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Ländershow auf der EXPO 2000 in Hannover

Motto: "Mensch-Natur-Technik - eine neue Welt entsteht"


Als "erste Lektion" auf der Expo gewann Theodor Geus, "Reiseblatt"-Chef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), die Einsicht, "daß das globale Dorf, das sich mit Glanz präsentiert, seine Hinterhöfe hat und die Einteilung in eine erste, zweite und dritte Welt noch immer funktioniert". Offensichtlich sei auch die "Fähigkeit zu Visionen und Demokratien nicht gerecht über den Erdball verteilt", denn hinter einigen "verlockend schönen Pavillon-Hüllen" verberge sich "gar nur Tourismuswerbung" oder "nationales Pathos". Manche Stände sähen nicht anders aus als auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin.

Eindringlich sei dagegen, was Nepal zur Expo beitrage: "Es ist ein Tempel, dessen wortlose Schönheit keines Kommentars bedarf - merkwürdig und fremd, weil er zu einem Augenblick der Meditation einlädt und sich der Einordnung unter das Expo-Thema Mensch-Natur-Technik entschlossen entzieht" (FAZ, 29.6.2000). Der Ruhepol, halb buddhistischer Stupa und halb Hindu-Pagode, entstand durch die Kunstfertigkeit von 800 Familien, die in Nepal drei Jahre an dem 20 Meter hohen Pavillon arbeiteten. Entweiht wird er allerdings - trotz heftiger nepalischer Proteste - durch die nachträgliche Entscheidung der Expo-Leitung, nur wenige Meter entfernt ein riesiges bayerisches Bierzelt samt Toiletten für 3400 Gäste aufzustellen. Eine Holzwand soll nun die Sicht verhindern und den Schall bierseliger (Möchtegern-)Bayern schlucken. Die Süddeutsche Zeitung zitierte die Expo-Macher in ihrem Beitrag "Meditieren bei Blasmusik", es sei "Daseinszweck der Expo, scheinbar Auseinanderstrebendes nebeneinander zu arrangieren".

Wer die Expo unter entwicklungspoltischen Aspekten besuchen will, kann durchaus auf seine Kosten kommen. Es gibt ein riesiges Angebot an Seminaren, Workshops, Kulturprogrammen und Ausstellungen, etwa im "Global House" oder im Themenpark in den Bereichen "Mensch" und "Basic Needs". Die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend (aej) bietet zu diesem Zweck neben Unterkünften kostenlose Führungen für Schulklassen, Jugend- und Partnerschaftsgruppen an. Einzelheiten bei der aej, Entwicklungspolit. Referat, Otto-Brenner-Str. 9, 30159 Hannover, Tel. 0511/1212145.

Kritisch begleitet wird die Expo von EXPO-Watch. Das Büro in Hannover wird getragen von der "Arbeitsgemeinschaft der Eine-Welt-Landesnetzwerke in Deutschland (agl)" und der Süd-Nord-Initiative GERMANWATCH. Informationen und Publikationen bei Expo-Watch, Husarenstr. 27, 30163 Hannover, Tel. 0511/39 49 190, Fax 39 16 75, Email: buero@expo-watch.org, Website: www.expo-watch.org. Der "Bundeskongreß der entwicklungspolitischen Organisationen (BUKO)" lehnte dagegen eine Beteiligung ab.

Informationen der offiziellen Entwicklungshilfe und über Nationentage gibt es im "Global House" im "Club-Cafe", das die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) einrichtete, sowie in deutscher und englischer Version in einem "One World Guide". Details im Global House oder telefonisch über Handy 0172/7827994, per Fax 06196/797317 oder auf der One-World-Site im Internet: http://expo2000.gtz.de.

(3.204 Anschläge / 44 Zeilen, Juli 2000)

Anmerkung der Redaktion: Auch das Himalaya-Königreich Bhutan, von Touristen, der Tourismuswirtschaft und zahllosen Wissenschaftlern unverändert als "ökologisches Paradies" beschworen, ist mit einem eindrucksvollen religiösen Pavillon vertreten. Daß jedoch seit mehr als zehn Jahren dunkle Schatten über dem kleinen Land liegen, wird aus den beiden folgenden Beiträgen deutlich. Der im Exil lebende Ratan Gazmere schildert die Probleme zuerst in einer kurzen Übersicht. Der ausführliche Hintergrundbericht entstammt der Feder eines Kulturwissenschaftlers, der in Bhutan forschte.

Vgl. auch TourismWatch Nr. 8, März 1996, S. 8ff und TW 9, März 1997, S. 8f.