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II. Internationale Konferenz zu Nachhaltigem Tourismus in Brasilien: 'Community-based Tourism' als politisch-soziale Bewegung


Fünf Jahre ist es her, dass in Brasilien das 'I. Internationale Seminar zu Nachhaltigem Tourismus' den Anstoß zu einem Paradigmenwechsel gab und zum Aufbau eines neuen Tourismusmodells aufforderte (vgl. TW 31, Juni 2003, Anhang). Lokale Gemein­schaften sollten stärker als bisher selbst Träger touristischer Entwicklungen werden.

Vom 12. bis 15. Mai 2008 hatte nun das 'Instituto Terramar' zum Folgekongress nach Fortaleza eingeladen. Zum 'II. Seminario Internacional de Turismo Sustenável' kamen wiederum über 500 Teilnehmer aus 19 Bundesstaaten Brasiliens und weiteren 13 Ländern Amerikas und Europas. Nichtregierungsorganisationen, soziale Bewegungen, Vertreter und Vertreterinnen aus der nationalen und internationalen Umwelt- und Tourismuspolitik, von kleinen Reiseveranstaltern und aus dörflichen Gemeinschaften präsentierten und diskutierten Erfahrungen und Konzepte.

Als Beitrag zu Demokratie und Schritt zur Wieder-Inwertsetzung von Kultur und Tradition bezeichnete der bolivianische Tourismusminister, José Ricardo Cox Aranibar, den gemeinschaftsbasierten 'turismo comunitario'. Dieses Tourismuskonzept für traditionelle Gemeinden als Einkommensmöglichkeit auszubauen und die Menschen dabei von Anbeginn an Entscheidungen und Planungen der touristischen Entwicklung zu beteiligen, habe daher im Nationalen Tourismusplan Boliviens unter der Regierung von Evo Morales absoluten Vorrang.

Im Plenum, in Workshops und selbst organisierten Austauschrunden ging es dann auch um weit mehr, als 'nur' um touristische Konzepte. Der Begriff des 'Community-based solidarity tourism' wurde geprägt – Tourismus als soziale Bewegung und politi­sches Projekt, als Ökonomie, in der ethnische, kulturelle und biologische Vielfalt zu­sammenfinden, zum Nutzen menschlicher Gemeinschaften und zum Schutz der Natur.

Diesen solidarischen Aufbruch vermittelten insbesondere auch die Vertreter der Tourismusnetzwerke aus Brasilien (Turisol – Rede Brasileira de Turismo Solidarió), Ecuador (FPTCE – Federación Plurinacional de Turismo Comunitario del Ecuador), Bolivien (TUSOCO – Red Boliviana de Turismo Solidario Comunitario) und der neu gegründete regionale Zusammenschluss im Nordosten Brasiliens TUCUM (Rede de Turismo Comunitário do Ceará). Diese Netzwerke wollen eine starke Lobby am Markt sein und verstehen sich gleichzeitig als politisch-soziale Bewegung, um die Interessen des gemeindebasierten Tourismus auch gegenüber der Politik zu vertreten.

'Wir haben festgestellt, dass ein anderes Tourismusmodell nicht nur notwendig ist, sondern auch bereits existiert. Es gibt zahlreiche Erfahrungen, Konzepte, Praktiken und neue Möglichkeiten im Tourismus, welche die Gemeinden durch die kontinuierliche Erfahrung von Partizipation und selbstbestimmter Gestaltung stärken', heißt es unter anderem in der Schlusserklärung von Fortaleza (s. Anhang). Der Veranstalter der Konferenz, das 'Instituto Terramar', ist eine Partnerorganisation des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED).

-hfu-

(3.091 Anschläge,40 Zeilen, Juni 2008)