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Tourismus auf dem Weltsozialforum Tunesien


Tourismus auf dem Weltsozialforum Tunesien

Unter dem Titel „Würde – eine andere Welt ist möglich“ fand zwischen dem 26. und 30. März 2013 das elfte Weltsozialforum (WSF) statt. Mit Tunesien konnte zum ersten Mal ein arabisches Land die sozialen Bewegungen und Globalisierungskritiker zu ihrem jährlichen Treffen einladen. Im Rahmen von etwa 1.200 Veranstaltungen konnten die über 5.000 teilnehmenden Organisationen, Netzwerke und Gruppen vielfältige Themen diskutieren und vertiefen, neue Netzwerke gründen und bestehende vertiefen. Brot für die Welt – der Evangelische Entwicklungsdienst war in Tunesien mit vier eigenen Veranstaltungen zu Fischereipolitik, Tourismus, Ernährungssouveränität und Migration vertreten.

Das Weltsozialforum begann mit einer großen Eröffnungsdemonstration. Basma Khalfaoui Belaïd, Witwe des im Februar ermordeten Politikers  Chokri Belaïd,  rief dabei den 30.000 Teilnehmenden zu, nicht nachzulassen im Einsatz für ein Tunesien und eine Welt, in der Menschenrechte respektiert werden. Im Sinne des Mottos des WSF in Tunis forderte sie weltweiten Respekt der Würde aller Menschen, besonders von  Minderheiten, Armen und Frauen. 

Nicht nur auf der Demo, sondern auch während der darauf folgenden Workshoptage zeigte sich deutlich die starke Beteiligung von Personen und Gruppen aus Tunesien und von Delegationen aus anderen nordafrikanischen Ländern und dem Nahen Osten. Viele tunesische Demonstrierende kamen mit Nationalfahnen und forderten die Vertiefung von Demokratie und Toleranz. Einige der Demonstranten, wie beispielsweise eine Gruppe von etwa 50 tunesischen Kleinfischern, mit deren Verband Brot für die Welt zusammenarbeitet, nahmen erstmalig an einer Demonstration teil und freuten sich über die Möglichkeit, in den offenen Meinungsaustausch zu treten.

Statt klassischer Themen der Globalisierungskritikstanden die Themen Menschenrechte, Demokratie, Toleranz und Partizipation in vielen Veranstaltungen im Fokus. Die Diskussionen wurden häufig praktisch und wenig ideologisch geführt. Es ging darum, Wege im Übergang zu stabilen Demokratien beispielsweise in Algerien, Marokko, Libyen oder Ägypten zu finden.  Auch die Auseinandersetzung um die Bedeutung von Religion (Islam) im Umbruchsprozess der Region war auffällig, sowie ausgesprochen viele Veranstaltungen und Aktivitäten zur Rolle der Frau; gegenwärtigen finden in Tunesien, Libyen und Ägypten kontroverse Verfassungsdebatten statt, ob die Geschlechter gleichwertig sind oder die Frau den Mann komplementär ergänzt. Gerade in Tunesien mit seiner ehemals progressiven Geschlechterpolitik ist dies eines der aktuellsten Themen.

Migration war mit über dreißig Workshops und zwei Abschlussveranstaltungen erstmals ein deutlich sichtbarer Themenschwerpunkt auf dem Weltsozialforum. Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst hielt einen Workshop ab, bei dem vorläufige Ergebnisse eines gemeinsam mit Pro Asyl und medico international durchgeführten Projekts zur EU-Migrationspolitik vorgestellt und diskutiert wurden. Vertreter von Partnerorganisationen in Marokko, Tunesien und Mauretanien schilderten in Fallbeispielen, wie die europäische Migrationspolitik Menschenrechte von Flüchtlingen und Migranten missachtet und wie sie sich negativ auf nationale Entwicklungsbemühungen der Drittstaaten auswirkt. Deutlich wurde auch, dass sich die europäische Migrationspolitik – entgegen eigenen Verlautbarungen – auch nach den Revolten in der Region im Jahre 2011 nicht wesentlich geändert hat und weiterhin an Sicherheitsfragen gekoppelt ist.

