Blog

Nachhaltigkeit auf der ganzen Linie?

CSR in touristischen Zuliefererketten


"Corporate Social Responsibility (CSR) wird gern für alle vermeintlich guten Taten im Tourismus genutzt." Diese provokante These warf Heinz Fuchs (EED Tourism Watch) in seiner Präsentation am Ende des Symposiums "Nachhaltigkeit auf der ganzen Linie? CSR in touristischen Zuliefererketten" ein. Die Veranstaltung von "GATE - Netzwerk, Tourismus, Kultur e.V." und verschiedenen Partnern fand am 20. und 21. November 2009 in Hamburg statt. Sie machte deutlich, dass die Frage nach der gesellschaftlichen Unternehmensverantwortung im Tourismus eine immer wichtigere Rolle spielt.

So verwies Rika Jean-François von der ITB Berlin auf Studien, die die Bereitschaft der Konsumenten untersuchten, für unternehmerisches Engagement zu zahlen. Trotz relativ niedriger Prozentzahlen sei die Tendenz steigend. Allerdings ist das Konzept des "Modebegriffs" CSR nicht immer klar. Die Aussage "Der Kunde ist überfordert und versagt" brachte dies zum Ausdruck. Es spiegelte sich zudem in den unterschiedlichen Versuchen wieder, CSR in touristischen Zuliefererketten umzusetzen.

Verschiedene CSR-Ansätze

So besteht das Engagement der Touristiksparte der Rewe Group größtenteils aus dem Erstellen von Broschüren und Informationsmaterialien zu Nachhaltigkeitsthemen. Eine klare Verankerung von CSR in der Unternehmensführung, also im Kerngeschäft, und die Einbeziehung von CSR in die täglichen Entscheidungsprozesse - eine grund­legende Komponente des Konzepts - ist dabei nicht zu erkennen.

Das neue Zertifizierungssystem "TourCert", mitentwickelt von der Kontaktstelle für Umwelt & Entwicklung (KATE Stuttgart) versucht die Komplexität von CSR in touristischen Zuliefererketten mess- und bewertbar zu machen. Dabei wird auf die Selbstevaluierung der Unternehmen gesetzt, und auf einen fortlaufenden Lern- und Verbesserungsprozess der Zertifizierungswilligen.

Das Konzept und die Umsetzung von CSR spielen in Europa eine zunehmend wichtige Rolle. Incoming-Agenturen sowie anderen touristischen Akteuren in so genannten Entwicklungsländern ist der Begriff aber meist noch fremd. Die Inhalte und Ziele sind jedoch durchaus bekannt. Es wurde deutlich, dass die Problematik unterschiedlicher Organisationskulturen oft vernachlässigt wird und gut gemeinte Ansätze daran scheitern können. Einem Busfahrer in Ecuador, der eine 10-Stunden-Strecke nicht mehr fahren darf, aber keinen zweiten Fahrer bezahlen kann und dadurch seinen Auftrag verliert, nutzt die reine "Abarbeitung" allgemeiner Kriterien nichts. Hier muss konkret und auf die Umstände abgestimmt gehandelt werden.

Einbindung der lokalen Bevölkerung

Nichtsdestotrotz gibt es beachtenswerte Initiativen wie die "Corporate Social Responsibility Market Access Partnerships (CSR-MAP) for Thai Sustainable Tourism Supply Chains", vorgestellt vom Projektmanager Peter Richards per Live-Schaltung aus Thailand. Diese Initiative hat das Ziel, mit partizipativ entwickelten und kulturell angepassten CSR-Standards durchgängig nachhaltige Reiseprodukte zu erarbeiten und auf den Markt zu bringen. Momentan sieht die Initiative sich vor das Problem gestellt, einen effektiven Marktzugang in Europa zu finden.

Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) bemüht sich, durch CSR-Maßnahmen armutsmindernde Effekte zu erzielen. Dies soll zum Beispiel dadurch geschehen, dass Hotelküchen ihre Lebensmittel von einheimischen Bauern beziehen. Zukünftig sollen die Maßnahmen auch Produkte außerhalb des Lebens­mittelbereichs umfassen. Das heißt zum Beispiel, dass in Hotels zur Verfügung gestellte Kosmetikprodukte bestimmte Kriterien, wie lokale Produktion und ökologische Unbedenklichkeit, erfüllen sollen.

Eine Erkenntnis der Veranstaltung ist, Corporate Social Responsibility als einen Prozess zu verstehen, der in der Entwicklung steckt. Vieles wurde bereits angestoßen und das Symposium bot eine wichtige Möglichkeit zum Austausch. Trotzdem lautete das Fazit vieler Teilnehmerinnen und Teilnehmer: "Es gibt noch viel zu tun!"

Eine Dokumentation zu dieser Veranstaltung und zum Thema CSR wird zur Internationalen Tourismusbörse (ITB) 2010 erscheinen.

Weitere Informationen: www.gate-tourismus.de/zuliefererketten.html

Katja Plume ist Vorstandsmitglied bei "GATE - Netzwerk, Tourismus, Kultur e.V." und schließt momentan ihr Masterstudium "Nachhaltiges Tourismusmanagement" an der Fachhochschule Eberswalde ab.

(4.427 Anschläge, 61 Zeilen, Dezember 2009)