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Pater Shay Cullen erhält Menschenrechtspreis

Weimar ehrt Kinderschützer von den Philippinen, der von der internationalen "Sex-Mafia" bedroht wird


Für seinen Mut und seine Verdienste wurde der irische Priester Shay Cullen am 10. Dezember mit dem Menschenrechtspreis der Stadt Weimar ausgezeichnet. Cullen (57) setzt sich trotz starker Bedrohungen seit drei Jahrzehnten auf den Philippinen für Minderjährige ein und bekämpft besonders die brutalen Kinderrechtsverletzungen im Bereich des sexuellen Mißbrauchs.

1972 gründete er in Olongapo City die private Hilfsorganisation PREDA, die sich zu einer Zufluchtsstätte entwickelte. Unter Cullens Leitung entstand ein Programm, das versucht, den Opfern - häufig Straßenkinder - den Weg in ein normales Leben zu ebnen. Für die traumatisierten Kinder wurde ein Heim geschaffen, das ihnen Geborgenheit, Schutz und eine Schulbildung bietet. Sie werden von ausgebildeten Psychologen therapiert. Die hauseigene Kindertheatergruppe trat kürzlich in 27 Städten in Deutschland einschließlich der EXPO in Hannover auf, um durch das Stück "Die Zukunft sind wir!" auf ihre Probleme aufmerksam zu machen.

Der engagierte Priester konnte den Preis allerdings nicht persönlich entgegen nehmen. Eine erneute Rufmordkampagne als angeblicher Kinderschänder verhinderte seine Ausreise. Wie sein Stellvertreter Alex Corpus Hermoso berichtete, soll Cullen wieder einmal des Landes verwiesen und die PREDA-Mitarbeiter durch gefälschte Beweismittel ins Gefängnis gebracht werden. PREDA werde von Geheimagenten beschattet und fürchte die Rache der internationalen Sex-Mafia: "Unsere Gegner in der Sex-Industrie in Olangapo City werden, wie ich zu meinem Bedauern sagen muß, ausgerechnet von einem Deutschen angeführt. In den letzten Jahren wurden 59 Anklagen gegen uns eingereicht. In 36 Verfahren konnten wir bisher beweisen, daß sie verleumderisch sind und auf Lügen und gefälschtem Material beruhen. Die anderen Fälle laufen noch".

Selbst ein Priester-Kollege, Pater Michael Duffin, agiert heute gegen Cullen. "Aus Neid auf die Spenden für PREDA?", fragte sich der Journalist Klaus Scherer, der für den "Weltspiegel" der ARD am 10. Dezember einen Film in der Olangapo-Bucht gedreht hatte. Er hatte Duffin ausgerechnet in Baloy Beach in der Bar des Deutschen Harry Joost entdeckt, der gegen Cullen zu Felde zieht. Duffin erklärte süffisant, niemand sei in Olangapo unersetzlich, auch Pater Cullen nicht...

In Olangapo, einem früheren Marinestützpunkt der USA, hatte sich im Zuge des Vietnamkrieges ein ausgedehnter Rotlichtbereich entwickelt, dessen "Infrastruktur" nach dem Rückzug der Amerikaner nahtlos von der philippinischen Freizeit- und Tourismusindustrie übernommen wurde. Es entstand ein organisierter Sextourismus mit Kindern, dessen Angebote einheimische und ausländische Männer ausgiebig nutzen.

Kampf gegen globalisierte Sexsklaverei

Unter großer persönlicher Gefahr recherchiert Cullen auch selbst im Milieu. Um Zuhälter und Kinderhändler zu entlarven, ging er beispielsweise verdeckt auf Scheingeschäfte ein. Vehement und häufig im Kampf gegen korrupte lokale Behörden setzt er sich dafür ein, daß die Täter überführt und vor Gericht gebracht wurden. Der erste deutsche Kinderschänder, der wegen eines im Ausland begangenen Verbrechens zuhause - 1996 in Iserlohn - verurteilt wurde, ging ebenfalls durch das beharrliche Engagement Cullens ins Netz.

Cullen und Hermoso betonen, daß es auf den Philippinen eine starke Bürgerbewegung zum Schutz der Würde der ausgebeuteten Menschen, zur Rettung der Umwelt und zur Sicherung der Arbeitsplätze vor dem Raubbau der Globalisierung gebe. Menschenrechtsarbeit sei jedoch immer noch riskant und gefährlich. Hunderte bekämpften die Prostitution von Kindern und Jugendlichen und das Übel des Sextourismus. Es habe bereits viele Verurteilungen von Pädophilen gegeben, die gegenwärtig lange Gefängnisstrafen absäßen, unter ihnen auch einige ausländische Sextouristen.

