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Kommentar zur UNWTO Klima-Konferenz in Davos

Anpassung statt Vorbeugung?


Die Davos-Deklaration und ihre Ziele sind ein Meilenstein zum Klimaschutz im Tourismus und ein erheblicher Fortschritt seit der ersten WTO-Klimakonferenz in Djerba 2003. Die Einsicht der UNWTO und der Reisebranche, sich den Herausforderungen stellen zu müssen, und sich auch selbst an der Lösung des Problems zu beteiligen, ist wegweisend.

Die Deklaration bietet eine fundierte Basis, um die Rolle und Verantwortung der Reisebranche in Bali nachdrücklich zu vertreten. Allerdings soll diese Deklaration in Bali nicht in ein Protokoll oder eine Verpflichtung einfließen, sondern lediglich Denkanstösse zum politischen Handeln liefern. Kurzfristig gesehen ist es ein Erfolg, dass die Rolle und Verantwortung des Tourismus in Bali überhaupt diskutiert wird. Das Ziel sollte aber sein, dass auch im Tourismussektor harte Kriterien zum Klimaschutz im Rahmen der Klimawandel-Konferenz der Vereinten Nationen debattiert werden und dann auch für die Länder verpflichtend in das Protokoll einfließen.

Noch hoher Aufklärungsbedarf

Die Konferenz in Davos hat gezeigt, dass das Thema Klimaschutz bei weitem noch nicht in alle Bereiche der Reisebranche vorgedrungen ist und dass es hier noch erheblichen Aufklärungsbedarf gibt. Die Deklaration als „Ergebnis“ der Konferenz lässt nicht erkennen, dass die Debatten in Davos in der Tat auf wesentlich niedrigerem Niveau geführt wurden und die Ergebnisse auch nicht mit der Entschlossenheit vereinbart wurden, die das Abschlusspapier suggeriert. Dennoch wurde die Davos-Deklaration am Ende einstimmig verabschiedet.

Es wurde auf der Konferenz nur sehr wenigen Praxisbeispielen ein Forum gegeben. Konkrete Maßnahmen wurden kaum vorgestellt, geschweige denn, besprochen. Die Podiumsdiskussionen vermittelten den Eindruck, als wollten die Teilnehmer eher davor warnen, den Tourismus an den Pranger zu stellen, als wirklich zur Problemlösung beizutragen. So warnten oder baten fast alle Podiumsteilnehmer, den Tourismus in der Klimadebatte nicht zum Alleinverantwortlichen zu erklären. Es sei gefährlich zu raten, auf Flugreisen zu verzichten, denn schließlich sei der Tourismus auch ein Mittel zur Armutsbekämpfung und habe nur einen geringen Anteil an den globalen Emissionen.

Doch ist man nicht gerade auf einer Konferenz zum Thema Klimawandel und Tourismus, um eben den Tourismus und seine Klimawirkung zu beleuchten und dann Anpassungsstrategien und Möglichkeiten zur CO2-Reduzierung zu entwickeln?

Katastrophenvorsorge kein Thema

Die Rechnung, der Tourismus habe nur fünf Prozent Anteil an den globalen Emissionen, basiert nicht auf den Daten des vierten IPCC-Berichts vom April 2007. Der Klimarat der Vereinten Nationen (Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC) liefert in diesem Bericht eine Datengrundlage, nach der alleine der Flugverkehr einen Anteil von drei bis acht Prozent an den globalen Emissionen hat.

Bereits die Agenda der Konferenz ließ den Eindruck entstehen, als ob die Reisebranche kein besonders großes Interesse daran hat, die Klimaemissionen zu minimieren, sondern sich eher Anpassungsstrategien widmen wolle. Restzweifel räumte Geoffrey Lipman (UNWTO) aus, der die Agenda vorstellte und erklärte, warum man nur einen Tag über Emissionsminimierung debattiere: „Weil es hier natürlich in erster Linie um Anpassungsstrategien geht“.

Dabei wurden weder im Rahmen der Risikominimierung noch bei den Anpassungsstrategien die sozialen Auswirkungen des Klimawandels auf die bereisten Destinationen erörtert. Die Frage an die Reiseveranstalter, ob über Mechanismen der sozialen Absicherung für die Beschäftigten im Tourismus nachgedacht werde, die als Konsequenz des Klimawandels ihren Arbeitsplatz verlieren können, wurde erstaunt verneint. Überlegungen zur Katastrophenvorsorge für die bereisten armen Länder, die nicht die Möglichkeit haben, ihr Leben oder ihren Besitz gegen Naturkatastrophen zu schützen, hatten nach Ansicht der Reiseveranstalter in diesem Forum überhaupt nichts zu suchen.

Mit gutem Beispiel voran?

Die UNWTO hatte sich zum Ziel gesetzt, eine klimaneutrale Konferenz durchführen. Sie hatte alle Teilnehmer gebeten, ihre Emissionen, die durch die Flugreise zur Konferenz anfallen, bei drei empfohlenen Klimakompensationsanbietern einzusparen. Bei den Anbietern Myclimate aus der Schweiz sowie Atmosfair aus Deutschland und der Stiftung für Umwelterziehung (FEE) aus Dänemark haben bislang 72 Flugreisende ihren Klimabeitrag geleistet, so dass insgesamt 236 Tonnen CO2 eingespart werden konnten. Viele der 450 Teilnehmenden kamen auch mit der Bahn. Dennoch ist deutlich, dass nur wenige Flugreisende ihren Klimabeitrag geleistet haben.

Sabine Minninger ist Diplom-Geografin und arbeitet im Auftrag des Evangelischen Entwicklungsdienstes (EED) und der Ecumenical Coalition on Tourism (ECOT) zu Klimaschutz und Katastrophenvorsorge im Tourismus.

(4.811 Anschläge, 65 Zeilen, Dezember 2007)