Während der burmesische Generaldirektor für Hotels & Tourismus, Khin Maung Latt, sich bemüht, das schlechte Image seines Landes "zu zerstören" und den Tourismus anzukurbeln, rufen Nichtregierungs-Organisationen (NGOs) unverändert zum Boykott der Militärdiktatur auf. In England verschärfte die tourismuskritische Gruppe "Tourism Concern" gemeinsam mit der "Burma Campaign" ihre Aktionen. Sie fordern den Weltmeister für Alternativreiseführer, den australischen Verlag Lonely Planet, auf, seinen (englischsprachigen) Burma Guide vom Markt zu nehmen. Die siebte Ausgabe des Reiseführers enthalte viele Fehler und ermuntere Touristen, das Land zu besuchen. Zwar weist das Buch ausführlich auf die Problematik von Burma-Reisen hin und läßt mit Ma Thanegi auch eine Oppositionelle aus Burma (Myanmar) zu Wort kommen. Die Kritiker vertreten jedoch die Ansicht, daß der Tourismus die Militärjunta stützt und ihr Regime verlängert. Deshalb entwickelten sie eine bluttriefende Protest-Postkarte mit dem Hinweis "The cost of a holiday could be someone's life" ("Der Preis eines Urlaubs könnte jemandem das Leben kosten").
Trotz des Aufrufs, alle Lonely Planet-Bücher zu boykottieren, ist Inhaber Tony Wheeler nicht bereit, das Buch vom Markt zu nehmen. In Antwortschreiben auf die Postkarten betont er seine Unterstützung für Burmas Demokratiebewegung und seine Überzeugung, daß es für potentielle Myanmar-Besucher keine "clear-cut"-Antworten gebe. Dazu zitiert er aus seinem Buch Ma Thanegi, die glaubt, Isolierung und Boykott seien keine Lösung für die Probleme ihres Landes.
Lonely Planet-Titel sind auch in Deutschland erhältlich, einige davon - bei unterschiedlichen Verlagen - in deutscher Übersetzung. (Deutsche Burma-Reiseführer wurden bisher noch nicht unter die Lupe genommen.) Postkarten und weitere Informationen sind erhältlich bei Tourism Concern, Stapleton House, 277-281 Holloway Road, London N7 8HN, Tel. 0044-20-7753 3330, Fax 7753 3331, Email: info@tourismconcern.org.uk; Website: www.tourismconcern.org.uk(Auch Lonely Planet-Autor Joe Cummings kam kürzlich unter Beschuß. In seinem Thailand-Führer stelle er die Minderheiten und die Tourismusstrukturen in den Trekkinggebieten verzerrt dar. Website: www.akha.com/guestbook.htm. In Thailand wurde ihm außerdem vorgeworfen, die umstrittenen Dreharbeiten auf der Insel Phi Phi zu dem - gefloppten - Film "Der Strand" mit Leonardo DiCaprio unterstützt zu haben, vgl. auch TW 15, S. 1).
Die italienische Burma-Kampagne der entwicklungspolitischen Organisation RAM räumt Burma-Interessenten einen eigenen Entscheidungsspielraum ein - ohne erhobenen Zeige-finger und ohne "totalitären, diktatorischen Anspruch", wie einige englische Zeitungen über die Kampagne in ihrem Land schrieben. RAM schaltet Anzeigen mit erklärendem Text und einer großen Sonnenbrille. Im linken Glas ist von Wünschen nach einem unbeschwerten Urlaub in Burma zu lesen, im rechten von Folter. RAMs Empfehlung: "Sie können die Welt nicht verändern, aber ihr Urlaubsziel".
Vor genau zehn Jahren weigerte sich Burmas Militär, die von der Opposition gewonnenen Wahlen anzuerkennen. Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi hat sich gegen touristische Besuche ausgesprochen, solange die Junta an der Macht ist. Der Minister für Hotels & Tourismus, Saw Lwin, ist ein Generalleutnant. Im vergangenen Jahr reisten 148.900 (1998: 149.000) ausländische Besucher nach Burma, darunter fünf Prozent Deutsche. 1999 erwirtschaftete Burma offiziellen Angaben zufolge 34 Millionen US-Dollar.
(3.577 Anschläge / 48 Zeilen, Juli 2000)