Von Rebeca Justicia und Rodrigo Ontaneda
Für Maquipucuna in den Anden Ecuadors ist Ökotourismus ein Weg, den wahren Wert der Natur zu erkennen – nicht als etwas, das man ausbeutet, sondern als etwas, von dem man lernt, zu dem man eine Verbindung aufbaut und das man pflegt. Auch ist es ein Weg, für die Menschen vor Ort Einkommen zu schaffen und Besucher*innen sinnstiftende Erlebnisse zu ermöglichen.
Als wir 1988 Maquipucuna gründeten, waren wir von einer einfachen, aber mächtigen Idee geleitet: Natur lässt sich nur schützen, wenn ihr Schutz für die mit der Natur lebenden Menschen einen realen Wert hat. Damals erreichte die Abholzung in der Provinz Pichincha rund um Quito rasch auch den Nebelwald. Diesen Wald zu schützen, wurde für uns ein dringendes Anliegen.
Wir begannen mit der Mobilisierung von Geldern, um die ersten 3.500 Hektar für das Schutzgebiet Maquipucuna zu erwerben. Schritt für Schritt sollte es auf die 5.600 Hektar geschützten Nebelwald anwachsen, die es heute umfasst. Es war das erste derartige Projekt in Ecuador.
Damals bestand eine der größten Gefahren in einem Gesetz, dass es erlaubte, sich durch Rodung Land unter den Nagel zu reißen. Unsere Nachbargemeinden holzten den Wald ab, um “produktive Nutzung” nachzuweisen. Uns wurde klar, dass sie Alternativen zu Abholzung brauchten. So entwickelte sich der Ökotourismus zu einer natürlichen Lösung.
Ökotourismus als Instrument des Naturschutzes
Von Anfang an wollten wir eine Symbiose zwischen dem Wohlergehen der Menschen und einer gesunden Umwelt schaffen. Unsere Vision brachte nachhaltige Tourismusinitiativen wie Yunguilla (Gewinner des TO DO Award 2024) und Santa Lucía hervor, die in den ersten Jahren von Maquipucuna unterstützt wurden. Diese Gemeinden haben ihre Lebensgrundlagen verbessert, indem sie von nicht nachhaltiger Viehzucht und Brandrodung auf ökotouristische und andere naturverträgliche Kleinstunternehmen umstellten.
Unser Schutzgebiet zeichnet sich durch eine große Fläche Primärwald und Teile aus, die aus Weidegebieten in gut gedeihenden Sekundärwald umgewandelt wurden. Unsere aus lokalen Materialien gebaute Ökolodge und unsere Biogärten dienen auch als Lernorte für Wissenschaftler*innen, Student*innen und Naturliebhaber*innen. Unsere Gäste kommen, um Vögel zu beobachten, die Landschaft zu genießen, zu lernen und das Gefühl zu erleben, Teil einer Naturschutzbewegung zu sein. Und auch wir haben von ihnen gelernt.
Wissen hilft Natur zu schützen
Die Möglichkeit, seltene Arten wie den Brillenbär zu beobachten, hat Maquipucuna zu einem hervorragenden Ort für Feldstudien gemacht. Wir haben auch mehrere Erhebungen der Flora und Fauna durchgeführt, die Ernährungsgewohnheiten der Tiere und die Zusammensetzung des Bodens untersucht und verschiedene ökologische Anbaumethoden ausgelotet.
Das Wichtigste daran ist, dass dieses Wissen dem Naturschutz zugutekam. Ehemalige Jäger leiten jetzt naturkundliche Führungen. Menschen, die früher Bäume fällten, pflanzen sie jetzt. Und diejenigen, die den Wald einst als Hindernis sahen, sind heute stolz auf ihn und sehen die sich durch ihn bietenden Möglichkeiten.
Erfolgreiche Lobbyarbeit
Unsere politische Lobbyarbeit trug entscheidend dazu bei, dass das ecuadorianische Umweltministerium und Birdlife International 2005 drei Schutzwälder mit einer Gesamtfläche von 40.000 Hektar als wichtige Vogelschutzgebiete (Important Bird Areas – IBA) ausgewiesen haben und dass der Stadtbezirk Quito 2013 den Brillenbärenkorridor eingerichtet hat.
