Das Thema Nachhaltigkeit ist in der Tourismusökonomie angekommen. Zumindest theoretisch, im Lehrbuch „Tourismusökonomie“ von Volker Letzner. In dessen zweiter Auflage zieht sich die „Querschnittsproblematik“ wie ein roter Faden durch alle Lehrmodule. Im Kern geht es vor allem um negative externe Effekte als Grundübel nichtnachhaltiger Tourismusentwicklung. Denn die Kosten von Umweltproblemen werden nicht von denen getragen, die sie verursachen, sondern auf die Allgemeinheit oder bestimmte besonders betroffene Gruppen abgewälzt. Ökonomisch nachhaltig ist ein Tourismusangebot in der Theorie erst dann, wenn die Konsumenten mit dem Preis, den sie zahlen, auch alle volkswirtschaftlichen Kosten des Angebots tragen, d.h. sämtliche Kosten „internalisiert“ sind, einschließlich der Umweltkosten in den Bereichen Energie und Verkehr. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Grundparadoxon der „Inwertsetzung durch Zerstörung“. Es wird gezeigt, wie touristische Ziele zum einen durch Infrastruktur erst erschlossen werden. Zum anderen werden sie durch Über-Erschließung womöglich geschädigt oder zerstört. Die Herausforderung bestehe darin, den jeweils optimalen Erschließungsgrad zu finden. Das mag in der Theorie einfach klingen, in der Praxis ist es eine schwierige Frage des Aushandelns und Festlegens von Präferenzen der verschiedenen Beteiligten. Verkompliziert werde die Gefahr der Über-Erschließung dadurch, dass es sich bei vielen Attraktionen (bzw. „Attraktoren“) um so genannte Allmende-Güter handelt, von deren Nutzung niemand ausgeschlossen werden kann und bei denen es, anders als bei öffentlichen Gütern, zu einer Rivalität im Konsum kommt – zum Beispiel an überfüllten öffentlichen Stränden. Die Privatisierung als typische Antwort der Ökonomie auf die „Allmendetragödie“ hat oft unerwünschte Nebenwirkungen. Um die zu erfassen, muss man jedoch über den Tellerrand der Tourismusökonomie hinausschauen. Auch das leistet das Buch, z.B. mit dem Hinweis auf die Beschränkung von Freiheiten und Demokratie durch Privatisierung. Es werden mögliche Instrumente vorgestellt, darunter Nutzungsentgelte (z.B. Eintrittsgelder), Nutzungsbegrenzungen, Kurtaxen (die sich auf Kultur- und Naturtaxen erweitern ließen) und Emissionsrechte, die besser dazu betragen könnten, Tourismusentwicklung unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu steuern.
Tourismusökonomie. Volkswirtschaftliche Aspekte rund ums Reisen. Von Volker Letzner. De Gruyter Oldenbourg, 2. Auflage, 2014. 276 Seiten, ISBN-13: 978-3110369915
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(2.545 Zeichen, März 2017, TW 86)