Das Weltsozialforum war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die Zivilgesellschaft von Tunesien, einem Land, das sich seit zwei Jahren in einem schwierigen Demokratisierungsprozess befindet und sich seit dem Mord am Oppositionspolitiker Chokri Belaïd in einer schweren gesellschaftlichen und politischen Krise befindet, konnte durch die weltweite Solidarität und  der erfolgreichen Durchführung des WSF Kraft tanken. Gleichzeitig hat die Sozialforumsbewegung gewonnen, dadurch dass sie bereichert wurde von Tausenden jungen, engagierten Teilnehmenden und Freiwilligen aus Tunesien und den Nachbarstaaten, die eigene, wichtige und zum Teil undogmatische Impulse gesetzt haben.

Das Weltsozialforum war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die Zivilgesellschaft von Tunesien, einem Land, das sich seit zwei Jahren in einem schwierigen Demokratisierungsprozess befindet und sich seit dem Mord am Oppositionspolitiker Chokri Belaïd in einer schweren gesellschaftlichen und politischen Krise befindet, konnte durch die weltweite Solidarität und  der erfolgreichen Durchführung des WSF Kraft tanken. Gleichzeitig hat die Sozialforumsbewegung gewonnen, dadurch dass sie bereichert wurde von Tausenden jungen, engagierten Teilnehmenden und Freiwilligen aus Tunesien und den Nachbarstaaten, die eigene, wichtige und zum Teil undogmatische Impulse gesetzt haben.  

Workshop "Ein anderer Tourismus ist möglich - Veränderung der Machtstrukturen im Tourismus"

In Zusammenarbeit mit der Alternative Tourism Group (Palästina), der Association of small-scale enterprises (ASSET, Gambia), Kabani – the other direction (Indien), der Stiftung Retour (Niederlande) und weiteren Mitgliedern des Europäischen Tourismus Netzwerkes (TEN) organisierte Tourism Watch am 28.03. in Tunis einen Workshop, der sich kritisch mit dem Tourismus auseinandersetzt.

Der Tourismus wird oft als Mittel für die Schaffung von Arbeitsplätzen und Einkommen, zur Reduktion von Armut und zur Förderung der Völkerverständigung gepriesen. Doch werden im Namen der Tourismusförderung immer wieder die Rechte der Bevölkerung der touristischen Destinationen mit Füssen getreten. BewohnerInnen von touristisch nutzbaren Gebieten werden vertrieben und ihrer demokratischen Rechte und Lebensgrundlagen beraubt, Kinder werden sexuell ausgebeutet usw.

Doch gibt es weltweit verschiedene alternative Ansätze. Der Workshop bot einen Raum für den Austausch von Erfahrungen und Strategien für die Entwicklung nachhaltiger Tourismusmodelle und eines wirkungsvollen Lobbying und förderte die internationale Vernetzung tourismuskritischer Organisationen. Dabei standen folgende Fragen im Zentrum:

  • Was bedeutet ein Menschenrechtsansatz im Tourismus? Wie können unterdrückte Gruppen mit Hilfe eines Menschenrechtsansatzes ihre Rechte einfordern? Wie kann der Tourismus dazu beitragen, dass die Menschenrechte der örtlichen Bevölkerung respektiert werden und ihr Gerechtigkeit widerfährt?
  • Können KMU und lokale Initiativen, die nur in kleinen Nischen aktiv sind, zu einer Veränderung der Machtstrukturen im Tourimus beitragen und falls ja, unter welchen Bedingungen?
  • Wie kann die Wirkung der Advocacy-Arbeit im Tourismus verbessert werden?

ReferentInnen: Sumesh Mangalassery, Kabani – the other direction (Indien), Rami Kassis – Alternative Tourism Group (Palestina), Antje Monshausen – Tourism Watch, Brot für die Welt (Deutschland), Frans de Man – Retour Foundation (Niederlande), Adama Bah – ASSET is the Association of Small Scale Enterprises in Tourism (Gambia), einE ReferentIn aus Tunesien

Antje Monshausen, Referentin Tourismus und Entwicklung bei Brot für die Welt, in Zusammenarbeit mit der Brot für die Welt-Delegation zum WSF 2013

http://tourismlog.wordpress.com/2013/05/02/das-weltsozialforum-2013-in-tunis-deenfr/