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Umsiedlung als letzter Ausweg

Klimawandel, Tourismus und Anpassung auf den Malediven


Der Klimawandel trifft kleine Inseln ganz besonders und kann verheerende Folgen für die Gesundheit der Menschen, das Land, die Infrastruktur und die Wirtschaft haben. Mehr als 80 Prozent ihrer 1.120 Inseln liegen weniger als einen Meter über dem Meeresspiegel und machen die Malediven zu einem der am niedrigsten gelegenen Länder der Welt. Der Tourismus macht 27 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus und die Malediven verknüpfen nun Maßnahmen zum Tourismus mit ihrem nationalen Aktionsplan zur Anpassung an den Klimawandel (NAPA).

"Wir können nichts tun, um allein den Klimawandel aufzuhalten. Deshalb müssen wir woanders Land kaufen. Es ist eine Versicherung, falls der schlimmste Fall eintritt. Wir wollen die Malediven nicht verlassen, aber wir wollen auch keine Klimaflüchtlinge werden, die dann Jahrzehnte lang in Zelten leben", sagte Präsident Mohammed Nasheed. Er kündigte einen kühnen Plan an, Grund und Boden in anderen Ländern zu kaufen, wo die maledivische Bevölkerung (derzeit ca. 386.000 Personen) sich ein neues Leben aufbauen kann, wenn die winzige Nation im Indischen Ozean überschwemmt zu werden droht.

Ein geringer Anstieg des Meeresspiegels bedeutet bereits deutliche Erosion, zunehmende Überschwemmungen und den Verlust von Korallenriffen und Stränden. Er hat schlimme Folgen für den Tourismus und ist mit hohen Kosten für den Schutz und Erhalt der Küste verbunden. Die entscheidende Attraktion für Touristen auf Inseln und in Küstengebieten sind die natürlichen Strände und Küstenlinien. Wenn es die nicht mehr gibt, führt das zu sinkenden Besucherzahlen.

Anfälligkeit für den Klimawandel aufgrund von Tourismus

Der Beitrag des Tourismus zum vom Menschen verursachten Klimawandel ist noch nie umfassend geschätzt worden. Die wichtigsten Bereiche, für die die Emissionen berechnet wurden, sind der Transportsektor, Unterkünfte und touristische Aktivitäten. Die Malediven müssen eine Bestandsaufnahme der Erfahrungen machen, die dazu beigetragen haben, dass dieses kleine Land droht, als eines der ersten unterzugehen.

Der Transportsektor macht 75 Prozent der durch den Tourismus verursachten CO2-Emissionen aus. Der Flugverkehr hat daran den größten Anteil (40 Prozent). "Immer mehr Flugzeuge landen auf der Insel. Ich habe über die Probleme mit dem Klimawandel gelesen und die Emissionen über den Malediven beunruhigen mich", sagt ein Fahrer, der seit 14 Jahren auf dem Flughafen von Male arbeitet. Der Flugverkehr auf den Malediven wird über fünf Flughäfen abgewickelt, zwei davon sind international. Die Firma "Maldivian Air Taxi Pvt Ltd" bedient im (eher niedrig veranschlagten) Durchschnitt mit 150 Flügen pro Tag 40 Hotelanlagen.

Die Regierungsstatistiken weisen 683.012 Touristenankünfte im Jahr 2008 aus. Mehr als 94 Prozent davon entfallen auf Europäer und Asiaten. Insgesamt sind im vergangenen Jahr 13.501 internationale Charterflüge auf den Malediven gelandet. Zusätzlich zu den touristischen CO2-Emissionen aus dem Flugverkehr, dem Auto­verkehr und den Unterkünften verursachen auch verschiedene touristische Aktivitäten wie Tauchurlaubsangebote CO2-Emissionen, die den Tourismus insgesamt nicht nachhaltig machen.

