Ella Mahlulo (40) ist eine von vielen. Sie ist eine von sehr vielen Frauen in Südafrika mit einer leidvollen Vergangenheit. Doch ist sie eine von denen, die auf die Zukunft vertrauen und die Initiative ergriffen haben, um in ihrer Gemeinschaft etwas zu verbessern. Zusammen mit Penny Mainwaring leitet Ella das Unternehmen "Emzini Tours" in Knysna, einem beliebten Touristenziel an der Garden Route, etwa 425 km östlich von Kapstadt. Emzini bedeutet “zuhause" in isiXhosa. Ella und Penny sorgen nicht nur dafür, dass ihre Gäste sich mit ihnen so wohl fühlen wie zuhause, sondern bieten auch ein sicheres Zuhause für Frauen und Kinder aus dem Township, die häuslicher Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung entkommen sind.
TW: Ella, erzählen Sie uns ein wenig über Ihren Hintergrund, der zu dem geführt hat, was Sie heute machen?
Ella Mahlulo: Ich wuchs bei meinen Eltern in der östlichen Kapprovinz auf. Beide waren Alkoholiker. Sie ließen sich scheiden, als ich sechs Jahre alt war. Als mein Vater uns aus dem Haus warf, ging meine Mutter auf einer Farm arbeiten. Immer wenn sie nicht arbeiten konnte, musste ich einspringen, damit wir weiter dort wohnen konnten. Mit neun Jahren begann ich zu arbeiten. Ich mochte die Schule, denn die Arbeit war sehr hart und wir wurden nicht gut behandelt. Doch die Schule war weit entfernt und es war schrecklich, den Schulweg im Winter ohne Schuhe laufen zu müssen. Mit 17 musste ich die Schule abbrechen, denn ich konnte die Schulgebühren nicht mehr bezahlen. Auf der Farm arbeitete ich weiterhin bis ich 23 war und ein Missionar zu uns kam, der mir sagte, dass Gott mich liebt. Ich bezweifelte das. Wenn es so ist, warum musste ich dann all das durchmachen? Er sagte mir, dass ich auf Gottes Liebe reagieren müsse, und so wurde ich eine wiedergeborene Christin. Ich ging in die baptistische Kirche und die Kirche half mir, mit 24 wieder zur Schule zu gehen.
Im Vertrauen auf Gott und im Wissen, dass alles möglich ist, glaubte ich daran, dass eine der Schulen mich aufnehmen würde. Im Alter von 24 musste ich mich wie mit 17 benehmen. Ich war die beste "Teenagerin" in meiner Schule und machte mit 25 meinen Abschluss. Nach dem Abitur kam ich nach Knysna, in der Hoffnung auf einen guten Job. Ich wohnte bei einer Freundin und suchte Arbeit. Doch es war nicht leicht. Ich begann als Tellerwäscherin. Dann wurde ich zur Küchenhilfe und Kellnerin ausgebildet. Ich habe auch Ferienwohnungen geputzt und bei einem Hochzeitsplaner gearbeitet, wo ich zur Rezeptionistin ausgebildet wurde. Da war das Gehalt zwar gut, doch die Arbeit war langweilig.
TW: Wie und warum haben Sie mit "Emzini Tours" angefangen?
Ella Mahlulo: 1999 lernte ich Penny kennen, in der baptistischen Kirche, und wir wurden Freundinnen. Irgendwann fragte ich sie, ob sie mit mir als Partnerin dieses Unternehmen gründen wollte. Es dauerte einige Zeit, doch im September 2008 begannen wir mit den Touren im Township von Knysna, wo ich lebe. Ich bin jetzt Reiseleiterin für die westliche Kapprovinz.
Wir begannen mit "Emzini Tours", um die Gemeinschaft voranzubringen. Unser Ziel war es, eine Plattform zu schaffen, um den Menschen im Township zu helfen: mit Essen, Kleidung, Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein und Sicherheit. Da ich selbst Misshandlungen ausgesetzt war, wollte ich Frauen und Kindern helfen, die ebenso leiden. Deshalb begannen wir mit unseren Projekten. 2009 eröffneten wir eine Suppenküche in einem Container. Inzwischen haben wir ein richtiges Gebäude hinter meinem Haus.
Wir hatten deutsche Gäste, die uns geholfen haben, ein Frauenhaus für misshandelte und sich selbst überlassene Frauen und Kinder zu bauen. Dort wohnt jetzt eine vierköpfige Familie. Zehn weitere Kinder wohnen zusammen mit meiner Mutter und meiner Tochter bei mir im Haus.
TW: Wie führen Sie Ihre Touren durch und wodurch bekommen sie diese "persönliche Note"?
Ella Mahlulo: Unsere Touren sind nicht inszeniert oder vorbereitet. Jede Tour ist anders. Wir besuchen vielleicht die örtliche Bibliothek oder einen kleinen Laden. Unterwegs treffen wir viele Kinder, die alle unseren Emzini-Bus kennen. Sie kommen angerannt, um alle, die darin sitzen, zu begrüßen. Wenn die Kinder Probleme haben, kommen sie zu uns und erzählen uns davon. Auf jeder Tour besuchen wir mein Zuhause. Dort trinken wir Tee und singen und trommeln mit unseren Gästen. Nachmittags können Sie die Kinder in der Suppenküche treffen, und all die Kinder, die bei mir wohnen. Vormittags fahren wir mit den Gästen zu einer der Vorschulen. Die Kinder singen mit großer Begeisterung ihre Lieder für uns, und Sie bekommen so viele Umarmungen, dass die für ein ganzes Leben reichen!
Unsere Touren sind nicht nur für Gäste aus Übersee. Sie sind für alle, für Südafrikaner, für Afrikaner. Es gibt eine große Kluft zwischen den Menschen in der Stadt und denen im Township. Wir wollen diese Kluft überwinden und wollen, dass die Besucher sehen und erfahren, wer wir sind und wo wir leben. Wir organisieren auch Touren für die, die hier im Tourismus arbeiten. Einige von ihnen sind noch nie hier im Township gewesen. Sie sehen, wie viel sich verändert hat, wie viel Liebe sie erfahren und wie viel Spaß sie mit den Menschen haben, die sie hier treffen. Jetzt machen auch Einheimische aus Knysna mit und stellen für die Familie in unserem Frauenhaus und für die Kinder in der Suppenküche Kleidung und Lebensmittel zur Verfügung.
Weitere Informationen: www.emzinitours.co.za
(5.470 Anschläge, 74 Zeilen, Dezember 2011)