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Wenn der Frieden hält

Sri Lanka will Ikone im Asien-Tourismus werden


Der Bürgerkrieg ist vorbei. 26 Jahre bewaffneter Konflikt in Sri Lanka wurden offiziell für beendet erklärt, als der Anführer der tamilischen Separatisten "Liberation Tigers of Tamil Elam" (LTTE), Velupillai Prabhakaran, am 19. Mai 2009 vom srilankischen Militär getötet wurde. Auf der Insel spricht niemand mehr über Terrorismus. Entlang der asphaltierten Straßen des Landes zeigen die riesigen Flex-Plakatwände den zum Kriegshelden gewordenen Präsidenten Sri Lankas, Mahinda Rajapaksha, in verschiedenen Posen. Auf diesen Plakaten geht es um den Wiederaufbau der Nation.

Dieser Wiederaufbau hat viel zu tun mit massiven Programmen zur Förderung der Tourismuswirtschaft des Landes. Sri Lanka kann stolz sein auf seine malerischen Strände, seine üppigen grünen Täler, seine reiche Tierwelt, seinen Tee und seine sieben UNESCO-Welterbestätten. Hier ist die Förderung des Tourismus zum Wiederaufbau der Wirtschaft gerechtfertigt. Das Land hat keine anderen Programme aufzuweisen, mit denen es seine unter enormer polizeilicher Überwachung stehende Bevölkerung unterstützen könnte.

Wiederaufbau durch Tourismus

Auf der Tagesordnung der Regierung steht der Tourismus seit 2005, als die tamilische Befreiungsbewegung im Osten und Norden, in der einst "befreiten" Region des Landes, an Boden verlor. In der "Mahinda Chinthana", dem 2005 entwickelten langfristigen Entwicklungsrahmen des Landes, benannt nach dem Präsidenten Mahinda Rajapaksha, ist der Tourismus eines der wichtigsten Elemente für die vom Krieg gebeutelte Wirtschaft. In dem politischen Handlungsrahmen ist der Tourismus der stärkste Sektor, mit dem die sozio-ökonomische Entwicklung des Landes voran­gebracht werden soll. Die Vision bestand darin, Sri Lanka innerhalb der folgenden sechs Jahr zum führenden Reiseziel Südasiens zu machen. Nach der "Mahinda Chinthana" soll Sri Lanka es bis 2016 auf zwei Millionen Touristen pro Jahr bringen und der Tourismus soll nach Textilien und den Geldtransfers aus dem Ausland die drittwichtigste Devisenquelle werden. Dabei geht es um alles, was das Tourismus-Vokabular hergibt: naturnaher Tourismus, Abenteuertourismus, Agro-Tourismus, Kulturtourismus, gemeindebasierter Tourismus, Sporttourismus, Ökotourismus und Wellness-Tourismus.

2009, kurz vor Ende des Krieges, formulierte die Regierung eine nationale Tourismusstrategie für Sri Lanka sowie einen strategischen Plan für 2009-2012. Der strategische Plan beinhaltet Anreize für in- und ausländische Investoren und die Erleichterung rascher Investitionen, um pro Jahr 1,5 Millionen Touristen ins Land zu locken - "wenn der Frieden bis 2016 hält".

Tourismus als Devisenbringer Nr. 1?

Während es im politischen Handlungsrahmen von 2005 noch heißt, der Tourismus solle der drittgrößte Devisenbringer werden, sieht der strategische Plan vor, dass er zur wichtigsten Devisenquelle aufsteigen soll. Nach der Vision von "Sri Lanka Tourism" soll das Land eines der führenden Reiseziele in Asien werden. Dies soll allen Beteiligten in der Tourismuswirtschaft und den Menschen von Sri Lanka zugute kommen. Alle Bürgerinnen und Bürger des Landes, so heißt es in der Vision, müssten dazu ihren Teil beitragen, so klein er auch sei.

