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DANTE - das neue tourismuspolitische Netzwerk hat ein klares Programm: Den Papiertigern die Krallen schärfen

Internationale Tourismus-Abkommen müssen mehr sein als unverbindliche Absichtserklärungen


"Das Wort Papiertiger hat ja eigentlich auch etwas Positives, denn Tiger haben bekanntlich scharfe Krallen. Dennoch bleibt die Frage: Haben die jüngsten internationalen Vereinbarungen zum Thema Tourismus wirklich auch Biß?" Für Heinz Fuchs von der Fachstelle TOURISM WATCH im Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) ist diese Frage keinesfalls von rhetorischer Natur.

Vielmehr gehört sie zu den Haupt-Arbeitsgebieten eines neuen tourismuspolitischen Netzwerks, zu dem sich insgesamt 15 Umwelt- und Entwicklungs-Organisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengeschlossen haben. Dessen Name ist Programm: DANTE - Die Arbeitsgemeinschaft für Nachhaltige Tourismus-Entwicklung.

Im Dialog mit Politik und Privatwirtschaft will sich DANTE dafür einsetzen, daß es nicht bei unverbindlichen Absichtserklärungen bleibt, wenn die entsprechenden Abkommen auf internationaler Ebene diskutiert und verabschiedet werden. Immerhin beschäftigt sich nicht nur die UN Commission on Sustainable Develpoment (CSD, das politische Beschlußorgan im Rio-Folgeprozeß) mit dem Thema "Nachhaltiger Tourismus" - auch bei der Convention on Biological Diversity (CBD) und dem General Agreement in Trade of Services (GATS) geht es letztlich um die Frage, welche Auswirkungen die Tourismus-Industrie auf den Alltag der "Bereisten" hat.

Ist das Bekenntnis zu mehr Umweltverträglichkeit nur das Feigenblatt einer weiterhin ungehemmten Wachstumsbranche? Leiten die Forderungen der UN-Kommission nach einem nachhaltigen Tourismus wirklich einen Gesinnungswandel ein? Wird dieser durch die angestrebte weitere Liberalisierung im Handel mit Dienstleistungen wieder unterlaufen? Muß eine nachhaltige Entwicklung nicht das ureigenste Interesse der Tourismus-Industrie sein - schließlich ist sie ja auf eine intakte Umwelt in den Reiseländern ebenso angewiesen wie auf ein konfliktfreies gesellschaftliches Umfeld? Schon bei der ersten Veranstaltung, mit der DANTE seine Anliegen an die Öffentlichkeit brachte, nämlich einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Heidelberger "Reisepavillons", wurde klar: Es werden durchaus dicke Bretter sein, die es zu bohren gilt. Ebenso deutlich wurde aber auch: Es scheint Bewegung gekommen zu sein in die recht festgefahrene Kontroverse.

So war es denn auch kein Zufall, daß mit Dr. Wolf Michael Iwand von der TUI ein selbsterklärter "Häuserkämpfer für einen umweltfreundlichen Tourismus" auf dem Podium saß: Was vor zehn Jahren mit der Einführung der Spül-Stop-Taste in Hoteltoiletten begann, sei beim Reise-Weltmarktführer zwischenzeitlich zum komplexen Umweltmanagement geworden, zu dem auch vielfältige Selbstverpflichtungen der Partner vor Ort gehörten. Weshalb sich die TUI - ebenso wie die Konzernmutter PREUSSAG - auch weiterhin in einer Vorreiterrolle sehe. Iwand: "Unser Committment und unsere Bereitschaft zur Kooperation sind ungebrochen". Gleichwohl räumte der TUI-Umweltmanager ein: "Die Dynamik, die wir heute beim Thema Nachhaltigkeit haben, ist in erster Linie auf die professionelle Arbeit vieler Nichtregierungs-Organisationen zurückzuführen. In den Tourismusländern tut sich Gewaltiges, diesem Druck muß sich unsere gesamte Branche stellen".

Etwas skeptischer war Dr. Christine Plüss vom Schweizer Arbeitskreis Tourismus und Entwicklung. Angesichts immer neuer Tourismus-Großprojekte in vielen Ländern des Südens stellte sie sarkastisch fest: "Vielleicht ist die Katastrophe einfach noch nicht weit genug fortgeschritten, als daß eine Trendwende eingeläutet werden könnte". Entscheidend sei hier zweifellos das Gesetz von Angebot und Nachfrage - und damit das konkrete Verbraucherverhalten. Doch: "Die Kundschaft über die teilweise furchtbaren ökologischen und sozialen Folgen aufzuklären, gehört ganz sicher nicht zur Geschäftslogik eines Reiseveranstalters". Hier sei vor allem auch der Staat gefragt, beispielsweise bei der Förderung entsprechender Aufklärungskampagnen. Plüss: "Die Erziehung der Kundschaft kann nicht der Privatwirtschaft überlassen werden. Das ist eine öffentliche Aufgabe".

Diesen Ruf nach dem Staat konnte Dr. Gisela Schleife vom Referat Tourismuspolitik des Bundeswirtschaftsministeriums allerdings nur bedingt folgen: "Wir können den Bürgern doch nicht vorschreiben, wo und wie sie ihren Urlaub verbringen sollen. Es fällt mir schwer, es hier zu sagen, aber es ist leider so: Das ist nicht Sache gleichgültig welcher Bundesregierung. Das ist die individuelle Entscheidung eines jeden Einzelnen". Gleichwohl sei sich die Politik ihrer "großen Verantwortung in diesem wichtigen Wirtschaftszweig" sehr wohl bewußt. Dies zeige sich nicht nur bei der Strafverfolgung sexuellen Mißbrauchs Minderjähriger im Ausland, bei der konkreten Förderung von nachhaltigen Entwicklungsprojekten in der Dritten Welt oder bei der Mitgestaltung internationaler Rahmenabkommen, sondern auch bei der Tourismusförderung im Inland: Gerade in strukturschwachen Gebieten sei der Tourismus ein wichtiger Arbeitgeber. Hier habe sich längst die Einsicht durchgesetzt: "Ohne intakte Umwelt fahren die Touristen nicht hin".

Womit sich Heinz Fuchs jedoch nicht zufrieden geben wollte: "Das Internationale Jahr des Ökotourismus hinterläßt in unserem Land hoffentlich mehr Spuren als ein paar Plaketten für umweltfreundliche Campingplätze". Weshalb sich DANTE in den nächsten Monaten mit weiteren Veranstaltungen, Aktionen und Publikationen zu Wort melden wird. Denn nicht nur für den TUI-Manager Iwand steht fest: "Die Nichtregierungs-Organistionen, Arbeitsgruppen und Initiativen müssen jetzt bei der konkreten Umsetzung dessen, was sie einst angestoßen haben, am Ball bleiben. Und das ist sicher keine einfache Aufgabe".

(5.978 Anschläge / 85 Zeilen, März 2001)