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Warum Zertifizierung? – Peruanische Ansätze in internationalen Zusammenhängen


Qualität dürfe nicht von Nachhaltigkeit getrennt gesehen werden, stellten Tourismusfachleute auf dem internationalen Seminar "Zertifizierung und Nachhaltiger Tourismus" fest, das vom 11. - 12. April 2011 im peruanischen Cusco stattfand. Organisator war das Zentrum "Bartolomé de las Casas" (CBC), eine Nichtregionsorganisation mit Sitz in Cusco und Partnerorganisation des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED). Das Zentrum arbeitet seit 2003 daran, die Einkommensmöglichkeiten der Menschen im Tourismus zu verbessern und Bewusstsein für die Auswirkungen des Tourismus zu schaffen.

Das Seminar beschäftigte sich mit der Zertifizierung von Hotels und Reiseveranstaltern. "Four directions", ein Veranstalter aus Guatemala, ist zum Beispiel nach "Great Green Deal" zertifiziert und sieht die Zertifizierung als Marktvorteil im umkämpften Tourismusgeschäft. "Die Investition lohnt sich. Das Engagement für Nachhaltigkeit ist eine Verpflichtung", betonte Geschäftsführer Alfonso Muralles. "Explorandes", ein Veranstalter aus Cusco, ist nach ISO 14000 (Umweltmanagement) zertifiziert. Dessen Umweltbeauftragte präsentierte den spannenden Prozess, der dem Unternehmen viele Verbesserungen - vor allem der Inkatrail-Routen - gebracht hat. So wird auf den Touren Wasser zum Beispiel nicht mehr in einzelnen Plastikflaschen mitgenommen.

Die Rainforest Alliance präsentierte Profile nachhaltiger Unternehmen auf dem Weg zur Zertifizierung. Ricard Santomá, Vizerektor der Sant Ignasi Universität aus Barcelona stellte in seinem Vortrag "Die Zertifizierung - Licht und Schatten" die provozierende Frage, warum überhaupt Zertifizierung? Für die meisten Unternehmen ist die Antwort klar. Sie meinen, durch eine Zertifizierung ließen sich praktisch "alle Probleme" lösen.

Aus dem Tourismusministerium sprach die Verantwortliche für Normung und Kontrolle über die Fortschritte und Chancen der Qualitätszertifizierung für Tourismus-unternehmen. Der Vertreter der Regionalregierung der Region Cusco äußerte sich kritisch über die bisherige Tourismusentwicklung. "Unser Bestreben ist die Wiederbelebung der Destination, d.h. ihre 'Neuerfindung'. Eine neue Wachstums-periode ruhig und stetig, mit Chancen und Vorteile für alle", bekräftige Carlos Zuñiga Delgado, Direktor der regionalen Tourismusbehörde.

Großes Interesse an Zertifizierung

Maria Antonia Pamies, Direktorin der Fakultät für Nachhaltigen Tourismus der Universität Antonio Ruiz Montoya (UARM) stellte die ersten Ergebnisse einer Marktstudie zur Zertifizierung im Tourismus vor. Um mehr über den Markt in Cusco und über Zertifizierungen im nachhaltigen Tourismus zu erfahren, wurden Ende 2010 126 Tourismusunternehmen in Cusco befragt. 91 Prozent der Befragten waren der Ansicht, dass eine Zertifizierung eine gute Gelegenheit sei, ihr Unternehmen zu verbessern. Für Unterkünfte ist der wichtigste Aspekt das Management effizienter Prozesse. 44 Prozent der Befragten wären bereit, zwischen 500 bis 999 Dollar für eine Zertifizierung auszugeben, 28 Prozent zwischen 1000 und 1999 Dollar, 13 Prozent zwischen 2000 und 2999 Dollar und fünf Prozent sogar mehr als 3000 Dollar. 76 Prozent der Unternehmen würden lieber mit einem international anerkannten Siegel zertifiziert werden als mit einem nationalen.

Die UARM präsentierte einen Vorschlag für die weitere Vorgehensweise in drei Schritten: Die Unternehmen sollten sich zunächst verstärkt auf den Aspekt Qualität konzentrieren und das Qualitätssiegel des Tourismusministeriums anstreben. In einer zweiten Phase sollten sie sich auf die Aspekte der Nachhaltigkeit konzentrieren, und in einer dritten Phase auf eine Zertifizierung im nachhaltigen Tourismus. Mit diesem Vorschlag waren jedoch nicht alle Teilnehmer einverstanden. In der Nachhaltigkeit sei Qualität implizit, so die Reaktion. Deshalb wäre es der falsche Weg, sich erst mit Qualitätsaspekten zu befassen und Nachhaltigkeit dann als extra Thema anzusehen.

Stattdessen soll nun ein Pilotprogramm ausgearbeitet werden, in dem die Zertifizierung ein wichtiger Bestandteil ist. Durch eine Sensibilisierung für mehr Nachhaltigkeit, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit den Massenmedien, soll ein kollektives Bewusstsein geschaffen werden, das die verschiedensten Tourismusakteure einbezieht.

(4.328 Anschläge, 57 Zeilen, Juni 2011)