Ortstermin in der "Beluga School for Life" in Na Nai, 20 Minuten von Khao Lak, in der thailändischen Provinz Phang Nga. Es ist 17 Uhr beim Check-In. Obwohl ein Geräuschpegel von tobenden Kindern über der Schule und dem angrenzenden Gästebereich liegt, hört es sich angenehm friedlich an.
Die Gegend ist besonders bei deutschen Touristen sehr beliebt. In der Nähe der Touristeninsel Phuket, aber dennoch schön ruhig gelegen, ohne Massenaufläufe. Traurige Berühmtheit hat Khao Lak durch den Tsunami erlangt. In keiner anderen thailändischen Provinz sind so viele Menschen ums Leben gekommen wie in Phang Nga. Die Bilder von angeschwemmten Touristen am Strand von Khao Lak, die Videoaufnahme von einem wie erstarrten Touristen, der nicht vor der Welle wegläuft, sondern ruhig und fassungslos stehen bleibt bis die Welle ihn erfasst - alles Aufnahmen aus Khao Lak. Diese Bilder gingen um die Welt. Nils Stolberg sah sie vor Ort. Die Verzweiflung der Menschen gab ihm Anlass, aktiv zu werden. Der Bremer Geschäftsmann erwarb ein 75.000 Quadratmeter großes Grundstück auf dem Areal einer ehemaligen Kokosplantage und gründete die "Beluga School for Life". Die Schule bietet Kindern nicht nur eine Schul- und Berufsausbildung, sondern auch ein gesichertes Zuhause.
Eine der wichtigsten Einkommensquellen ist der Tourismus. Die Schule soll durch einen angrenzenden Gäste-Bereich auf Dauer finanziert werden. Sind die 18 Bungalows, die maximal 52 Gäste aufnehmen können, zu 80 Prozent ausgelastet, so wäre das Schulprojekt zu 100 Prozent finanziert. Aber soweit ist man noch lange nicht, der Tourismusbereich befindet sich noch im Aufbau. Aber selbst wenn, wäre es denn ratsam, ein Entwicklungsprojekt von einem fragilen Wirtschaftszweig wie dem Tourismus abhängig zu machen? Jörg Thiemann, Leiter der "Beluga School for Life", beantwortet das mit einem klaren "Nein". Die Schule setzt daher auch auf weitere Projekte, die vom Tourismus unabhängig sind.
Die schulinterne Bäckerei verkauft ihre Waren auf den lokalen Märkten und ist auch über die Landesgrenzen von Phang Nga bekannt, wie Jörg Thiemann mit Stolz erklärt. Zukünftig sollen auch weitere Produkte aus der Schule kommerziell vertrieben werden, wie Gemüse und Obst aus dem Bioanbau oder Trinkwasser aus der eigenen Quelle. Da der Gästebereich ebenfalls ein Schulprojekt ist, wird er nun auch für Personal-Training im Tourismus genutzt. Hotels, die ihr Personal dort schulen lassen, finanzieren durch die Teilnahmegebühr ebenfalls das Schulprojekt.
Insgesamt ist die "Beluga School for Life" ein sehr umfassendes und ambitioniertes Projekt. Dennoch wirft es auch Fragen auf. Ist es gut, dass Touristen in unmittelbarer Nähe des Schul- und Familienbereichs untergebracht sind? Es scheint so, als ob es keine visuelle oder physische Abtrennung zwischen Kindern und Gästen gibt. Doch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herrscht diesbezüglich ein sehr hohes Problembewusstsein. Die Privatsphäre und der Schutz der Kinder hat höchste Priorität. Daher werden alle Gäste bei ihrer Ankunft über die Regeln auf dem Gelände informiert. Gäste dürfen sich nicht im Familienbereich aufhalten und auf dem Schulgelände nur in Begleitung der Tourismuskoordinatoren. Die Gäste werden auch in einer Broschüre, die in den Bungalows ausliegt, auf weitere wichtige Verhaltensregeln aufmerksam gemacht. Es gibt Schulprojekte, wie "be a little tour-guide", bei denen die Kinder unter Begleitung der Betreuer den Gästen ihre Umgebung zeigen. Die Gäste werden gebeten, den Kindern keine Süßigkeiten zu geben und auch nicht ein Kind bevorzugt zu behandeln. Die Schule soll nicht als "Kinderstreichelzoo" falsch verstanden werden.
Auf keinen Fall dürfen Gäste Kinder in den Gästebereich mitnehmen. Auch die Kinder wissen, dass sie sich nicht dort aufhalten dürfen. Rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen dafür, dass die Regeln eingehalten werden und der Schutz der 150 Kinder garantiert ist. Regelmäßig werden Schulungen zum Kinderschutz und über Kinderrechte durchgeführt, ebenso wird der Verhaltenskodex zum Schutz von Kindern im Tourismus der Kinderrechtsorganisation ECPAT mitgetragen.
Trotz (oder wegen?) ihres hohen Problembewusstseins hat die Schulleitung bisher keine negativen Erfahrungen mit Touristen im Umgang mit den Kindern gemacht. "Die Gäste, die unsere Schule besuchen, sind bereits sensibilisiert und respektieren den Schutz der Kinder", sagt Katja Jörck, die sich als Tourismuskoordinatorin um das Wohl der Gäste und deren Freizeitaktivitäten kümmert. Und: "Wir möchten auch nur solche Gäste hier haben. Denn die Kinder haben immer höchste Priorität."
Weitere Informationen: www.beluga-schoolforlife.de
(4.694 Anschläge, 62 Zeilen, September 2009)