Die Korallenriffe und die Ökosysteme der Lagunen werden im Namen des Tourismus überbeansprucht. Das oft zitierte Beispiel von Royal Island auf dem Baa Atoll muss überprüft werden. Dort wurden die Korallenriffe ausgebaggert, um einen Hafen zur Vertäuung der zur Hotelanlage gehörenden Boote zu bauen. Künstliche Wellenbrecher, die zu hohen Kosten errichtet wurde, haben die Insel während des Tsunamis nicht geschützt.

Die 236 touristischen Einrichtungen auf den Malediven, wie Hotels und Resorts, Gästehäuser und Ausflugsboote, wurden ohne einheitliche Regeln bezüglich der Architektur und des Energie- und Wasserverbrauchs geschaffen. Neben 14 natürlichen Häfen gibt es 90 künstliche, die auf Kosten öffentlicher Güter wie der Korallenriffe und Lagunen geschaffen wurden. Die jüngsten Fälle von Korallenbleiche hatten ebenfalls Auswirkungen auf die Vielfalt und Gesundheit der Korallen-Ökosysteme.

Nach Plänen vom Mai 2008 will die maledivische Regierung natürliche Lagunen bewohnter Inseln trockenlegen, um zehn künstliche Inseln zu schaffen und darauf Hotelanlagen zu bauen. Dies wird die schützenden Elemente der Küstenlandschaft schädigen und in der Krise, auf die sich das Land zubewegt, zu noch mehr Anfälligkeit und Schäden führen. Der Strand von Laamu Gaadhoo, ein Schutzgebiet für Meeresschildkröten-Gelege, wird dadurch ebenfalls gestört.

 

Auf dem Weg zu mehr Umweltschutz

Die Regierung der Malediven hat einen nationalen Umweltaktionsplan erstellt, in dem es heißt, dass die Autoabgase reduziert werden müssen. Nur drei Prozent der Landfläche der Malediven sind von Bäumen bewachsen. Zusammen mit Nicht­regierungsorganisationen und Hotelbesitzern pflanzt die Regierung Bäume. Doch sanfte Maßnahmen zum Küstenschutz, wie die Wiederaufforstung und der Schutz von Mangroven und anderer küstenstabilisierender Vegetation, die als natürlicher Puffer dienen kann, müssen auf den Inseln erst noch systematisch umgesetzt werden.

"Wir wollen in grüne Technologie investieren. Wenn wir untergehen, wollen wir zeigen, dass wir versucht haben, das richtige zu tun. Wir werden mit dem Tourismus weiter­machen. Aber wir wollen jetzt die Touristen, die die Malediven besuchen, erreichen und sie bitten, uns zu helfen, auf eine CO2-neutrale Wirtschaftsweise umzustellen", sagte Umweltminister Mohammed Aslam. Präsident Nasheed kündigte an, dass Touristen demnächst eine Umweltsteuer von drei US-Dollar pro Tag zahlen sollen.

Die isolierten Bemühungen einiger Investoren in der Tourismuswirtschaft, CO2-neutrale Programme einzuführen, stellen zwar gute Ansätze dar. Doch sie werden von der harten Realität überschattet, dass dieser Sektor durch den täglichen Betrieb von Sky-Taxis und Charterflügen wesentlich zum CO2-Fußabdruck dieser winzigen Nation beiträgt. Dies lässt sich nicht dadurch kompensieren, dass man Bildungsprogramme mit Schulkindern durchführt, Bäume pflanzt oder Meeresschildkröten schützt. Solche und andere Öko-Praktiken und die mittlerweile modernen Programme zur CO2-Kompensation brauchen, wenn sie sich über eine Marketingstrategie hinaus entwickeln sollen, eine solide Grundlage. Der Schwerpunkte muss auf der Beteiligung der Bevölkerung und der nachhaltigen Wiederherstellung der Ökosysteme liegen.

Übersetzung aus dem Englischen: Christina Kamp

(6.455 Anschläge, 88 Zeilen, September 2009)