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"Sprachschlüssel Ökotourismus"

Kleiner Sprachschlüssel des Arbeitskreises Tourismus & Entwicklung Basel


Vorsicht! Ökotourismus ist ein Heilmittel. Offiziell sind den Fachleuten bislang weder Risiken noch Nebenwirkungen bekannt; sie raten zum bedenkenlosen Konsum. Sollten dennoch Bedenken auftreten, lesen Sie bitte den "Beipackzettel" - d.h. das Informationspaket zum Thema Ökotourismus - auf unserer Homepage www.akte.ch. Zur Entschlüsselung der wichtigsten Schlüsselbegriffe empfehlen wir Ihnen den untenstehenden Sprachschlüssel. Anregungen und Ergänzungen aus Ihrem Erfahrungsschatz nehmen wir jederzeit gerne darin auf.

 

ANREISE

Wird bei der Begutachtung des Ökotourismus offiziell vorzugsweise gar nicht in Betracht gezogen. ÖkotouristInnen scheinen wie durch ein Wunder ins Ökoland gebeamt und da durchgeschleust zu werden. Die Reiserei, insbesondere die Anreise, könnte die Ökobilanz ungemein verschlechtern, befinden sich doch viele "Ökotourismus-Destinationen" per Definition in entlegenen Gebieten, die nur per Flug zu erreichen sind.

 

 

BEST PRACTICE

Eine Art Schönheitswettbewerb mit höchst gewinnbringender Spielregel: Man schaut nur hin, wo's schön aussieht.

 

 

BIODIVERSITÄT

Kann endlich durch Ökotourismus angemessen marktwirtschaftlich in Wert gesetzt werden.

 

 

DIALOG

Wird offiziell mit Inbrunst gepflegt - Reden fällt allemal leichter als Handeln.

 

 

IYE

Steht für: "International Year of Ecotourism 2002", von den Vereinten Nationen zur Promotion - lies: Prämierungsveranstaltung - des Ökotourismus lanciert.

 

 

INDIGENE VÖLKER

Werden in der Reisewerbung gerne mit dem Attribut "pittoresk" versehen - zumindest solange sie nicht allzu aufmüpfig sind. Die rund 300 Millionen Menschen, die zu den Urvölkern der Erde zählen, haben allerdings guten Grund, sich zu wehren. Denn sie bewohnen, von Land- und Nutzungsrechten in ihrem Lebensraum vielfach bedroht, die Gebiete mit der heute noch reichsten biologischen Vielfalt, die der Ökotourismus zu seinem beliebtesten Tummelfeld erkoren hat.

 

 

KULTUR

Liefert - nebst der unberührten Natur (s. Paradies) - exzellente Verkaufsargumente, ist aber leider äusserst zerstörungsanfällig durch Coca Cola, McDonalds etc.

 

 

MULTI-STAKEHOLDER-PROCESS

Trotz anderweitigen Gerüchten handelt es sich dabei nicht um ein neues Gesellschaftsspiel in der Fortführung des beliebten "Mikado". Seit dem Umweltgipfel von Rio 1992 gewinnt die Einsicht an Bedeutung, dass die verschiedensten Interessengruppen aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft gemeinsam dazu beitragen müssen, dass die Umwelt auch für künftige Generationen erhalten bleibt. Fingerspitzengefühl und Geschicklichkeit sind - wie beim "Mikado" - auch in diesem "Prozess" gefragt; von den Einen mehr, denn Andere setzen ihre Interessen auch so durch, weil sie ohnehin an den Schalthebeln der Macht sitzen.

 

 

NACHHALTIGKEIT

Wertvolle Bereicherung des Wortschatzes vieler Verantwortlicher aus Politik und Wirtschaft seit dem Umweltgipfel von Rio 1992. Hinterlässt in diesem Zusammenhang nachhaltig den Eindruck, beim Gebrauch zunehmend zur Worthülse zu verkommen, was ursprünglich den wichtigen "Generationenvertrag" bezeichnet wollte, dass heute nicht mehr Ressourcen konsumiert werden dürfen als nachwachsen, damit die Umwelt für künftige Generationen lebenswert bleibt.

 

 

NATIONALPARK

Angestammter Lebensraum des Ökotourismus. Mit anderen Lebewesen, insbesondere Menschen, die in dem Raum leben, kommt es bedauerlicherweise manchmal zu Härtefällen (s. Indigene Völker).

 

 

NATUR

Eignet sich besonders in der Kombination mit "...-nah" zur attraktiven Umschreibung von Ökotourismusprojekten.

 

 

NGO

Kürzel für "Non Governmental Organisation", lies im Zusammenhang mit Ökotourismus: NotwendiGes Opfer, das auf dem Altar der Partizipation (s. Partizipation) erbracht werden muss.

 

 

ÖKO

... Vorsicht bei der Dosierung! An sich ist "Öko" völlig out, wenn's sich in Wollsocken, Gesundheitsschuhen und Konsumverzicht äussert. Wohldosiert bleibt's ein schlagendes Verkaufsargument: Wer will schon ein "Öko-Schwein" sein?

 

 

ÖKOTOURISMUS

Einmaliger Zuchterfolg bei der Gattung der "eierlegenden Wollmilchsau". Das Gerücht hält sich nachhaltig, die Eier seien golden.

 

 

ÖKOTOURISTINNEN

In Analogie zum Ökotourismus: Neue Gattung "eierlegender NaturschützerInnen", wobei hier über die Art der Eier offenbar Stillschweigen vereinbart wurde.

 

 

PARADIES

Fahren Sie hin, bevor's zu spät ist! Empfiehlt sich insbesondere in Verbindung mit "letztes"... als ultimatives Verkaufsargument, das bislang auch bei Gottesfürchtigen und Bibelfesten locker durchzugehen scheint.

 

 

PARTIZIPATION

Neben "Nachhaltigkeit" das bahnbrechende Passwort, um Tourismus-Resolutionen mit ethischem Anspruch auf dem internationalen Parkett erfolgreich über die Bühne zu bringen.

 

 

WIDERSTAND

Lohnt sich! Denn kaum eine Branche ist so auf ihr Image bedacht wie die Tourismuswirtschaft, die unter anderem vom guten Ruf und den lockenden Bildern ihrer Reiseziele lebt. Widerstand ist im Tourismus da notwendig, wo die elementarsten Menschenrechte verletzt werden, im Falle des Ökotourismus oft genug das Recht auf Zugang zu lebensnotwendigen Ressourcen, Land, Wasser, angestammtem Lebensraum, aber auch das Recht auf Mitsprache bei der Gestaltung der Zukunft.

 

 

WTO

Ähnlichkeiten mit real existierenden Institutionen wie der Welthandelsorganisation oder der Welttourismusorganisation sind rein zufällig. Das Kürzel steht für: Wir Tun's auch Ohne euch. Mit "euch" sind die Betroffenen gemeint.

 

 

www

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