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Kambodscha: Beatocello plays Bach

Ein Schweizer Kinderarzt hilft Kindern und musiziert für Touristen


Wenn der Schweizer Kinderarzt Beat Richner an Princess Anne denkt, wird er richtig sauer. Die hatte ihn nämlich als Präsidentin von "Save the Children (U.K.)" in seinem Krankenhaus in Kambodscha besucht und die adelige Nase gerümpft: "This hospital is too sophisticated!". Auch das Kinderhilfswerk UNICEF und die Weltgesundheits-Organisation WHO stünden seinen Bemühungen, westlichen Standard zu bieten, kritisch gegenüber. Arrogant nennt er das. Im Gegensatz zur allgemeinen Praxis betreibe er bewusst keine Zweiklassen-Medizin - eine für die Armen und eine für die Wohlhabenden. Die ganz Reichen würden zur Behandlung ohnehin ins Ausland fliegen.

Die englische Prinzessin habe zu ihm gesagt: "Erst müssen die Kambodschaner lernen, ihre Hände zu waschen" und fand Labor und selbstverständliche Diagnose-Geräte offensichtlich überflüssig. Richner: "Welche Arroganz, welcher Paternalismus! Aber ihre beißwütigen Hunde schickt sie zum Psychiater!". Tuberkulose oder HIV fange man sich trotz Händewaschens ein. Seine kostenlose "Rolls Royce-Medizin" sei besser als in 40 anderen Ländern. Das habe eine Evaluierung der Schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit DEZA ergeben. Obendrein sei sein Gesundheitssystem weitaus billiger, weil er es schaffe, ohne Korruption zu arbeiten. Die Angestellten würden gut bezahlt.

Der 57jährige Kinderarzt gab 1992 seine florierende Praxis in Zürich auf, um auf Wunsch der Regierung Kambodschas ein Krankenhaus wiederaufzubauen. Im November 1992 stand das Kantha Bopha Children's Hospital in Phnom Penh, 1996 kam Kantha Bopha II dazu, 1998 das Hospital Jayavarman VII in Siem Reap in der Nähe von Angkor Wat. Das Jayavarman VII konnte er 2001 um eine Frauenstation für HIV-positive Mütter ergänzen. Alle Kinder und Frauen werden kostenlos ambulant oder stationär behandelt, einschließlich der Vor- und Nachsorge. Zu seinem Gesundheitssystem mit 1300 MitarbeiterInnen gehören wichtige Vorsorge- und Ausbildungseinrichtungen. 80 Prozent der Kinder des Landes seien erfasst.

Sein Motiv, in Kambodscha zu arbeiten, sei nicht nur Hilfsbereitschaft, sondern "Verpflichtung" und "ein Akt der Gerechtigkeit". Das ist Dr. Richners besonderes Anliegen. Der Vietnamkrieg mit seinen damals geheimen Nebenschauplätzen in Kambodscha und Laos habe das Land nachhaltig ins Unglück gestürzt und die Roten Khmer erst richtig provoziert. Der Arzt hatte bereits 1974/75 im Kantha Bopha Kinderkrankenhaus gearbeitet, musste aber das Land nach der Machtübernahme durch Pol Pot verlassen.

Jeden Samstagabend: Konzert und Informationen

Das einzige, was der Gesundheitsmanager in Asien vermisst, ist seine vertraute Kultur. Als Cello-Spieler hatte er bereits in Zürich die Figur "Beatocello" entwickelt und zahlreiche Konzerte gegeben. Diese Tradition behielt er bei. Zum einen, um regelmäßig zu spielen und sich "aufzustellen", zum anderen, um seine Arbeit und sein Anliegen nach außen zu kommunizieren und Spenden zu sammeln. Insbesondere unter Ausländern und Touristen sind die regelmäßigen, kostenlosen Events "Beatocello in concert" ein heißer Tipp. Sie finden jeden Samstag um 19.15 Uhr im Jayavarman VII Hospital in Siem Reap statt (an der Straße nach Angkor, Plakate). Dann spielt Beatocello Bach, berichtet interessantes über seine Arbeit, spielt andere Komponisten, erzählt erneut, singt eigene Stücke, informiert über die politische Situation und erläutert Zusammenhänge. "Durch seine Songtexte kommt sein großes Engagement besonders gut rüber. Gleichzeitig ist er sehr unaufdringlich und drückt nicht auf die Tränendrüse", betont Monika Deimann-Clemens, eine der zahlreichen deutschen Besucherinnen. "Man kann auch CDs von ihm, Video-Filme, Bücher und T-Shirts kaufen. Eine kleine Ausstellung zeigt seine Arbeit. Was immer gebraucht wird, sind Blutspenden". Das Informationszentrum ist zusätzlich mehrere Stunden an Werktagen geöffnet.

Der Schweizer träumt davon, seine Einrichtungen finanziell langfristig absichern zu können. Bislang stehen ihm immer nur Mittel für vier Monate im voraus zu Verfügung, was "sehr schlecht für die Planung" sei. 90 Prozent der Gelder stammen aus Spenden (überwiegend von Schweizer Privatleuten), acht Prozent gebe die DEZA, zwei Prozent das Land Kambodscha.

Wer sich für die Arbeit von Dr. Beat "Beatocello" Richner interessiert, schaue auf seine Website www.beat-richner.ch

(56 Anschläge, 4.322 Zeilen, März 2004)