Die Globalisierung der Sexsklaverei findet laut Cullen besonders in jenen Ländern Asiens statt, wo Regierungsbeamte in- und ausländische Investitionen in den Sextourismus begrüßen und fördern. Diese Beamten seien es, die die Geschäftslizenzen für die Schauplätze des Kinder- und Frauenhandels erteilten, also für einschlägige Hotels, Bars und Clubs. Westliche und asiatische Ausländer investierten darüberhinaus gerne in Etablissements, die speziell auf ihre jeweiligen Landsleute zugeschnitten seien.

PREDA arbeite allerdings mit aufrichtigen Regierungsbeamten zusammen, die gegen die Sexindustrie und die Prostitution mit Kindern kämpfen. Selbst sie würden von der Sex-Mafia bedroht und verleumderisch beschuldigt.

Cullen hofft, daß der geplante Internationale Gerichtshof eine machtvolle Institution wird, die Menschenrechtsverletzer, Tyrannen und Folterer ihrer gerechten Strafe zuführt. Das schließe Sklavenhändler mit ein, die "Millionen von Kindern entmenschlichen, ihrer Kindheit berauben und wie Ungeziefer vernichten".

Er sagt: "Das Leben der Frauen, die durch den globalen Sexhandel versklavt sind, ist unmenschlich. In den schlimmsten Etablissements werden sie an Betten gekettet, in dunkle Räume eingesperrt und mehrmals am Tag vergewaltigt. Man gibt ihnen Essen, das für Menschen ungenießbar ist, und sie werden sogar gequält und gefoltert, um sie unterwürfig und ergeben zu machen. Jahre später wirft man sie einfach weg, wenn sie zu alt oder krank geworden sind. Tausende junger Menschen werden täglich mit dem Aids-Virus infiziert".

"Armut beseitigen!"

In seinem Dankeswort, das in Weimar verteilt wurde, richtete Cullen auch einen leidenschaftlichen Appell an die internationale Staatengemeinschaft: "Sextourismus ist heute eine globale Industrie. Die Türen der armen Länder stehen dem zerstörerischen Geschäft der Sklaverei weit offen. Beschränkungen für den Handel mit Menschen sind kaum vorhanden.

Wir müssen das Gewissen der internationalen Gemeinschaft wachrütteln, das Gewissen der Regierungen in Ländern mit Sextourismus, der Entwicklungsorganisationen und der finanziellen Institutionen (wie Weltbank, IWF und Welthandelsorganisation), die diese Regierungen unterstützen und deren Projekte finanzieren. Sie alle müssen verantwortlich gemacht werden für die Armut, die Unschuldige in die Fänge des Sexhandels treibt, für die Zerstörung ihrer Würde und ihres Lebens. Denn sie können sich für die Interessen der Armen einsetzen und Druck auf die Regierungsbeamten ausüben, den Sextourismus zu beenden und gesunde Alternativen zu entwickeln.

Aus diesem Grund ist fairer Handel (fair trade) so wichtig. Er bringt Wohlstand in ländliche Gebiete, er hält Familien zusammen und hilft den Ärmsten durch angemessene Preise, zinslose Kredite und starke Märkte. Fairer Handel sorgt für Bildung und ein ausreichendes Auskommen. Er stoppt die Abwanderung in die Slums der Großstädte, wo viele Arme für die Prostitution rekrutiert werden".

Internet-Kampagne gegen die Erschießung von jungen Obdachlosen

Im September 1999 startete PREDA eine Kampagne im Internet, um gegen die öffentliche Erschießung von obdachlosen Jugendlichen durch Todeskommandos zu protestieren. Zwischen Februar 1999 und Oktober 2000 wurden 13 Jugendliche im Alter von 16 bis 25 Jahren allein in Davao City im Süden der Philippinen erschossen. Die Behörden wiesen jede Verantwortung von sich und klagten im Gegenzug Shay Cullen und zwei seiner Mitarbeiter wegen Verleumdung an. Sie stellten sogar Haftbefehle aus und forderten Stillschweigen gegenüber der Presse.

Alex C. Hermoso dankte in Weimar den zahlreichen Organisationen, die sich mit PREDA durch die "Gemeinsame Erklärung zur Rufmordkampagne gegen Pater Shay Cullen" solidarisiert hatten, und hofft auf weitere Unterstützung in den kommenden Monaten:

  1. bei der Forderung nach einer unverzüglichen und unparteiischen Prüfung der Anschuldigungen gegen Pater Shay Cullen;
  2. beim Kampf gegen die Ermordung obdachloser Kinder und Jugendlicher durch Todeskommandos in Davao City und anderen Orten;
  3. bei der Bekämpfung der internationalen Sex-Mafia und ihrer pädophilen Helfershelfer, die Not leidende Kinder und Frauen ausbeuten.

    PREDA Human Development Center - Father Shay Cullen Upper Kalaklan Olangapo City Philippinen Tel.:0063-47-22 39 629 Fax: 22 39 628 E-mail: predair@preda.orgwww.preda.org

    (8.282 Anschläge / 118 Zeilen, Dezember 2000)