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Costa Rica: Weniger Schaden – mehr Nutzen

Costa Ricas vorsichtige Ansätze zum Kreuzfahrttourismus


Costa Rica hat  ein Tourismusmodell entwickelt, das in erster Linie auf den natürlichen Ressourcen des Landes basiert, aber inzwischen unterschiedliche Tourismusformen umfasst, die parallel angeboten werden. Dadurch besteht keine Abhängigkeit von der Kreuzfahrtwirtschaft und anders als in anderen Teilen der Karibik führt der Kreuzfahrttourismus auch nicht zu Verdrängungsprozessen. Indem bestehende Häfen genutzt werden und lokale Akteure eingebunden werden, lassen sich die ökologischen und sozialen Auswirkungen begrenzen.

Costa Rica ist für seinen Natur- und Abenteuertourismus bekannt. Der internationale Tourismus ist eine der Hauptdevisenquellen. Mit ca. 260.000 Besuchern im Jahr empfängt das kleine mittelamerikanische Land im Vergleich zu anderen karibischen Zielgebieten noch immer recht wenige Kreuzfahrttouristen. Die Steuern, die Kreuzfahrtpassagiere zahlen, sind im Vergleich zu denen der Übernachtungsgäste minimal. Kreuzfahrer werden als Transitreisende und nicht als Touristen kategorisiert und Kreuzfahrtschiffe genauso behandelt wie andere Schiffe auch.

Hafenanlagen und -management

Die wichtigsten Häfen, die von Kreuzfahrtschiffen angelaufen werden, sind Limón an der Karibikküste und Puntarenas an der Pazifikküste. In Limón kommen die meisten Kreuzfahrtschiffe an. Die Häfen werden allein von Regierungsbehörden betrieben. Zwar werden die Tourismusaktivitäten für die Kreuzfahrer privatwirtschaftlich angeboten, doch die Regierung arbeitet  mit privaten Akteuren zusammen, um sicherzustellen, dass die Angebote in einheimischer Hand bleiben. Die Regierung überwacht die ökologischen und sozialen Auswirkungen durch das nationale Zertifizierungsprogramm (Certification for Sustainable Tourism – CST).

Costa Rica hat weder spezielle Arrangements für Kreuzfahrthäfen getroffen noch seine Infrastruktur spezifisch an den Bedürfnissen der Kreuzfahrttouristen ausgerichtet. Es gibt keine exklusiven Shopping-Möglichkeiten oder Strandanlagen. Die Schiffe nutzen die Häfen gemeinsam mit Containerschiffen. Zwar ist Limón kein "eleganter" Hafen, doch er ist sicher und verursacht keine neuen Umweltbedrohungen – im Gegensatz zu anderen Karibik-Destinationen. Dort hat der Bau neuer Häfen und Kreuzfahrtterminals oft kritische Auswirkungen auf empfindliche Lebensräume im Meer und an den Küsten.

Nutzen für Einheimische sicherstellen

Die Hafenbehörde, das Tourismusministerium und die Kommunalverwaltung arbeiten zusammen, um einen größtmöglichen Nutzen für die Bevölkerung vor Ort sicherzustellen, die Zufriedenheit der Besucher zu erhöhen und deren Sicherheit zu gewährleisten. Ausflüge werden in Zusammenarbeit mit lokalen Anbietern organisiert. Mit einem partizipativen Ansatz wurden zusätzliche Einkommensmöglichkeiten geschaffen, von denen auch umliegende Gemeinden profitieren. Dazu gehört zum Beispiel ein Markt für einheimische Künstler und Einzelhändler.

Ausflüge von 2,5 bis vier Stunden werden so gestaltet, dass die Passagiere wieder rechtzeitig zurück aufs Schiff kommen. Die gut organisierten Touren in kleinen Gruppen werden von ausgebildeten Reiseleitern professionell durchgeführt. Dabei werden die besuchten Orte nicht überlaufen. Die Ausflüge finden in erster Linie in Randzonen der Nationalparks statt und sind streng reguliert. Besonders beliebt ist der nördlich gelegene Tortuguero-Nationalpark. Die Touristen können den Regenwald sehen, einen Bootsausflug machen und Wildtiere beobachten. Kreuzfahrtreisende bekommen einen ersten Eindruck von der Natur Costa Ricas, ohne empfindliche und geschützte Gebiete auch nur zu betreten.

