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Die bedrohte Gans und ihre goldenen Eier

Myanmars schwierige Reise hin zu einem nachhaltigen Qualitätstourismus


Einige der bekanntesten touristischen Orte Myanmars sind durch die Auswirkungen des Tourismus bereits ökologisch und sozial unter Druck. Dies bedroht die Lebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung und den langfristigen Erhalt von Vorzeigeorten wie Bagan, Inle und Kyaiktiyo als touristische Zielgebiete. Das Dänische Institut für Menschenrechte hat zusammen mit seinem burmesischen Partner, dem Myanmar Centre for Responsible Business (MCRB), und dem Institute for Human Rights and Business eine branchenweite Folgenabschätzung (SWIA) für den Tourismussektor erstellt.

Der Bericht, der auf umfangreichen Recherchen in sechs Zielgebieten basiert, hebt einige der positiven und negativen Wirkungen hervor, die die Tourismusentwicklung in Myanmar haben kann. Der SWIA-Bericht enthält Empfehlungen an die Regierung, an Tourismusunternehmen, zivilgesellschaftliche Gruppen, Touristen und andere Akteure mit der Absicht, die positiven Auswirkungen zu verstärken und negative Auswirkungen zu reduzieren.

Myanmar hat bereits eine Reihe politischer Handlungskonzepte entwickelt, um nachhaltigen Tourismus zu fördern. Wegen mangelnder Ressourcen und Kapazitäten steht die Umsetzung dieser Maßnahmen aber noch weitgehend aus. Beispielhaft dafür steht die Entwicklung von sogenannten “Hotelzonen”, wo die Eigentümer von Grund und Boden für den Bau von Hotelanlagen enteignet werden. Häufig geschieht dies in ökologisch sensiblen Gebieten. Viele der negativen Auswirkungen hängen mit den Hotelzonen zusammen. Nötig wäre ein partizipatives Destinationsmanagement und ein Regionalplanungsansatz. Das wurde auch im Tourismus-Masterplan der Regierung festgestellt.

Partizipation der lokalen Bevölkerung

Lokale Gemeinschaften sind noch immer nicht ausreichend in Entscheidungsprozesse bei der Tourismusentwicklung einbezogen. Die Einbeziehung, Beratung und Partizipation aller beteiligten Akteure sollten aber von Anfang an die Grundlage für die Entwicklung von Tourismusprojekten bilden. Dies ist besonders wichtig in Gebieten, in denen ethnische Minderheiten leben sowie in Post-Konflikt-Situationen. Tourismusunternehmen sollten sich die Zeit nehmen, um die Konfliktursachen und die lokalen Dynamiken zu verstehen. Dazu gehört, wie sich die lokale Bevölkerung eine Öffnung für den Tourismus vorstellt und wie der Nutzen aus dem Tourismus verteilt werden soll.

Der SWIA-Bericht unterstreicht die Potenziale des Tourismus, Arbeitsplätze zu schaffen und Armut zu bekämpfen. Er beleuchtet aber auch mögliche Gefahren und verweist auf Erfahrungen aus den Nachbarländern Kambodscha und Thailand. Zum Beispiel wird auf die besonderen Gefahren hingewiesen, denen Kinder durch Waisenhaustourismus und einige Arten von Voluntourismus ausgesetzt sind.

Gefahren für Myanmars Kultur- und Naturerbe

Ein Zustrom einer großen Anzahl an Touristen kann sich auch negativ auf Myanmars Kulturerbe auswirken, wenn Tourismusanbieter entweder unangemessene touristische Aktivitäten organisieren oder bei der Bebauung von Flächen Kultur- oder Naturerbestätten schädigen. In Bezug auf die allgemeinen Risiken identifiziert der SWIA-Bericht einschlägige internationale Standards und Initiativen und hebt positive Beispiele sowohl aus Myanmar als auch aus anderen Ländern hervor.

Myanmars Tourismussektor befindet sich gerade an einer wichtigen Wegmarke. Die Besucherzahlen stiegen allein im Jahr 2014 um eine Million Besucher auf drei Millionen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass es sich dabei nicht nur um Touristinnen und Touristen handelt. Diese Zahl beinhaltet auch Tagesbesucher, Geschäftsreisende, zurückkehrende Burmesen und alle anderen, die mit einem Touristenvisum einreisen. Myanmars Infrastruktur und die Gesellschaft sind schlecht darauf vorbereitet, eine große Anzahl ausländischer Touristen zu empfangen und den Inlandstourismus auszuweiten.

Alle, die ein Interesse an einer nachhaltigen Entwicklung des Tourismus in Myanmar haben, sollten sich nicht an den absoluten Zahlen orientieren, sondern die Erfahrungen aus anderen asiatischen Ländern in ihre Überlegungen einbeziehen. Noch besteht Spielraum, Myanmar zu einem Reiseziel für eine geringere Anzahl von Touristen zu entwickeln, die bereit sind, viel Geld für ein wirklich besonderes Erlebnis auszugeben. Mit einer Ausrichtung auf den Massenmarkt mit negativen Auswirkungen auf Myanmars Umwelt und Kultur schlachtet man womöglich die Gans, die die goldenen Eier legt – und das obwohl Myanmars Reise hin zu einem nachhaltigen Qualitätstourismus gerade erst beginnt.

Tulika Bansal ist Referentin für Menschenrechte und Entwicklung am Dänischen Institut für Menschenrechte und Mitautorin der sektorweiten Folgenabschätzung zum Tourismus in Myanmar.

Weitere Informationen:Den kompletten Bericht sowie eine Zusammenfassung finden Sie hier: www.myanmar-responsiblebusiness.org/swia/tourism.html;tuba@humanrights.dk

Übersetzung aus dem Englischen: Corinna Rach

(4.489 Zeichen, März 2015, TW 78)