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Fonds für Klimaschäden: Kosten und Nutzen für den Tourismus


Samar, Guiuan, zerstörte Landschaft, Flughafen

Samar, Guiuan, zerstörte Landschaft, Flughafen

Als eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts werden die wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels auf der ganzen Welt zu spüren sein. Aber die Anfälligkeit von Beschäftigung und Einkommen für wetterbedingte Schocks ist in Ländern am stärksten, die in hohem Maße von einem einzigen klimasensiblen Wirtschaftszweig abhängen, wie dies beim Tourismus der Fall ist.

Dass der Klimawandel viele Länder des Globalen Südens stark trifft, zeigt sich durch Wetterextremereignisse wie Dürren, Stürme, Überschwemmungen, aber auch anhand schleichender Klimaveränderungen wie dem Meeresspiegelanstieg, der Gletscherschmelze oder sich ausbreitender Wüsten. Als Verursacher trägt der internationale Tourismus mit seinen Emissionen zu acht bis elf Prozent der globalen Erwärmung bei, insbesondere durch den Flugverkehr. Dieser hat schon jetzt einen Anteil von vier Prozent an der globalen Erwärmung und findet zu 80 Prozent aus touristischen Gründen statt. Gleichzeitig ist der Tourismussektor auch Opfer des Klimawandels. Er ist direkt betroffen, da seine Infrastruktur zerstört wird, aber auch indirekt, weil er auf intakte Natur- und Kulturstätten angewiesen ist.

Klimaschäden gefährden Tourismuseinnahmen
Diese toxische Wechselwirkung zeigt sich auf dem asiatischen Kontinent, der an der vordersten Front des Klimawandels liegt und besonders gefährdet ist. Vietnam, Myanmar, Thailand und die Philippinen gehören zu den zehn Ländern, die in den letzten zwei Jahrzehnten am stärksten vom Klimawandel betroffen waren. Gleichzeitig ist der Tourismus eine der wichtigsten Einkommens- und Beschäftigungsquellen Asiens und trägt in Ländern wie Kambodscha, Thailand und den Philippinen zu mehr als 20 % des BIP bei. Doch der ungebremste Klimawandel schädigt das ökologische und kulturelle Erbe dieser Länder und gefährdet Millionen von Existenzen – auch diejenigen, die vom Tourismus abhängig sind.

Dass der globale Temperaturanstieg und die gefährliche Hitze zunehmend TouristInnen abschrecken können, zeigt sich bereits in der Karibik. Studien belegen, dass die Anfälligkeit für den Klimawandel negativ mit den Einnahmen aus dem internationalen Tourismus in der tropischen Urlaubsregion verbunden ist. So führt ein Anstieg der Anfälligkeit für den Klimawandel um zehn Prozent zu einem Rückgang der Tourismuseinnahmen als Anteil des BIP um zehn Prozent. Gleichzeitig sind die Kosten des Klimawandels enorm: in der Karibik beliefen sich die Kosten für die Schäden des Hurrikans Maria für Dominica im Jahr 2017 auf 260 Prozent des BIP.

Neuer Fonds adressiert Schäden und Verluste
Angesichts klimabedingter Verluste, die auch den Tourismus indirekt betreffen, sollte der Fonds für Klimaschäden – der beim letzten Klimagipfel eingerichtet wurde – auch im Interesse der internationalen Reisebranche liegen. So forderten die Länder des Globalen Südens – allen voran die kleinen Inselstaaten – mehr als 30 Jahre lang finanzielle Unterstützung beim Umgang mit klimabedingten Schäden und Verlusten.

Der historische Durchbruch zur Einrichtung eines neuen multilateralen Fonds zur Unterstützung bei der Bewältigung von Klimaschäden in den Entwicklungsländern gelang auf der UN-Weltklimakonferenz COP27 im November 2022. Ein Jahr später – bei der UN-Weltklimakonferenz in Dubai –  wurde der Fonds für Klimaschäden direkt am Auftakttag eingerichtet und über den Verhandlungszeitraum von zwei Wochen kapitalisiert. Der Klimafonds soll zukünftig sowohl ökonomische als auch nicht-ökonomische Schäden und Verluste adressieren. Die nicht-ökonomischen Schäden, wie der Verlust von Heimat, Kultur, Identität oder auch Menschenleben, sind zwar monetär nicht messbar, aber dennoch von hohem Wert.

Industrieländer zahlen zu wenig für Klimaschutz und Anpassung
Bis zum Ende der COP28 in Dubai konnte der Fonds auf 770,6 Millionen USD aufgestockt werden. Doch das ist gerade einmal genug, um den Fonds bei der Weltbank einzurichten und arbeitsfähig zu machen, nicht im Ansatz genug um den Bedarfen gerecht zu werden. Zudem sind die Industrieländer keine Verpflichtung eingegangen, in den Fonds einzuzahlen und auch eine Zielgröße wurde nicht festgelegt. Schätzungen zufolge decken die zugesagten Mittel lediglich 0,2 Prozent des jährlichen Bedarfs der Entwicklungsländer ab, doch im Jahr 2022 betrugen die Klimaschäden in den Entwicklungsländern bereits rund 109 Milliarden USD. Diese werden in Zukunft weiter steigen: für 2030 schätzen WissenschaftlerInnen die jährlichen Schäden allein für Entwicklungsländer auf 400-580 Milliarden USD.