Höher als in anderen Karibikländern sind in Costa Rica die Ausgaben der Schiffsbesatzung. Die Mannschaft nutzt ihre Zeit an Land für Arzt- und Zahnarztbesuche und zum Einkaufen. Costa Rica verdient an einem Besatzungsmitglied mehr als an einem Passagier.

Umweltauswirkungen kontrollieren

Die Bereitstellung von Wasser und Energie ist in Costa Rica gut geregelt, ebenso die Entsorgung von Abfällen und die Wasseraufbereitung. All dies steht im Hafen von Limón zur Verfügung, doch hier – im Gegensatz zu anderen Kreuzfahrtzielen – müssen die Leistungen bezahlt werden, zusätzlich zu den zwei US-Dollar Steuern, die die Regierung pro Passagier erhebt.

Limón verfügt über Anlagen zum ordnungsgemäßen Recycling gefährlicher Abfälle wie des Klärschlamms der Kreuzfahrtschiffe. Das gleiche gilt für Müll, der vorab getrennt werden muss. Jede Form von „Verklappung" organischer Abfälle oder Abwässer ist streng verboten. Wenn Kreuzfahrtunternehmen bereit sind, für die Kosten aufzukommen, können sie davon ausgehen, dass in Limón eine ordnungsgemäße Entsorgung erfolgt.

Costa Rica ist bekannt für strengen Umweltschutz, ein stabiles Gesundheitssystem und strenge Hygienestandards. Die Touristen – einschließlich Kreuzfahrttouristen – verhalten sich normalerweise sehr verantwortungsbewusst. Regeln und Gesetze werden meistens befolgt, lassen sich in Fällen von Zuwiderhandlung aber noch nicht gut durchsetzen.

Mit wachsendem Kreuzfahrttourismus umgehen

Die Auswirkungen der Kreuzfahrtwirtschaft sind in Costa Rica insgesamt positiv. Die Herausforderung besteht darin, dass Kreuzfahrer nicht offiziell als Touristen kategorisiert sind, so dass traditionelle tourismuspolitische Handlungskonzepte nicht greifen. Bisher wurden die Konzepte noch nicht auf die Anforderungen dieses wachsenden Wirtschaftszweigs und seinen Auswirkungen/Risiken angepasst.

Nachhaltigkeit steht für die costaricanische Regierung im Mittelpunkt und die meisten Reiseveranstalter, die mit der Kreuzfahrtwirtschaft zusammenarbeiten, haben eine Nachhaltigkeitszertifizierung. Doch der Kreuzfahrtsektor hatte bislang keine Priorität, z.B. bei der Entwicklung zusätzlicher Dienstleistungsangebote am Hafen, wie Bars, Restaurants oder Geschäfte.

Um die steigende Nachfrage des Kreuzfahrtsektors decken zu können, wird das Land sich anpassen müssen, bevor daraus Gefahren entstehen. Die Art und Weise, wie Tourismus in Costa Rica stattfindet, könnte auch auf den Kreuzfahrtsektor übertragen werden, indem man an kleine Gruppengrößen festhält, aber die Einrichtungen am Hafen und in den umliegenden Gemeinden verbessert. Costa Rica kann als Modell gelten, besonders in Hinblick auf die Zusammenarbeit der Akteure im Umgang mit Wachstum, die Diversifizierung des Angebots und die Stärkung möglichst vieler lokaler Anbieter.

Carlos Alberto Lopez ist Biologe du hat einen Abschluss von der Universität von Costa Rica. Er ist in der Umweltbildung für Kinder, Erwachsende und Touristen in Costa Rica tätig.
Erika Harms ist Gründerin und Präsidentin von Planet4People, einer Beratungsfirma, die mit Regierungen, Unternehmen, zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie Gemeinschaften daran arbeitet, nachhaltige Verfahren zu entwickeln.
Fabian Roman ist Gründer und Vorsitzender von Fundacion Plan 21 und leitet das „Institut für nachhaltigen Tourismus in Lateinamerika und der Karibik“ an der Universität für internationale Zusammenarbeit in Costa Rica.

Martina von Münchhausen ist verantwortlich für das Tourismus-Programm des World Wide Fund for Nature (WWF) Deutschland im internationalen WWF Zentrum für Meeresschutz

Redaktionelle Bearbeitung und Übersetzung: Christina Kamp