Sri Lankas Tourismuswirtschaft präsentiert der Welt heute wieder ein Strandurlaubsparadies. Vor dem Tsunami war der Tourismus in Sri Lanka einer der Hauptwirtschaftsfaktoren, und die Regierung setzt alles daran, dass das wieder so wird.
Die extrem kritische Situation aufgrund des seit mehr als 20 Jahren schwelenden Bürgerkriegs zwischen der singhalesischen Regierung und der für ein autonomes Tamilen-Gebiet kämpfenden LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam) wird dabei unter den Teppich gekehrt. Doch dieser Konflikt lässt es bis heute nicht zu, dass auch der Nordosten des Landes vom Tourismus profitiert. Nach der unheilvollen Tsunamiwelle vom Dezember 2004 waren die Menschen in Sri Lanka und kritische Beobachter zuversichtlich, dass die politisch-ethnischen Probleme zwischen Singhalesen und Tamilen in einem solidarischen Aufschwung beendet werden könnten. Dazu hätte auch die Förderung eines nachhaltigen und sozialverträglichen Tourismus in allen Regionen beitragen können.
Der geschundene Nordosten
Die hinduistischen und muslimischen Tamilen in Sri Lanka siedeln vor allem im Norden und Osten der Insel. In dieser Region hat der Tsunami besonders verheerend gewütet und Tausende von Menschenleben gefordert. Trotz der vielen Hilfsorganisationen, die herkamen, um Wiederaufbau zu leisten (durch den Bau von Häusern, Einkommen schaffende Maßnahmen und psycho-soziale Hilfe), ist die Benachteiligung des Nordostens gegenüber den von buddhistischen und muslimischen Singhalesen bewohnten Gegenden offenkundig. Obwohl endlich auch die Küstenstraße im Osten wieder instand gesetzt wird, hinkt die Region weit hinter der Entwicklung der Süd- oder Westküste her, auch, was die touristische Entwicklung betrifft.
Vor allem aber leidet der Nordosten weiter unter dem Bürgerkrieg, der noch immer viele Menschenleben kostet. Der andauernde politische Konflikt ist hier überall zu spüren. Grundstücke sind mannhoch eingezäunt, spätestens bei Dunkelheit sind die Straßen leer. Militärlager säumen die Wege. Die Straßen sind gespickt mit Kontrollposten der Armee. Attentate sind an der Tagesordnung. Zurzeit rät das deutsche Auswärtige Amt wegen der Gefährdungslage dringend von Reisen in die nördlichen, östlichen und südöstlichen Landesteile ab. Reisegruppen auf dem Weg zu touristischen Highlights des Hinduismus wagen sich, wenn überhaupt, nur bis zu den Kulturstätten Sigiriya und Pollonaruwa, die im (Nord-)Osten, aber nicht im von der LTTE kontrollierten Gebiet liegen. Von hier sind es noch zwei Autostunden bis an die vom Tsunami betroffene Küste. Tourismus gab es im Nordosten Sri Lankas in den vergangenen 20 Jahren nur in zaghaften Initiativen: kleine Hotels, Pilgertourismus zu den hinduistischen Tempeln und Verwandtenbesuche aus dem Ausland, denn mehr als die Hälfte aller Sri Lanka-Tamilen leben nicht auf Sri Lanka. Es gibt kaum Hotels und Restaurants, die ausländischen Standards entsprechen. Die Perspektive „Peace through Tourism“ blieb bisher unerfüllt.
Erste Ansätze für nachhaltigen Tourismus
Bis heute fehlt der exotisch-tropischen „Träne im Indischen Ozean“ ein Konzept für einen sozial- und umweltverträglichen Tourismus, der den Gemeinden direkt zugute kommt. Im Süden und Westen Sri Lankas sind allerdings einzelne vielversprechende Aktivitäten im Gange. Die Nichtregierungsorganisation Sewalanka hat so genannte „homestay“-Tourismusprojekte identifiziert und bietet Trainingsprogramme und Unterstützung beim Marketing an. Schwerpunktregion ist das Surfer-Paradies Arguam Bay, wo Sewalanka mit Finanzierung aus dem Ausland und in Kooperation mit der Sri Lanka Ecotourism Foundation (SLEF) die Einkommensmöglichkeiten durch Tourismus zu erweitern versucht. Auch die Nichtregierungsorganisation Sarvodaya räumt dem Tourismus einen wichtigen Stellenwert ein und baut gemeindebasierte Projekte in touristisch interessanten Gegenden und ein weltweites Vertriebsnetzwerk auf. Die Programme beinhalten die Ausbildung von Reiseleitern, Sprachunterricht, Hygiene-Schulungen und alles, was unter dem Begriff „hospitality“ zusammengefasst wird.
Im Nordosten hat der politisch-ethnische Konflikt bisher jegliches Engagement für einen „alternativen“ Tourismus im Keim erstickt. An Tourismus-Investitionen zu denken, scheint derzeit illusorisch. Durch die Ignoranz des Sri Lanka Tourist Boards bezüglich des gesellschaftlichen, kulturellen und friedensstiftenden Potenzials eines „community based tourism“ geht eine große Chance verloren. So wird der Weg zu einer nachhaltigen Tourismusentwicklung noch lang und mühsam sein.
Julia Schönhärl war von September 2005 bis August 2006 als Projektkoordinatorin für eine deutsche Hilfsorganisation in einem Tsunami-Projekt an der Ostküste Sri Lankas tätig.
(4.895 Anschläge, 65 Zeilen, September 2006)
Anm. d. Red.: Aktuelle Reisewarnungen und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes finden Sie im Internet unter www.auswaertiges-amt.de.