Gegenwärtig sind die 106 Entwicklungsländer, die an vorderster Front der Klimaauswirkungen stehen, auch die Hauptfinanziers der klimabedingten Schäden und Verluste in ihren Ländern. Die Industrieländer sind ihrem alten Versprechen, ab 2020 jährlich 100 Mrd. USD an Klimafinanzierung für Klimaschutz und Anpassung bereitzustellen, immer noch nicht nachgekommen. Daher werden zur Finanzierung von Klimaschäden, neben der herkömmlichen Klimafinanzierung, verstärkt innovative Finanzierungsquellen diskutiert, die das Verursacherprinzip anwenden. Sowohl eine Vermögenssteuer, die Besteuerung und Abgaben auf Flug- und Schiffsemissionen als auch eine CO2-Steuer sind in den Fokus der Diskussionen geraten.

Klimafinanzierung durch Co2 Abgaben?
Bei der letzten COP28 in Dubai haben Frankreich und Kenia eine Arbeitsgruppe für internationale Klimasteuern gegründet. Innerhalb von zwei Jahren wollen sie Vorschläge machen, wie internationale CO₂-Steuern zu mehr Einnahmen für die Bekämpfung der Klimakrise führen können. Eine Abgabe auf Flug- und Schiffsemissionen hätte ein enormes Potenzial, Klimafinanzierung bereitzustellen und zu Klimagerechtigkeit beizutragen. Die sogenannte IAPAL – International Air Passenger Adaptation Levy würde eine Abgabe bei Langstreckenflüge auf Economy-Tickets mit 6 USD und auf Business-Tickets mit 62 USD beinhalten. Je nach Ausgestaltung könnte sie 8-10 Mrd. USD pro Jahr generieren.

Polluter-Pays-Prinzip für  Schäden und Verluste
Der Tourismussektor wäre jedoch von einer solchen Abgabe, die weniger als ein Prozent des Ticketpreises ausmacht, nicht negativ betroffen. Eine Maßnahme in diesem niedrigen Preisniveau ohne Emissionsobergrenze hat keine klimafreundliche Lenkungswirkung. Es wird nicht erwartet, dass aufgrund dessen auf Flüge verzichtet wird. Durch die Anwendung des Verursacherprinzips werden aber die notwendigen Finanzmittel zur Bewältigung von klimabedingten Schäden und Verlusten generiert.

Doch um zu mehr Klimagerechtigkeit beizutragen, ist der Tourismus auch dazu aufgefordert, mehr Engagement bei der Prävention von Klimaschäden zu zeigen, indem die eigenen CO2-Emissionen drastisch reduziert werden und sich die Branche auch verstärkt dem Klimawandel anpasst. 

Sabine Minninger ist seit 2012 Referentin für Internationale Klimapolitik bei Brot für die Welt. Gemeinsam mit dem Bündnis Loss and Damage Collaboration setzte sie sich für die Einrichtung des Fonds zur Bewältigung von Klimaschäden ein. Bei der COP 28 in Dubai war Sabine Minninger Teil der Brot für die Welt Delegation. Seit 16 Jahren bringt sie sich gemeinsam mit Partnerorganisationen in die Klimaverhandlungen ein. Von 2003 bis 2012 arbeitete sie zudem als Beraterin für Tourism Watch.

 

Quellen:

Smail, Evelyn (2023): Impact of Climate Change on Tourism, online verfügbar unter: https://www.climateimpactstracker.com/impact-of-climate-change-on-tourism/

UNFCCC (2023): Globale Bestandsaufnahme, COP28, Dubai

Serhan Cevik ; Manuk Ghazanchyan (2020). IMF Working Paper: Perfect Storm: Climate Change and Tourism, online verfügbar unter: https://www.imf.org/en/Publications/WP/Issues/2020/11/13/Perfect-Storm-Climate-Change-and-Tourism-49828

Stamp out Poverty, Actionaid, Brot für die Welt, Heinrich Böll Stiftung Washington D.C., Practical Action (2020): Unpacking finance for Loss and Damage. Lessons from Covid-19 for addressing loss and damage in vulnerable developing countries. Online verfügbar unter: https://us.boell.org/sites/default/files/2021-04/Unpacking%20finance%20paper%201%20%28final%29.pdf

Tourism Panel on Climate Change (2023). Tourism and Climate Change Stocktake 2023. Hrsg. Becken, Susanne; Scott, Daniel, online verfügbar unter: https://tpcc.info/