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Hubschrauber-Tourismus gefährdet Kanadas Wildnis

Bedroht ist vor allem das Bergkaribu in British Columbia


Unter Natur- und Outdoorfreunden steht das Reiseziel British Columbia hoch im Kurs. Vor allem Touristen aus Europa und Nordamerika lieben die unberührte Natur, die von den schneebedeckten Bergketten der Rocky Mountains bis zur einzigartigen Küstenlandschaft der Insel Vancouver reicht. Trotz des an sich positiven Interesses für die kanadische Wildnis stellt der ungezügelte Tourismus eine Bedrohung für diesen einzigartigen Naturraum dar.

Besonders besorgniserregend ist die zunehmende Popularität von naturzerstörenden Tourismusformen. Neben Bären-Beobachtungen aus Helikoptern können auch Schneemobil- oder Geländewagen-Touren auf alpinen Wiesen gebucht werden. Sportarten wie Helikopter-Skifahren und Helikopter-Wandern in unberührten Gegenden bedeuten eine besonders erstzunehmende Gefährdung der kanadischen Tier- und Pflanzenwelt.

Der größte Helikopter-Ski- und -Wanderveranstalter in Nordamerika, Canadian Mountain Holidays (CMH), verfügt für seine touristischen Angebote über ein Nutzrecht von mehr als 25.000 Quadratkilometern. Das entspricht der Größe von mehr als der Hälfte der Schweiz. CMH fliegt Heli-Touristen (ca 7.000 Heli-Skifahrer pro Jahr für $ 8.000 bis $ 10.000 pro Person) und Heli-Wanderer sogar in Gebiete, in denen das vom Aussterben bedrohte Bergkaribu lebt. Schätzungsweise 40 Prozent der Heli-Skifahrer stammen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Von den im Jahr 1999 registrierten 2.300 Bergkaribus in den Bergen von British Columbia lebten 2002 nur noch 1.800. Das Überleben der weltweit letzten Bergkaribus ist durch das unkontrollierte Tourismusvergnügen in Gefahr. Ebenso werden auch Grizzlybären, Rocky Mountain Goats und der sehr seltene Wolverine (= Vielfrass, eine Maderart) in die Enge getrieben.

Die neue konservative Regierung von British Columbia (seit 2001) möchte auf Kosten der Natur kurzfristigen Profit aus den Schätzen der Wildnis schlagen. Sie strebt die Verdoppelung der Einnahmen aus dem Tourismus innerhalb von vier Jahren an. Diese Intensivierung des Tourismus wird auf dem Rücken der kanadischen Natur ausgetragen. British Columbia hat in seiner unmittelbaren Vergangenheit bereits den Großteil seiner Urregenwälder rücksichtslos abgeholzt und verantwortungslosen Raubfang an seinen pazifischen Lachsbeständen betrieben. Der wirtschaftliche Richtungswechsel der jetzigen Provinzregierung hin zum Wildnistourismus geschieht entgegen aller Warnrufe vieler Wissenschaftler und Naturschützer. Es gibt derzeit keine verbindlichen Richtlinien, um die Natur vor den Eingriffen des industriellen, motorisierten Wildnistourismus zu schützen.

Deutsche Umweltschutzgruppen arbeiten eng mit Umweltschutzorganisationen in British Columbia zusammen, um die letzten Bergkaribus der Welt vor dem Aussterben zu bewahren. Touristen, die ihren Urlaub zum Helikopter-Skifahren oder -Wandern buchen, oder auch zum Fischen, Jagen oder Bärenbeobachten mit dem Hubschrauber befördert werden wollen, müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie damit der Natur und Tierwelt nachhaltig schaden. Der größte und aggressivste Betreiber in Sachen Helikopter-Tourismus ist Canadian Mountain Holidays mit Hauptsitz in Banff, Alberta. Der Konzern Intrawest, der viele Ski- und Freizeitgebiete in Nordamerika betreibt, darunter Whistler und Panorama Resort in Britsh Columbia, ist ein Mitbesitzer von CMH. Intrawest betreibt schon seit Jahren eine sehr aggressive Ausweitungspolitik. Das zweitgrößte Helikopter-Ski- und -Wanderunternehmen, Wiegele Helicopters, ist derzeit ebenfalls bestrebt, sein Nutzrecht entgegen vielseitiger Proteste, aber mit der Zustimmung der Provinzregierung von British Columbia, in den Caribou Mountains auszudehnen und damit den Lebensraum der Bergkaribus weiter ernsthaft einzuengen. Wissenschaftliche Berater der Regierung und unabhängiger Organisationen haben im Rahmen der "Arbeitsgruppe zur Wiederbelebung der Bergkaribus" empfohlen, alle motorisierten, industriellen Aktivitäten im Lebensraum der Bergkaribus umgehend einzustellen. Es ist den Betreibern des Helikopter-Skitourismus aber problemlos gelungen, dieses Moratorium "zum Zwecke weiterer Untersuchungen" bis auf unbestimmte Zeit abzuwenden...

Der "Deutsche Reisebüro und Reiseveranstalter Verband (DRV)" setzte sich 2002 mit dem Thema des "unsustainable” (nicht nachhaltigem) Wildnistourismus in British Columbia auseinander. Unterstützung gibt es auch von Organisationen wie dem "Global Nature Fund (GNF)" (www.globalnature.org), der "Deutschen Umwelthilfe (DUH) und dem BUND. Der Südtiroler Bergsteiger Reinhold Messner äußerte seine Bedenken beim Internationalen Bergfestival in Banff im Jahr der Berge 2002. In einer Presseaussendung kritisierte er den unkontrollierten industriellen Tourismus in ökologisch wertvollen Berggebieten.

Weltweit gilt British Columbia als ein Land unberührter, endloser Naturschönheiten. Doch das ist ein Mythos. Denn viel weniger bekannt ist die Tatsache, dass weite Landstriche durch langjährige, schwerste Eingriffe in die Natur wie Bergbau, Öl- und Gasgewinnung und Forstwirtschaft für immer zerstört sind. Der industrielle Wildnistourismus befindet sich ebenso auf einem Kurs, der für den wertvollen Naturbestand unwiderrufliche Schäden verursachen kann.

Da das Bergkaribu vom Aussterben bedroht ist, dient es den Umweltschutzorganisationen als Symbol, um die Regierung von British Columbia zu verbindlichen Regelungen für den Wildnistourismus zu bewegen. Wir müssen uns alle verantwortlich zeigen, um diesen Trend umzukehren.

Informationen: Wilderness Recreation / Tourism Campaign, East Kootenay Environmental Society, PO Box 691, Invermere, BC VOA 1KO, Kanada. Fax 001 – 250/427 35 35, Tel. 427 93 25, kat@rockies.net, www.ekes.org

(5.487 Anschläge, 64 Zeilen, Juni 2003)