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Menschenrechte zuerst!

Für Wassergerechtigkeit im Tourismus


Der Beschluss des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen in Genf (2010), in dem das Menschenrecht auf Wasser bestätigt wird, ist ein großer Erfolg für zivilgesellschaftliche Gruppen, die sich seit Jahrzehnten für die Wasserrechte der Bevölkerung einsetzen. Die Entscheidung gilt als historischer Schritt in die richtige Richtung. Sie gibt Gruppen und Bürgerrechtsbewegungen vor Ort neuen Auftrieb im Kampf um Wassergerechtigkeit. Dass Wasser als Menschenrecht anerkannt wurde, impliziert nun eine entsprechende Verantwortung der Staaten, dem Wasserbedarf und dem Recht der Menschen auf Wasser gegenüber kommerziellen Interessen - inklusive denen der Tourismuswirtschaft - Priorität zu geben.

Das Menschenrecht auf Wasser ist für ein Leben in Würde unabdingbar Es ist eine Voraussetzung, um eine ganze Reihe weiterer Rechte wahren zu können. Alle Menschen, einschließlich der ärmsten, haben ein Recht auf sauberes Trinkwasser, Wasser für den Haushaltsbedarf und Abwasserentsorgung. Doch in der Realität haben nationale Regierungen und kommunale Behörden häufig wirtschaftlichen Interessen den Vorrang gegeben und den Bedarf und die Rechte der Menschen vor Ort ignoriert.

Wirtschaft vs. Bevölkerung

Die Tourismuswirtschaft ist berüchtigt für ihren hohen Verbrauch und Wasser ist für Tourismusunternehmen eine der notwendigen Ressourcen. In vielen Touristenzentren ist der Zugang der Gemeinschaften zu Wasser eine der größten Herausforderungen. Durch die vielen Touristen steigt die Bevölkerungszahl, so dass dann auch der Wasserbedarf deutlich höher ist. Dies führt nicht selten zur Übernutzung dieser so wertvollen Ressource. Viele touristische Zielgebiete haben mit akutem Wassermangel zu kämpfen.

Touristische Einrichtungen tragen dem luxuriösen Urlaubs-Lebensstil der Touristen Rechnung - einschließlich Duschen, Swimmingpools, Bewässerung der Gartenanlagen, Golfplätzen und Wasser-Freizeitparks. Sie bedienen sich an den Wasservorräten vor Ort, was zu sinkenden Grundwasserspiegeln führt, und sie verschmutzen Wasserquellen mit ihren Abwässern und Abfällen.

Zum Beispiel entstehen im unter Wasserknappheit leidenden Distrikt Vidarbha im indischen Bundesstaat Maharashtra immer mehr Wasservergnügungsparks und Freizeiteinrichtungen. In einer Region, in der es kaum genug Wasser gibt, um den Trinkwasserbedarf der Bevölkerung zu decken, laufen die Frauen bis zu 15 km am Tag, um Wasser zu holen. 2004 wurde in der Region der Wassernotstand ausgerufen. Und dennoch gibt es genug Wasser für die "Spielplätze" der Reichen. Der Fun N' Food Village Water & Amusement Park in Bazargaon (etwa 35 km von Nagpur entfernt) bewirbt seine verschiedenen Pools, Wasserrutschen und andere Wasser-Vergnügen.

Wassergerechtigkeit und Tourismus

Mit ihrer Kaufkraft stellen die touristischen Einrichtungen ihren Zugang zu sauberem Trinkwasser sicher. Die Tourismuswirtschaft eignet sich das Wasser an, das für das Überleben und Wohlergehen der einheimischen Bevölkerung von elementarer Bedeutung ist. Das Menschenrecht auf Wasser besagt jedoch eindeutig, dass jeder Mensch das Recht auf ausreichend sauberes Wasser für den persönlichen und Haushaltsbedarf hat. Das Wasser muss von akzeptabler Qualität sein, es muss zugänglich und bezahlbar sein. Anders als bei anderen Ressourcen hat ein Mangel an sauberem Trinkwasser enorme Auswirkungen. Es beeinträchtigt unmittelbar die Gesundheit, insbesondere von älteren Menschen und Kindern. Bei Wassermangel erhöht sich auch die Arbeitsbelastung der Frauen, die das Wasser beschaffen müssen.

Im Tourismus ist der Vorrang der Menschenrechte vor kommerziellen Interessen von großer Bedeutung. Bei der Wasserallokation müssen die Gemeinschaften vor Ort Priorität haben. Wenn nicht, kann die Kommerzialisierung von Wasserressourcen Menschenrechtsverletzungen darstellen. Jeder Staat hat die Pflicht, Dritte (einschließlich der Tourismuswirtschaft) daran zu hindern, das Menschenrecht auf Wasser zu verletzen.

Demokratische Staats- und Regierungsführung - das Gebot der Stunde

Bei der Privatisierung von und der privaten Kontrolle über Wasser wird nicht berücksichtigt, dass es Schutzmechanismen geben muss, durch die im Fall von Interessenkonflikten die Rechte der Bevölkerung vor Ort gewahrt werden. Wenn Wasser als 'Wirtschaftsgut' angesehen wird, werden nur diejenigen Zugang dazu haben, die dafür entsprechend zahlen können.

Zudem beschränkt sich das Menschenrecht auf Wasser nicht nur auf den Zugang, sondern umfasst auch die öffentliche Kontrolle über Wasser. Die Regierungen müssen auf demokratische Weise angemessene Gesetze verabschieden, durch die die Wasserrechte der Bevölkerung vor Ort sichergestellt werden, und sie müssen sie wirksam umsetzen. Das Verursacherprinzip muss durchgesetzt werden, um sicherzustellen, dass die Umwelt keinen Schaden nimmt und die Einheimischen nicht darunter zu leiden haben. Richtlinien und Gesetze zu achten ist eine Mindestanforderung, die Tourismusunternehmen erfüllen müssen.

In den vergangenen Jahren kam es in vielen Ländern zu einer enormen gesellschaftlichen Mobilisierung und es wurden im mühsamen Kampf um das Menschenrecht auf Wasser auch einige Siege errungen. Tourismuskritische Gruppen sollten diese bestehende Dynamik nutzen und die Wasserrechte der Gemeinschaften vor Ort schützen helfen, statt wie die Tourismuswirtschaft auf freiwillige Unternehmensverantwortung (CSR) zu setzen. Nur durch eine demokratischere Staats- und Regierungsführung lässt sich Wasser für alle und insbesondere benachteiligte Bevölkerungsgruppen sicherstellen. Wir brauchen eine öffentliche und partizipative Kontrolle über Wasser und andere natürliche Ressourcen, auch und gerade in touristischen Zielgebieten. Wasser ist ein grundlegendes Menschenrecht, das durch den Tourismus nicht aufs Spiel gesetzt werden darf.

Weitere Informationen: Tourism and the Human Right to Water. Power Point Presentation, 2006. Download: http://www.eed.de/fix/files/doc/Water%20Kerala.pdf

Sumesh Mangalassery ist Gründungsmitglied von "KABANI - the other direction", einer Initative in Indien, die zu Tourismusthemen arbeitet.

Übersetzung aus dem Englischen: Christina Kamp

(5.847 Anschläge, 81 Zeilen, Juni 2011)