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Dominikanische Republik: Einheimische bleiben außen vor


Im Nordosten der "Dom Rep", im Herzen der Halbinsel Samaná, zieht der Wasserfall "Salto del Limón" heute viele Touristen an. Ramón gehörte zu den Pionieren, die dort Pferde und typische Speisen und Getränke anboten. Leida Buglass aus Samaná notierte seine Eindrücke und die Schwierigkeiten, mit denen sich kleine Gemeinden im Tourismus konfrontiert sehen:

"Wer hätte gedacht, daß dieser Wasserfall einmal so bekannt sein würde, sogar im Ausland! Meine Großeltern hatten den Wasserfall noch für den Holztransport benutzt. Damals waren die Berge noch von Wäldern bedeckt. Nur sehr wenige unserer Leute gingen zu dem Wasserfall. Sie hatten Angst vor ihm, da man schon von weitem die herabstürzenden Wassermassen hörte.

Vor mehr als zehn Jahren waren deutsche Touristen ihrem Hotel in Las Terrenas (ca. 20 km entfernt) entflohen, um auf abenteuerliche Weise zum Wasserfall zu wandern. Seitdem kommen immer mehr Besucher. Wir bemerkten, daß Touristen nicht nur Freude am Wasserfall, sondern auch an der Umgebung unseres nahegelegenen Dorfes haben. Der Regen, der Schlamm, die lange, schwierige und anstrengende Wanderung waren kein Hinderungsgrund, ganz im Gegenteil, sie genossen es. Sie bezahlten uns für den Gebrauch eines Pferdes, kauften Kakao und Kaffee aus unserem Anbau und baten um eine typische Mahlzeit, zumal sie das Essen aus dem Hotel über hatten. Wir hatten diese Art von 'Fortschritt' im Sinn, als wir beschlossen, den Weg zu verbessern. Wir organisierten uns, um unsere Pferde und Maultiere zu vermieten, und eine 'parada' (Raststätte) einzurichten, die Speisen und Getränke anbot. Diese neue Tätigkeit veränderte unsere traditionelle Arbeit in der Landwirtschaft, und die Leute widmeten einen Teil ihrer Zeit dem Tourismus. Die Besuche des Wasserfalls boten unseren Familien die Möglichkeit zu einer wirtschaftlichen Verbesserung, die die Landwirtschaft nicht mehr leisten konnte. Aber es war nicht alles so einfach, wie wir dachten. Die neue Beschäftigung mit den Touristen brachte in kurzer Zeit nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile. Unser Bemühen um einen guten Service für die Besucher, beispielsweise landestypische Gerichte, führte bei den Hotelunternehmern der Gegend zu der Befürchtung, die absolute Kontrolle über die Ausgaben ihrer Gäste zu verlieren. In ihrem Bestreben, den Gewinn aus dem Tourismusgeschäft zu monopolisieren, ergriffen sie Maßnahmen gegen uns, um unsere unabhängige, von der einheimischen Gemeinde ausgehende Initiative herabzuwürdigen. Sie wollten nicht, daß ihre Kunden bei uns aßen und Pferde mieteten.

Das Verhältnis zwischen den Hotelunternehmern und der Landbevölkerung verschlechterte sich soweit, daß Konflikte ausbrachen und es zum völligen Bruch kam. Wir haben verstanden, daß einige Unternehmen das Geschäft nicht mit uns teilen wollen und nicht bereit sind, uns in den Tourismus zu integrieren. Sie wollen lediglich, daß wir gratis in ihren folkloristischen Angeboten auftreten und zu ihrem eigenen Nutzen die touristische Kulisse bieten. Die touristischen Unternehmen glauben, daß sie in den Gemeinden als große Wohltäter gelten, weil sie einigen Wenigen Arbeit in ihren großen Anlagen geben. Sie verstehen nicht, daß sie die Bevölkerung als kleine Unternehmer an ihrem Geschäft teilhaben lassen sollten, damit deren Familien daraus Nutzen ziehen können. Sie behalten sowieso den größten Teil der Gewinne. Sie begreifen auch nicht, daß ein Tourist, der von den Einheimischen gut behandelt wird, andere Kunden nachzieht, was uns allen zugute käme. Wir als Landgemeinden haben noch viel zu lernen, aber die Tourismusunternehmen auch. Teilen heißt voranzukommen."

(3.673 Anschläge / 51 Zeilen, Juli 2000)