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Flugverkehr als Mittel der Klimafinanzierung


(Berlin, 28.09.2010) Die Debatten zur Flugticketsteuer der Bundesregierung und der aktuellen Entwicklungen bei den UN Klimaverhandlungen gehen weiter. Vor diesem Hintergrund hatte der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) - Tourism Watch zu einem Informationsaustausch zum Thema „Flugverkehr als Mittel der Klimafinanzierung" eingeladen. Heinz Fuchs, Leiter der Arbeitsstelle Tourism Watch konnte ausgewiesene Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft so wie Organisationen aus dem Bereich Klimaschutz und Entwicklungszusammenarbeit begrüßen Er wies darauf hin, dass die Emissionen von Flug- und Schiffverkehr, die im Rahmen der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) unter „bunker fuel emissions" verhandelt werden, bisher keinerlei internationalen Regulierungen unterliegen. Es mangele offenbar am politischen Willen dazu. Andererseits erweckten gerade jetzt genau diese Emissionen das Interesse der politischen Entscheidungsträger, da sie als mögliche neue Geldquelle einen entscheidenden Beitrag zur Klimafinanzierung leisten könnten.

Aus naturwissenschaftlichen, wirtschaftlichen und entwicklungspolitischen Perspektiven, wurden Potenziale und kritische Punkte unterschiedlicher Ansätze diskutiert. Die Veranstaltung fand am 28. September 2010 in der Saarländischen Landesvertretung in Berlin statt.

Im Eröffnungsvortrag gab Dr. Manfred Treber, Diplom-Physiker und promovierter Wirtschaftswissenschaftler, seit 1995 Referent für Klima/Verkehr bei der Nord-Süd Initiative Germanwatch e.V. einen Überblick über die "bunker fuel emissions" kurz „bunkers", über Klimaeffekte und die Debatten im UNFCCC - Prozess. Die Erwärmungswirkung des Flugverkehrs mit allen klimaschädlichen Treibhausgasen sei vor allem aufgrund des Wasserdampfes weitaus höher, als die Klimawirksamkeit des CO2 alleine betrachtet. Treber bezeichnet die 1997 im Kyoto-Protokoll gefundenen Regelungen für die Flugverkehrsbranche in Nachhinein als ein Begräbnis dritter Klasse, denn seit dem Kyoto-Protokoll habe sich nämlich nichts getan. Die beauftragten Sonderorganisationen IMO (International Maritime Organisation) und ICAO (International Civil Aviation Organization) haben zwar Arbeitskreise gegründet, aber keinerlei Maßnahmen umgesetzt, die das Wachstum der Flug- und Schiffsverkehrsemissionen stoppen könnten. Es bestehe dringender Handlungsbedarf. Als mögliche Instrumente zur Verminderung der Treibhausgasemissionen des Flugverkehrs gelten die Ticketabgabe, die Treibstoffsteuer/ Emissionsabgabe und der Emissionshandel. Treber reflektiert, dass er sich im UNFCCC-Prozess weitgehend mit der Reduktion dieser Emissionen beschäftigt habe. Erst seit der Klimakonferenz in Polen 2008 kamen die bunkers als Instrument für die Klimafinanzierung ins Gespräch. Diese neue Rolle als Geldquelle könnte den bisher eher lieblos verhandelten bunkers sogar Aufwind für deren Reduzierung geben.

Dr. Susan Krohn vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, die in der deutschen Delegation am UNFCCC-Prozess teilnimmt. gab einen spannenden Einblick in Fragen und Herausforderungen der Klimafinanzierung. Sie erläuterte, warum Flug- und Schiffsverkehr als Beispiel für innovative Finanzierungsinstrumente gerade nach dem Kopenhagen-Gipfel interessant geworden seien. Der dort besprochene Copenhagen Accord sieht vor, dass ab dem Jahr 2020 für die Klimafinanzierung in Entwicklungsländern jährlich 100 Mrd. US Dollar generiert werden sollen. Dazu sollen neue, vorraussehbare und kalkulierbare Finanzierungsquellen angezapft werden. Ein High-Level Panel der Vereinten Nationen analysiert gerade mögliche Finanzierungsquellen und wird seine Empfehlungen bis Ende Oktober 2010 dem UNFCCC vorlegen. Gerade die bunkers könnten in diesem Empfehlungskatalog eine bedeutende Rolle spielen. Würde man die Emissionsrechte vollständig auktionieren, könnten aus den bunkers rund 30-50 Mrd. US Dollar in den Fonds zur Klimafinanzierung fließen.

Dr. Muyeye Chambwera erläuterte die Potenziale der IAPAL (International Air Passenger Adaptation Levy) - einer Flugticketabgabe deren Erlöse in die Anpassungsfinanzierung fließen sollen. Die IAPAL wurde bereits 2008 beim UN-Weltklimagipfel in Polen von den Malediven, im Auftrag der ärmsten Länder der Erde, eingefordert. Bei der IAPAL zahlen individuell die Flugreisenden die Abgabe. Dies lässt sich mit dem Verursacherprinzip begründen. Innerhalb eines Jahres könnte mit einer entsprechenden ausgestalteten Gebühr mindestens 10 Mrd. USD erwirtschaftet werden. Wenn diese sogenannten „frischen" Gelder in den UN-Anpassungsfond fließen, werden sie zur Milderung der Folgen des Klimawandels genutzt und kämen in hohem Maße, den am wenigsten entwickelten und meist gefährdeten Ländern zugute. Zwar hilft eine IAPAL nicht, die internationalen bunker Emissionen zu reduzieren, aber immerhin wäre dies ein Weg, schnell und effizient Gelder zu generieren, die dringend benötigt werden.

Damian Ludewig, Geschäftsführer des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, berichtete von den Erfahrungen mit der Einführung der Luftverkehrssteuer in Deutschland. Als langfristiges Ziel bezeichnete er die Einführung einer Kerosinsteuer und die Streichung der Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge. Als kurzfristiges Ziel sei seiner Meinung nach die Einführung einer Luftverkehrssteuer geeignet, da dies der erste Schritt in die richtige Richtung zum Abbau klimaschädlicher Subventionen sei. Die generierten Mittel sollten jedoch nicht ausschließlich zur Konsolidierung des Bundeshaushalts genutzt, sondern auch für Klima- und Entwicklungsfinanzierung bereitgestellt werden.

Große Hoffnung verbinden alle Beteiligten damit, dass die bunkers bei den Klimaverhandlungen endlich ihren entsprechenden Stellenwert bekommen  - sowohl im Hinblick auf ihr Reduktionspotential als auch als innovative Quelle der Klimafinanzierung. Die Frage der Finanzierung wird von vielen Entwicklungs- und Schwellenländern sehr kritisch gesehen. Sie befürchten, dass die Industrieländer damit Finanzierungsverpflichtungen abwälzen und dass die Verteuerung der Flug- und Schiff-Emissionen ihnen wirtschaftliche Nachteile bringen, für die sie nicht kompensiert werden. Daher sollte die Debatte über die Vor- und Nachteile einer internationalen Flugticketabgabe so wie die Vollauktionierung der Emissionszertifikate, deren Ausgestaltung, Sonderegelungen für Entwicklungsländer und Fragen der Verwendung der Gelder intensiv bei den Klimaverhandlungen weitergeführt werden.

Die ausführliche Dokumentation mit allen Präsentationen finden Sie hier.