Um ihre Vision umzusetzen, hat die Regierung von Sri Lanka eine Menge Geld zur Entwicklung des Tourismussektors bekommen, in Form von Spenden internationaler Geber. Die Japanische Bank für Internationale Zusammenarbeit (JBIC) hat 30 Millionen US-Dollar als Spende bereitgestellt, um den Tourismus in Negombo, Nuwara Ealia, Kandy, Sigiriya und Dambulla zu fördern. 20 Millionen US-Dollar wurden von der Weltbank im Rahmen ihrer Länderunterstützungsstrategie für riesige Tourismus­projekte in Bentota und Kalpitiya zur Verfügung gestellt. Die Regierung hat zudem einen Tourismus-Entwicklungsfonds eingerichtet, um die Tourismusinitiativen unter­schiedlicher Regierungsbehörden zu fördern.

Visit Sri Lanka Year 2011

Die Regierung Sri Lankas hat 2011 zum "Visit Sri Lanka Year" erklärt. Mit einer 20 Millionen US-Dollar teuren, massiven internationalen Werbekampagne sollen ausländische Touristen ins Land gelockt werden. Noch hat der Slogan "Sri Lanka: Kleines Wunder" jedoch die Tourismusmärkte nicht wirklich erreicht. Gründe mögen die Wirtschaftskrise oder noch nicht zurückgenommenen Reisewarnungen im Westen sein. Wenn man jedoch den offiziellen Statistiken Glauben schenkt, zeigt sich bei den Einnahmen aus dem Tourismus ein sehr positiver Trend. Jährlich kommen ca. 500.000 Besucher nach Sri Lanka und der Sektor macht fast drei Prozent der 40-Milliarden-US-Dollar-Volkswirtschaft aus. Mit den vorausgesagten 20 Prozent Wachstum der Touristenankünfte wird davon ausgegangen, dass der Anteil des Einkommens aus dem Tourismus auf acht Prozent steigen wird.

Was den Tourismus in Sri Lanka angeht, sieht auf dem Papier alles perfekt aus. Klar ausformulierte Masterpläne, ambitionierte Programme, ermutigende Statistiken, gute Werbestrategien und das von internationalen Gebern kommende Geld vermitteln den Eindruck, dass es keine Hindernisse gibt, um das Land zur Ikone des Asien-Tourismus zu machen. Alles wurde unter Laborbedingungen entwickelt.

Nicht ohne Wenn und Aber

Doch in der Tourismusvision Sri Lankas gibt es ein "Wenn" - "Wenn der Frieden hält" - mit einer sehr sarkastischen Konsequenz. Der Sarkasmus liegt darin, dass dieses "kleine Wunder" weltweit das einzige Land ist, das nicht von außen bedroht wird und dennoch Millionen US-Dollar für Waffen und Militär ausgibt. Theoretisch hätte das Ende des Krieges zu einer Demilitarisierung des Landes führen sollen - eines der am stärksten militarisierten Länder Südasiens, wenn nicht der ganzen Welt.

Das Ende des ethnischen Konfliktes sollte dem Militär idealerweise seine Aufgabe entzogen haben. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die srilankische Armee will Zehntausende neu rekrutieren und das massive Militär-Budget von 1,6 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr soll noch weiter aufgestockt werden. Das bedeutet, der Frieden im Land hält mit vorgehaltener Schusswaffe. Die Barrikaden und schwer bewaffnete junge Soldaten entlang der Schnellstraßen zeugen davon. Dies bedeutet auch, dass von jedem Dollar, der durch den Tourismus auf die Insel kommt, ein Teil in den Kauf hochentwickelter Waffen aus dem Ausland fließt. Zumindest vorläufig ist Sri Lanka wohl doch nicht das richtige Urlaubsziel.

Vinod Krishnan T.Y. arbeitet beim Centre for Research & Education for Social Transformation (CREST) in Calicut, Kerala, Indien. Er ist Vorstandsmitglied von "KABANI - the other direction", einer südindischen Initiative, die sich mit Tourismusthemen auseinandersetzt.

Übersetzung aus dem Englischen: Christina Kamp

(6.418 Anschläge, 106 Zeilen, März 2010)