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Man nannte sie Comfort Women

Zwangsprostituierte fordern Gerechtigkeit


Drei mutige Koreanerinnen brachten 1991 den Stein ins Rollen. Sie überwanden ihre Scham und gingen an die Öffentlichkeit, weitere weibliche Opfer meldeten sich nach fast 50 Jahren entsetzten und beschämten Schweigens: Zwangsprostituierte des Zweiten Weltkriegs. Nach heutigem Wissensstand hat die Japanische Kaiserliche Armee Zwangsprostitution schon früher in den besetzten Gebieten, spätestens aber im Japanisch-Chinesischen Krieg während des Massakers von Nanjing 1938 praktiziert.

Da häufig Vergewaltigungen durch Mitglieder der japanischen Armee an einheimischen Frauen in den besetzten Gebieten - Korea, Formosa, Mandschurei - vorkamen, entstand die Idee, diese gewalttätigen Übergriffe durch eine systematische "Versorgung" der Soldaten mit Prostituierten zu reduzieren. Zunächst warb man Japanerinnen, die dieses Gewerbe ausübten, an. Um jedoch einer raschen Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten vorzubeugen und eine große Zahl von Frauen an die Fronten bringen zu können, kam es zu einer großangelegten Verschleppung nichtprofessioneller Frauen. 80 Prozent von ihnen waren Koreanerin-nen. Aber auch Frauen aus Ländern, die im Verlauf des Zweiten Weltkriegs von der japanischen Kriegsfront berührt wurden, waren diesem kriminellen System unter-worfen: Frauen aus China, Taiwan, Indonesien und den Philippinen. Die japanische Armee nannte diese Zwangsbordelle "Comfort Stations". Die Zahl der Zwangs-prostituierten kann man nur schätzen. Historiker gehen von 80 000 bis 200 000 Mißbrauchten aus.

Teilweise wurden die Frauen durch falsche Arbeitsverträge als Wäscherinnen oder Köchinnen angelockt; zum Teil wurden sie aber auch gewaltsam aus ihren Dörfern und von ihren Familien entführt, unter ihnen eine große Anzahl von 12- bis 14jährigen Schulmädchen. Lange, lange Jahren wurde das Thema totgeschwiegen, bis sich die drei Koreanerinnen an die Öffentlichkeit wandten. 1994 hat die UN-Menschenrechtskommission eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Der offizielle Bericht wurde am 5. Februar 1996 mit Empfehlungen zur Wiedergutmachung veröffentlicht. In allererster Linie wird eingeklagt, daß die japanische Regierung offiziell ihre Schuld an diesen entwürdigenden Menschenrechtsverletzungen bekennt. Ferner wird eine Wiedergutmachung gefordert mit einer persönlichen Entschuldigung bei den Frauen, die das Unrecht der Zwangsprostitution überlebt haben. Viele starben an Krankheiten und Entbehrungen. Wurden sie beim Fluchtversuch gefaßt oder mit Geschlechtskrankheiten infiziert, drohte ihnen die Ermordung. Viele Frauen gingen nach Ende des Krieges aus Scham nicht mehr in ihre Heimat zurück, andere beendeten ihr Leben durch Selbstmord.

Trotz allen öffentlichen Drucks scheint es immer noch hoffnungslos zu sein, eine offizielle Schulderklärung seitens der japanischen Regierung zu erwirken. Und dies, obwohl der Tenno Hirohito am 23. August 1944 sogar persönlich die Anweisung gab, Koreanerinnen für japanische Bordelle zu rekrutieren. Bisher haben sich lediglich einige japanische Politiker als Privatpersonen zu diesem Kriegsverbrechen geäußert. In Japan wurden bislang nur private Spenden gesammelt mit dem Ziel, aus diesem Fonds ein "Trostgeld" an überlebende "Comfort Women" zu zahlen. Betroffene und Frauengruppen jedoch protestieren heftig gegen diesen "Trostgeld-Fonds", da er von dem notwendigen Schritt eines offiziellen Schuldbekenntnisses ablenke. Frauen-gruppen haben inzwischen Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag eingeleitet, um auf diesem Weg eine offizielle Reaktion der japanischen Regierung zu erzwingen.

(3183 Zeichen / 52 Zeilen, Dezember 1999)