2018 wurde Maquipucuna Gründungsmitglied des von der UNESCO ausgewiesenen Biosphärenreservats Chocó Andino. Zu unseren aktuellsten Projekten gehören ein Interpretationszentrum für den Lebensraum der Brillenbären und der Vorschlag der Gründung einer ecuadorianischen Zweigstelle der Internationalen Organisation für Tropenstudien (OTS).
Ein Hotspot der Artenvielfalt
Der andine Brillenbär hat in Maquipucuna Zuflucht gefunden. Dutzende von Bären kommen jedes Jahr zwischen August und Oktober hierher, um wilde Avocados zu fressen. Dies ist einer der wenigen Orte, an denen die Andenbären zusammenkommen, was ein in Südamerika einzigartiges Naturerlebnis darstellt.
Zudem beherbergt Maquipucuna Tausende weitere Arten: über 60 Säugetiere (darunter Pumas, Wickelbären und Ameisenbären), Schmetterlinge, Orchideen, über 400 Vogelarten (darunter Kolibris und Tukane), endemische Amphibien wie den Frosch Hyloxalus maquipucuna und die Menschen, die von diesem lebendigen Wald abhängen.
Um diese einzigartige Vielfalt zu schützen, ist unsere Vision heute noch größer und dringlicher. Weniger als zwei Prozent des ecuadorianischen Chocó sind noch intakt. Die fortschreitende Abholzung, der Bergbau und die zunehmende Verstädterung beschleunigen den verheerenden Verlust an natürlichem Lebensraum.
Schutz des Bärenkorridors
Kürzlich haben wir eine globale Kampagne zum langfristigen Erhalt des Brillenbärenkorridors gestartet, indem wir Flächen zum Schutz der wichtigsten Wanderrouten der Bären ankaufen. Wir werden fünf Jahre brauchen, um 24 strategisch gut gelegene Parzellen zu sichern und 4.000 an das Schutzgebiet angrenzende Hektar langfristig zu schützen. Als erstes müssen wir dringend 390.000 US-Dollar mobilisieren, um ein 89 Hektar großes Gelände zu sichern, das an den wichtigsten Ort angrenzt, an dem die Bären zusammenkommen. Dieses Land ist ein entscheidender Teil des Korridors, der Maquipucuna mit dem Cotacachi-Cayapas-Nationalpark im Norden verbindet.
Der Kauf ist dringend, denn für dieses Land gibt es bereits zwei Konkurrenzangebote. Die anderen Kaufinteressenten sind bereit, den Kauf abzuschließen. Einer ist eine einheimische Kette an Einrichtungen für Erwachsenenunterhaltung, die den ökotouristischen Charakter der Gegend aufs Spiel setzen würde. Der andere ist ein Landwirtschaftsbetrieb, der in großen Mengen Chemikalien einsetzt, die eine unmittelbare Gefahr für den Fluss Umachaca und den nahegelegenen Lebensraum darstellen würden.
Langfristiger Naturschutz
Um Ökotourismus, lokale Entwicklung und klimasmarten Naturschutz mit breiterer Unterstützung zu fördern, haben wir begonnen, innovative Instrumente wie Biodiversitäts- und Emissionsgutschriften einzusetzen. Mit Bären-Tokens können Menschen auf der ganzen Welt direkt in den Naturschutz investieren.
Alle unsere Besucher*innen, Spender*innen, Programme und Partnerschaften tragen zum langfristigen Schutz biologischer Vielfalt bei. Wir müssen zusammenarbeiten, mit einer gemeinsamen Vision für die Zukunft. Noch lebt der Wald, noch kommen die Bären jedes Jahr wieder. Und noch haben wir Zeit, es richtig zu machen.
Dr. Rebeca Justicia ist Präsidentin und Leiterin Wissenschaft der Stiftung Maquipucuna, Rodrigo Ontaneda ist für das Schutzgebiet und dessen Resilienz zuständig. Die Stiftung Maquipucunaist Preisträgerin des TO DO Awards 2018.