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Unterschätzte Gefahren

Klimawandel und Tourismus auf den Lakkadiven


Die Auswirkungen des Klimawandels auf kleine Inseln wie die Lakkadiven im Arabischen Meer stellen sich auf vielfältige Weise dar. Der Weltklimarat sagt bis zum Jahr 2100 einen Anstieg der globalen durchschnittlichen Oberflächentemperatur von 1 bis 3,5 Grad voraus. Die günstigste Schätzung des Meeresspiegelanstiegs im Laufe dieses Jahrhunderts geht von 50 Zentimeter aus, aber er könnte auch bis zu einen Meter ansteigen. Die zu Indien gehörende Inselgruppe der Lakkadiven hat noch nicht erkannt, wie gefährdet sie bei einem Anstieg des Meeresspiegels wirklich ist.

1997-1998 erhöhte sich durch das El Niño-Phänomen die Oberflächentemperatur der tropischen Ozeane um drei Grad. Dies war die augenfälligste Auswirkung auf den Lakkadiven. 82 Prozent aller Korallenriffe in den Lagunen waren von der Korallen­bleiche betroffen, 26 Prozent der Korallen starben dadurch. Die Auswirkungen auf die meeresbiologische Vielfalt und der damit verbundene Verlust an Lebensräumen haben Folgen auch für die Menschen. Sie haben deutlich weniger Wahlmöglichkeiten, wenn es um die Sicherung ihrer Existenzgrundlage geht. Dass die Zahl der für den Thunfischfang benötigten Köderfische abgenommen hat, hatte beispielsweise Aus­wirkungen auf die Fischerei auf den Lakkadiven.

Klimawandel wird spürbar

"Wir haben das Gefühl, dass sich das Verhalten des Meeres verändert hat. Die Gezeiten sind gestört. Wir können die Meeresströmungen, die uns die Fische bringen, nicht mehr vorhersagen. Die Jahreszeiten haben ihre Regelmäßigkeit verloren. " Viele Menschen stellten fest, dass ihnen das Meer nach dem Tsunami fremder geworden ist. Und: "Die Küstenlinie der Inseln ist geschrumpft, mehr und mehr Land ist verloren gegangen."

Es gibt inzwischen mehr Hinweise darauf, dass der Klimawandel sich wahrscheinlich direkt in extremen Ereignissen wie Überflutungen, tropischen Wirbelstürmen, Sturmfluten und Hitzewellen niederschlagen könnte, sowie in der Variabilität des Klimas (Dürren, anhaltende Winde, die die Küstenerosion beschleunigen). Zwischen 1971 und 2004 ist die Meerestemperatur im Indischen Ozean um bis zu 0,5 Grad gestiegen. "Die Niederschläge haben nicht abgenommen, doch sie treten nicht mehr mit der üblichen Häufigkeit und Intensität auf", haben die Leute beobachtet. "Die Sommer sind heißer geworden. Selbst Haushalte mit durchschnittlichem Einkommen planen nun die Anschaffung von Kühlgeräten oder Klimaanlagen."

Bislang wird lediglich die Notwendigkeit erwähnt, eine Anpassungsstrategie zum Klimawandel zu entwickeln, und es werden erneuerbare Energien auf den Inseln gefördert. Darüber hinaus müssen die Lakkadiven ihre Probleme mit dem Klimawandel erst noch angehen. Der neue Administrator des 32 km2 großen Unionsterritoriums mit stark subventionierter Wirtschaft ist Mitglied der Task Force Klimawandel des Verbandes der indischen Industrie- und Handelskammern (FICCI). Er will das Thema proaktiv angehen, mit praktischen Tipps zur Verringerung der CO2-Emissionen und der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen.

 

Tourismus auf den Lakkadiven

Der Tourismus auf den Lakkadiven begann 1974, als die erste Hotelanlage für ausländische Touristen auf der Insel Bangaram eröffnet wurde. Die Lakkadiven mit ihren zehn bewohnten und mehreren unbewohnten Inseln haben sich einem Tourismus mit wenigen, aber gut zahlenden Besuchern verschrieben. Im Jahr 1983 wurde der Tourismus auf fünf Inseln ausgeweitet und die Besuchsgenehmigungen wurden auf 4.000 pro Jahr beschränkt.

Die Hotelbesitzer haben sich mit dem Klimawandel noch nicht auseinandergesetzt. Bislang gab es nur die übliche Ökotourismus-Rhetorik, dass Naturschutz sich auszahle. Das Scuba Diving Training Centre hat einige Aktivitäten mit Kindern organisiert, in denen Themen wie die Abfallentsorgung symbolisch aufgegriffen wurden. Das Umweltministerium auf den Lakkadiven begeht wichtige Tage wie den Welt-Ozon-Tag mit Veranstaltungen und verteilt Energiesparlampen als einen Schritt in Richtung CO2-Neutralität.

In einem Trainingshandbuch "Ecotourism in Coral Reefs" von "LEAD International" und der "Bombay Natural History Society" vom März 2006 wurde klar die Notwendigkeit deutlich gemacht, die touristische Tragfähigkeit der Inseln festzustellen. Dabei solle die drohende Gefahr globaler Erwärmung und steigender Meeresspiegel berücksichtigt werden. Die aktuellen Bestrebungen, die Anzahl der Touristen auf 10.000 zu erhöhen und die Entscheidung, weitere, unbewohnte Lakkadiven-Inseln für den Tourismus zu öffnen, müssen in Zusammenhang damit gesehen werden, dass der Klimawandel unterschätzt wird.

Anitha Sharma arbeitet im Bereich Umweltbildung und -forschung in Thiruvananthapuram, Kerala, Indien, sowie seit zehn Jahren auch auf den Lakkadiven.

Übersetzung aus dem Englischen: Christina Kamp

(4.629 Anschläge, 66 Zeilen, September 2009)