamik, indem sie die afrikanischen Ressourcen und Kulturen in erster Linie zum Vergnügen des Auslands präsentiert. Darüber hinaus richten viele Safariveranstalter ihr Angebot ausschließlich an westliche Tourist:innen. Wie schon zu Kolonialzeiten, bewerben sie ihre Touren mit Luxus und Exklusivität, was die wirtschaftliches Machtgefälle zwischen wohlhabenden Besucher:innen und den lokalen Gemeinschaften erzeugt.

Safari von Locals: African Bush Camps

Um das Safarigeschäft zu entkolonialisieren, müssen lokalen Gemeinschaften, Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und der Privatsektor zusammenarbeiten. Sie müssen dafür sorgen, dass Naturschutzpraktiken inklusiv sind, indigene Kulturen authentisch dargestellt und Einnahmen durch Safaris gerecht verteilt werden.

Es gibt eine Reihe von lokalen Unternehmen, die solche neuen Formen der Zusammenarbeit etabliert haben. African Bush Camps, gegründet von dem Simbabwer Beks Ndlovu, fordert die konventionelle Branche heraus, indem er den Schwerpunkt seiner Safaris auf gemeindebasierten Naturschutz und soziale Verantwortung legt. Das Engagement und die Stärkung der Gemeinschaft stehen ganz oben auf der Agenda des Unternehmens. Beks, der selbst aus einer simbabwischen Gemeinde stammt, betont, wie wichtig die Einbindung der lokalen Bevölkerung ist: "Indem man Safari-Areale von Einheimischen betreiben lässt, schafft man nicht nur Arbeitsplätze und unterstützt die lokalen Gemeinschaften wirtschaftlich. Man schafft auch ein Bewusstsein dafür, wie die Tourismusindustrie zur Erhaltung ihrer Heimat beiträgt und ermutigt so die Einheimischen, beim Schutz von Wildtieren und Landschaften mitzuhelfen." African Bush Camps investiert in verschiedene Gemeindeprojekte, die die Bildung, die Gesundheitsversorgung und die allgemeine Lebensqualität der Einheimischen verbessern. Darüber hinaus fördert das Unternehmen Frauen und Jugendliche, damit sie in der Tourismusbranche Fuß fassen können. Dieser Ansatz kommt nicht nur den Gemeinden zugute, sondern unterstützt auch die Schaffung nachhaltiger Lebensgrundlagen, die von der Erhaltung der natürlichen Umwelt abhängen. Das Wissen und der starke Einbezug lokaler Strukturen schafft eine Win-Win-Situation für Gemeinden und Tourist:innen. "Teil des Ethos von African Bush Camps ist es, den Gemeinden, die unsere Camps mitbetreiben, etwas zurückzugeben. Wir treffen uns beispielsweise regelmäßig mit den Ältesten der Gemeinschaften, um zu erfahren, was die umliegenden Gemeinden gerade benötigen. Außerdem ermöglicht dieser Ansatz unseren Gästen eine außergewöhnliche Reise, da die einheimischen Mitarbeiter:innen ihr eigenes Wissen und ihre Geschichten über ihre Heimat mitbringen und so ein wirklich authentisches Afrika-Erlebnis bieten", sagt Beks.

Authentische Safarireise: Noch ein weiter Weg

Der Safaritourismus ist in vielen afrikanischen Ländern nach wie vor ein wichtiger Pfeiler der Wirtschaft. Der Kolonialismus ist jedoch weiterhin tief in moderne Praktiken und Perspektiven verwurzelt. Gemeindebasierter Tourismus und lokale Unternehmer sind neben den großen europäischen und nordamerikanischen Anbietern noch immer eine Seltenheit. Sie gewinnen jedoch zunehmend an Bedeutung und tragen dazu bei, die Safari-Industrie zu einem gerechteren und nachhaltigeren Modell zu bewegen, das die Rechte und Traditionen der lokalen Gemeinschaften respektiert und schätzt und gleichzeitig Afrikas reiche Tierwelt und Landschaften für künftige Generationen bewahrt.