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SympathieMagazine: "Hinduismus verstehen", "Religionen verstehen", "Bulgarien verstehen"


Wie soll man auf 60 Seiten eine Religion vorstellen, in der es angeblich 330 Millionen Götter gibt? Bei der man nicht einmal von dem Hinduismus sprechen kann, weil es ungezählte Formen und Varianten gibt. Wo selbst der klassische Tanz eine Andacht ist und Gebrauchsgegenstände zu Symbolen des Göttlichen werden. Der in Indien lebende Journalist Rainer Hörig wagte das Unmögliche. Mit Hilfe ausgezeichneter AutorInnen gelang es ihm, einen verständlichen Einstieg in den verwirrenden, phantasievollen und äußerlich schillernd-bunten Glauben zu geben.

Gleichzeitig räumt er mit Klischees und Mythen auf. Gleich am Anfang erfahren wir beispielsweise von Ilja Trojanow, woher die "330 Millionen" Götter stammen. Ein Reisender habe vor vielen Jahren einen Hindu-Priester gefragt, wieviele Götter es in Indien gebe. "So viele wie Menschen", lautete die gewitzte Antwort. Was der Reisende als bare Münze nahm und aus den damals 330 Millionen Einwohnern Britisch-Indiens kurzerhand 330 Millionen Hindu-Götter zauberte. Seitdem geistert diese Zahl durch die Literatur.

Im Hinduismus sind Gott, Welt und Mensch keine scharf getrennten Kategorien, erläutert Martin Kämpchen. Zwischen der göttlichen und menschlichen Sphäre werde nicht unterschieden. Deshalb sei es möglich, dass die abstrakte Gottheit zum persönlichen Gott wird und dieser wiederum menschliche Gestalt annimmt, etwa als "Avatar". Umgekehrt könne ein Mensch göttlichen Rang erhalten, wie in vielen Mythen erkennbar. Ihre erfrischende Direktheit der Verehrung sei ungewohnt. Kämpchen: "Christen verehren Gott als den Menschen Jesus Christus, nehmen dabei aber sein Menschsein weniger wörtlich als Hindus es mit ihren Göttern tun". In Indien werde man überall mit ihnen konfrontiert, auf der Bank, in der Post, im Restaurant, bei Familienbesuchen und sogar in Regierungsämtern. Touristen bewundern vor allem die kunstvollen Tempel und erfreuen sich an dem sinnlichen Treiben ungezählter Feste.

Auch Schattenseiten fehlen nicht. Das Kastenwesen beispielsweise, eine Sozial-Struktur, die selbst Muslime, Buddhisten und Christen nach dem Religionswechsel (ihrer Vorfahren) beibehielten. Oder die rechtsradikalen Hindu-Nationalisten, die bei uns nicht wahrgenommen werden wollen, weil sie - wegen Mahatma Gandhi - nicht zum Mythos des "friedlichen" Indien passen. Dabei stammt der Mörder Gandhis aus ihren Reihen. Gandhi wurde 1948, ein Jahr nach der Unabhängigkeit Indiens und Pakistans, umgebracht, weil er für ein harmonisches Zusammenleben von Hindus und Muslimen kämpfte. Der politische Ableger der Hindu-Fundamentalisten der RSS und ihrer Sturmtruppen dominiert seit 1998 die Zentralregierung in New Delhi, die "Indische Volkspartei" Bharatiya Janata Party (BJP). Die RSS (Rashtriya Syayamsevak Sang/Nationaler Selbsthilfe-Bund) und ihre BJP-Vertreter in der indischen Regierung verlangen in zunehmendem Maße "Hindutva", das Hindutum. Es ist der Begriff für die politische Formel, das gesamte Leben zu hinduisieren und ist in erster Linie gegen die indischen Muslime gerichtet, aber auch gegen (indische) Christen. Buddhisten haben kaum Probleme, weil Buddha als Wiedergeburt der Hindu-Gottheit Vishnu gesehen wird. In Südasien werden die häufig gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Muslimen, teilweise mit Tausenden von Toten, übrigens "communal clashes" genannt.

SympathieMagazin "Hinduismus verstehen", Redakteur: Rainer Hörig, Hg. Studienkreis für Tourismus und Entwicklung, Kapellenweg 3, 82541 Ammerland, Tel. 08177/1783, Fax 1349, www.studienkreis.org, 60 S., 2003.

Geschenkschuber "Religionen verstehen"

Sämtliche Religions-Sympathiemagazine gibt es nun auch als Geschenkschuber "Religionen verstehen". Er beinhaltet die Hefte "Buddhismus verstehen", "Christentum verstehen", "Hinduismus verstehen", "Judentum verstehen" sowie "Islam verstehen" (soeben aktualisiert und überarbeitet).

"Bulgarien verstehen"

Durch wunderbare kleine Geschichten versucht dieses SympathieMagazin, den rasanten Wandel in dem früheren Ostblock-Staat zu schildern. Was die überwiegend einheimischen AutorInnen humorvoll, teils ironisch und mitunter auch wehmütig erzählen, entspricht einem melancholischen Balkan-Blues. Sie lieben ihr Land, aber es ist noch nicht so ganz in Europa angekommen. Vor allem junge Menschen erleben das neue Zeitalter als einen Spagat zwischen Tradition und Moderne und müssen häufig ernüchtert feststellen, dass sich das Interesse für ihre Heimat - noch - in Grenzen hält. Die meisten Mitteleuropäer kennen allenfalls die bulgarischen Urlaubsstrände an der Schwarzmeerküste.

SympathieMagazin "Bulgarien verstehen", Redakteur: Thorsten Brinkmeier, Ammerland 2003, 60 S., Bezug s.o.

(4.704 Anschläge, 61 Zeilen, September 2003)