"Solidaritätstourismus“ hat zurzeit Hochkonjunktur: Nach dem feigen Attentat auf das Museum Bardo in Tunis im März scheint es en vogue zu sein, Solidarität durch Tourismus zu zeigen. „Jetzt erst recht!“ oder „Buchen hilft!“ lauten einige der ungezählten Aufrufe in sozialen Netzwerken. Am Beispiel Tunesien zeigt sich aber auch, dass Solidarität auf der einen Seite und unsicherheitsbedingte Billigangebote auf der anderen Seite Hand in Hand gehen. Solidarität zeigt sich nicht nur durch den Urlaub selbst, sondern vor allem in der Art des Reisens. In Tunesien bedeutet das, statt Bettenburgen lieber kleine Pensionen und Sehenswürdigkeiten jenseits der Sandstrände und Oasenstädte zu wählen. Setzt sich in Zeiten der Unsicherheit wieder der „alte“, zentralistische Ressort-Tourismus durch, von dem sich auch die tunesische Tourismuspolitik seit einigen Jahren emanzipieren möchte, ist für die meisten Menschen in Tunesien nicht viel gewonnen.
Und in Nepal? Einen Monat nach dem ersten dramatischen Erdbeben im April halten Nachbeben die Bevölkerung weiter in Alarmbereitschaft und zehren seit Wochen an den Kräften und Nerven der Menschen, die bereits so viel verloren haben. Reisende und Reiseveranstalter fragen sich, wann der Zeitpunkt ist, das Land wieder zu bereisen. Zwar ist der Wunsch verständlich, den Tourismus schnell wieder anzukurbeln. Doch wo es vor Ort nicht genug Wasser und Nahrungsmittel gibt, verstärkt eine steigende touristische Nachfrage die Not. Wenn der Tourismus schließlich wieder neu aufgebaut wird, so muss dies partizipativ geschehen. Es müssen Strukturen geschaffen werden, bei denen die Menschen im Mittelpunkt stehen und über den Tourismus selbst entscheiden können, damit die Entwicklung nicht den kurzfristigen Interessen der Tourismuseliten überlassen wird.
Tunesien und Nepal, ebenso wie der Absturz der Germanwings-Maschine Ende März, der 150 Menschen aus der Mitte ihres Lebens und ihren Familien gerissen hat, sind dramatische Momentaufnahmen, die es verdienen, weiterhin im Herzen und in den Gedanken der Menschen zu bleiben.
Wir müssen aber auch die schleichenden Katastrophen im Blick behalten – vor allem die, die sich mit politischem Willen und Engagement noch mindern ließen. Dazu gehört der Klimawandel. Experten vermuten, dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit Millionen Jahren nicht so hoch war wie im März dieses Jahres. Der Tourismus trägt insbesondere durch den Flugverkehr mit etwa einem Zehntel zu den globalen Emissionen bei – Tendenz steigend. Dringend nötig ist ein Gegensteuern durch den konsequenten Verzicht auf Kurz- und Mittelstreckenflüge und einen intelligenten, klimaschonenden Verkehrsmix. Doch billige Flugpreise und die staatliche Subventionierung des klimaschädlichsten Verkehrsträgers setzen die falschen Signale. Sollten Sie Ihren Sommerurlaub noch planen, finden Sie zumindest innerhalb Europas viele Alternativen zur Flugreise.
Die Anzahl der Reisenden, die ihre Flug- und Transportemissionen vollständig durch die Förderung von Klimaschutzprojekten kompensieren, bewegt sich in Deutschland weiterhin im Promillebereich. Nur sehr wenige Reiseveranstalter weisen an zentraler Stelle auf die Möglichkeit zur Kompensation hin. Vielen wären attraktive, leicht verständliche Kompensationsprojekte am liebsten. Der Wald, seit jeher Sehnsuchtsort nicht nur im Urlaub, gerät ins Blickfeld und seine Potenziale zur CO2-Bindung sollen genutzt werden. Bäume pflanzen für den Klimaschutz scheint naheliegend. Doch damit die Kompensation nicht zum Kuhhandel wird, ist es nötig, dass in den Projekten dauerhaft und verlässlich CO2 eingespart wird. Wir schauen deshalb genauer hin und erläutern, warum Aufforstungsprojekte nicht zum Emissionshandel taugen und wie Kompensationsprojekte dennoch zum Waldschutz beitragen. Ihre Flug- oder Schiffsreise lässt sich übrigens auch nach der Buchung noch bei einem seriösen Kompensationsanbieter wie Atmosfair oder der kirchlichen Klimakollekte kompensieren. Probieren Sie es aus.