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Indien: Klimaanlagen als Klimakiller

Alternativen für energiesparende Kühlung im Tourismus


Klimaanlagen

Klimaanlagen zählen zu den typischen „falschen Lösungen“ bei der Anpassung an den Klimawandel, denn sie verursachen erhebliche Treibhausgasemissionen und verbrauchen viel Energie. Bei extremen Hitzewellen, wie in diesem Jahr in Indien, kann es zu Überlastungen des Stromsystems kommen. Angesichts der rasant wachsenden globalen Nachfrage nach Raumkühlung bieten Lösungen zur passiven Kühlung bessere Alternativen – gerade auch im Tourismus.

Wenn in einer Hitzewelle Klimaanlagen und Ventilatoren auf Hochtouren laufen, kann dies weitreichende Folgen für die Energieinfrastruktur und Versorgungssicherheit mit sich bringen. Angesichts von Rekord-Temperaturen erlebte Indien in diesem Jahr Überlastungen in der Energieversorgung und Stromausfälle. Denn Klimaanlagen verbrauchen enorm viel Strom. Den gewinnt Indien zu 70 Prozent aus Kohle und kam in der Hitzewelle mit dem Nachschub teilweise nicht mehr nach.

Zwar erscheinen Klimaanlagen als relativ einfach zu realisierende Anpassungsmaßnahme an den Klimawandel, doch bei Energieknappheit sind sie keine gute Lösung. Zudem heizen sie bei dem Versuch, den Auswirkungen des Klimawandels etwas entgegenzusetzen, die Erderwärmung weiter an.

Gerade die Kohle-Verstromung befeuert den Klimawandel in besonderem Maße. Neben dem Stromverbrauch sind auch die in Klimaanlagen noch weit verbreitet eingesetzten halogenierten Kältemittel hochgradig problematisch. Solche fluorierten Treibhausgase haben eine mehrere hundert- bis mehrere tausendfache Klimawirkung als CO2.

Tourismus als schlechtes Vorbild

In den USA, Japan, Südkorea und China gehören Klimaanlagen auch in Haushalten oft zum Inventar. In vielen anderen Ländern ist die Hotellerie einer der Vorreiter bei der Verbreitung dieser problematischen Technologie, sind doch angenehme Raumtemperaturen ein entscheidender Faktor für die Kundenzufriedenheit.

In Ländern wie Indien, wo bislang erst ca. acht Prozent der Haushalte Klimaanlagen haben, sind diese in der Hotellerie schon lange üblich und werden nun auch in kleineren Hotels zunehmend Standard. Die Haushalte ziehen nach. Nach Schätzung im India Cooling Action Plan (ICAP) wird die Nachfrage nach Klimaanlagen in indischen Haushalten in den kommenden 15 Jahren um das Elffache steigen.

Effizienzgewinne, aber Rebound-Effekte

Auch die Internationale Energieagentur (IEA) geht von einer enormen Zunahme aus – weltweit um etwa das Dreifache bis 2050. Danach könnte die Zahl der in Gebäuden installierten Klimaanlagen von 1,6 Milliarden auf 5,6 Milliarden anwachsen. Auf den Betrieb von Klimaanlagen und Ventilatoren zur Raumkühlung entfallen bereits rund zehn Prozent des weltweiten Energieverbrauchs. Tendenz rasant steigend, nach Daten der Economist Intelligence Unit insbesondere in Rechenzentren und in der Hotellerie.

Durch die Verwendung hocheffizienter Komponenten und Systeme ließe sich der Energieverbrauch erheblich senken, und damit die CO2-Emissionen. Allerdings besteht bei Effizienzsteigerungen die Gefahr von Rebound-Effekten, die dann auftreten, wenn zwar Effizienzgewinne realisiert werden, es aber dennoch oder sogar deswegen zu einem Mehrverbrauch kommt. Effizienzgewinne werden durch die erhöhte Nachfrage mehr als „aufgefressen“. Umso wichtiger ist es, die heute üblichen Kältemittel HFKW durch halogenfreie, natürliche Kältemittel zu ersetzen und damit direkte Emissionen zu vermeiden.

Passive Gebäudekühlung

Klimaanlagen sind jedoch nicht alternativlos. Neben Verbesserungen der Energieeffizienz konzentriert sich die Forschung zur Gebäudekühlung auf die klimaschonendere passive Kühlung von Gebäuden. Dazu gehört die Verwendung von Baumaterialien mit besseren Isoliereigenschaften, eine verbesserte Dämmung zum Beispiel auch durch Dach- und Fassadenbegrünung, die Verschattung, hitzereflektierende Fenster, die klimaeffiziente Ausrichtung von Gebäuden und eine architektonische Gestaltung, die natürliche Ventilation fördert.

Einige Hotels setzen inzwischen auf eine „mixed mode“-Kombination natürlicher und technischer Kühlung. Letztere wird nur dann eingesetzt, wenn unbedingt nötig. Eine solche Kombination macht anpassungsfähiger und spart Energie und Emissionen. Schon durch einfache Maßnahmen wie die Ausstattung von Gästezimmern mit Rollläden, Rollos, Jalousien oder Vorhängen und die entsprechende Anleitung des Zimmerpersonals ergeben sich große Einsparpotenziale.

Auch Investitionen in smarte Energiemanagement-Systeme können sich lohnen. Solche Systeme arbeiten mit maschinellem Lernen und diversen Datensätzen, z.B. zur Thermodynamik, zum Wetter und zu Verbrauchsmustern.

Lernen aus der Vergangenheit

An steigende Durchschnittstemperaturen ebenso wie an zunehmende Hitzeextreme müssen sich Menschen, Flora und Fauna dauerhaft anpassen. In besonders heißen Regionen der Welt war die traditionelle Architektur und Stadtplanung dem Klima recht gut angepasst. Das Wissen darum kann heute Lösungen auch für andere Regionen bieten, die bislang kaum mit Extremhitze umzugehen hatten, aber in Zukunft nicht davon verschont bleiben werden. Ein Ansatz ist zum Beispiel die traditionelle Lehmbauweise, die sich heute mit moderner Technologie und allen gewünschten Annehmlichkeiten verknüpfen lässt. Klimafreundlich gebaute Unterkünfte in traditionellem Stil bieten nicht nur Komfort für die Gäste, sondern auch ein besonderes Flair.

Klimaschonende Lösungen im Tourismus als Chance

Tourismusdestinationen, Hotellerie und Gastronomie sind in der glücklichen Lage, dass sie mit Investitionen in energiesparende, klimaschonende Kühlung auch einen erheblichen Zusatznutzen in Bezug auf Biodiversität, Stadtbild und Luftreinhaltung realisieren können. So können sie ihre Attraktivität für Einheimische und Gäste nicht nur sichern, sondern noch erheblich steigern. Dabei hilft ein stärkerer Fokus auf Gärten, Parkanlagen und Straßenrandbepflanzungen sowie weniger Flächenversiegelung. Wo Fassadenbegrünung als natürlicher Blickfang mit kreativen Gestaltungsvarianten konzeptionell angelegt wird, entstehen sogar neue Touristenattraktionen.

Unser Tipp für Sie aus dem One Planet Guide:

"Ich drehe nicht die Klimaanlage auf, sondern komme in traditionell gebauten Unterkünften unter."

Weitere praktische Tipps und Anregungen können Sie im One Planet Guide sammeln. Probieren Sie es aus!