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Bhutan auf der Weltausstellung

Das "ökologische Musterland" im Himalaya vertrieb 20 Prozent seiner Bevölkerung und verhindert seit Jahren eine Wiedereinbürgerung


Bhutan, das letzte absolutistische Königreich im Himalaya, zeigt sich auf der Expo in Hannover von seiner besten Seite. Doch sicherlich wird kein Wort über die Tatsache zu hören sein, daß die königliche Regierung von Bhutan seit 1989 willkürlich und gewaltsam ungefähr 120.000 Menschen, das sind 20 Prozent der Gesamtbevölkerung, aus dem Land getrieben hat. Knapp 100.000 von ihnen leben seit zehn Jahren in UN-bewachten und -finanzierten Flüchtlingslagern im Süden Nepals und kämpfen - bisher vergeblich - für ihre Wiedereinbürgerung.

Bhutan hat sich laut amnesty international und anderer Menschenrechtsorganisationen im Verlauf dieser ethnischen Säuberung derart eklatanter Menschrechtsverletzungen schuldig gemacht, daß es befremdend anmutet, wenn sich Bhutan ethisch unhinterfragt auf einer Weltausstellung präsentieren darf. Wie würde man auf Deutschland schauen, wenn es 20 Prozent seiner Bevölkerung - das entspräche beispielsweise der Gesamtbevölkerung der ehemaligen DDR oder der des Bundeslandes Nordrhein Westfalens - zwangsweise ausgewiesen hätte?

Hintergründe

Das buddhistische Königreich Bhutan liegt am Südabhang des Himalaya, oberhalb von Indien und unterhalb von Tibet (seit 1951 von China besetzt). Seit 1907 herrscht in vierter Generation - heute mit König Jigme Singye Wangchuck - eine Erbmonarchie. In der vorherigen Theokratie waren weltliche und geistige Macht wie im Nachbarland Tibet nicht getrennt.

Bis 1988 lebten im Öko-Wunderland verschiedene Ethnien mit unterschiedlichen Sprachen, Kulturen und Religionen in einer friedlichen Koexistenz. Genaue Zahlen sind trotz mehrerer Volkszählungen nicht bekannt. Schätzungsweise 40 Prozent der Bevölkerung stellen die Sarchops, die als Ureinwohner gelten und im Osten des Landes siedeln. An zweiter Stelle mit rd. 30 Prozent folgen im Südwesten die Lhotsampas, die sich aus einer ganzen Reihe von ursprünglich nepalischen Volksgruppen zusammensetzen und überwiegend Hindus sind. Den Namen "Lhotsampas", "Menschen aus dem Süden", erhielten sie in den späten 80er Jahren offiziell zugeteilt. Im Nordwesten leben die machtausübenden Ngalongs oder Drukpa mit der Königselite, die einst aus Tibet einwanderten und etwa 20 Prozent bilden. Weitere zehn Prozent setzen sich aus verschiedenen kleinen Ethnien zusammen.

Äußerst merkwürdig muten die jeweiligen Gesamtzahlen nach Volksschätzungen bzw. -zählungen an. 1960 präsentierte die Nationalversammlung 700.000 Einwohner, davon 25 Prozent "Nepali-Bhutanesen" (heute "Lhotsampas"). Die erste Volkszählung 1969 kam auf 931.514 Bewohner. 1979 wurden offiziell 1,2 Millionen angeben. Eine Volkszählung 1980 ergab 1.165.000 Einwohner, ein Ergebnis, das die Regierung später als falsch bezeichnete. Die Ergebnisse einer weiteren Volkszählung, allerdings nur im Süden, sind bis heute Staatsgeheimnis, obwohl die Regierung in einem Schulbuch 1991 die Zahl 1.375.000 nannte. Ende 1991 sackte die Bevölkerung urplötzlich auf 600.000 ab. Dabei blieb es bis heute, obgleich über 100.000 Lhotsampas und eine Reihe von Sarchops flüchteten.Bhutan lebte jahrhundertelang in großer Abgeschlossenheit. Erst seit 1960, als mit Hilfe Indiens eine Straße im Land gebaut wurde, machte Bhutan in Jahrzehnten Modernisierungsschritte, wozu andere Länder Jahrhunderte brauchten. Die Leibeigenschaft wurde abgeschafft, Strom und Geld eingeführt, 1974 öffnete sich das Land für den - stark regulierten und kontrollierten - Tourismus und 1999 wurde staatliches Fernsehen eingeführt.

1989 gab es jedoch im "Land des friedvollen Drachens" - wie Bhutan sich im internationalen Tourismusmarketing gerne selbst bezeichnet - eine politische Zäsur. Seit diesem Jahr trieb die königliche Regierung durch verschiedene Formen von Gewalt, Folter, Gefängnis und Tod rund 120.000 Südbhutanesen aus dem Land. Wie kam es dazu?Gemäß kritischer Stimmen aus Bhutan und den Flüchtlingslagern in Nepal kamen als auslösende Momente drei entscheidende Faktoren zusammen. Einerseits gelang es 1990 einer Demokratiebewegung im nahegelegenen Nepal, die absolute Macht von König Birendra auf eine konstitutionelle Monarchie zu reduzieren. Andererseits waren die Machthaber in Bhutans Hauptstadt Thimphu durch die Ergebnisse der Volkszählungen höchst beunruhigt und fürchteten sich vor "den großen Horden nepalischer Migranten" bzw. der "Flut illegaler nepalischer Einwanderer", von denen "zehn Millionen vor den Toren Bhutans" stünden. Darüberhinaus wurde in den Jahren zuvor die Bevölkerung im ehemaligen, unabhängigen Königreich Sikkim durch nepalische Einwanderung langsam eine Minderheit. Demokratiewünsche und Machtintrigen im Palast führten 1975 zur Abdankung des Königs und zum "Anschluß" an Indien.

Die königliche Regierung von Bhutan war verständlicherweise stark verunsichert. Man befürchtete einen Machtverlust oder, wie es später offizell hieß, eine kulturelle Überfremdung. In welch unverständlichem, menschenverachtendem und völkerrechtswidrigem Ausmaß sich jedoch diese Verunsicherung niederschlug, zeigte sich in Strategie und Taktik ihrer Machtpolitik der Folgejahre. Bhogendra Sharma, der Direktor des "Zentrums für Folteropfer" in Nepal, nannte sie in Anbetracht dessen, daß die meisten Lhotsampas Hindus seien, einen "buddhistischen Fundamentalismus". Ratan Gazmere, ein zwangsexilierter Biologielehrer und führender Dissident, bezeichnet sie als "eine brutale Form der Erhaltung der absoluten Monarchie, der politischen, ökonomischen und militärischen Macht in Familienhand".

Zwangsexil als Folge der Volkszählungen

Nach 1980 begann eine in der Geschichte Bhutans nie dagewesene politische Hysterisierung, eine bhutanische Art ethnischer Säuberung, die außerhalb der Himalaya-Region noch immer kaum wahrgenommen wird. Es folgten die entscheidenden Schritte der königlichen Regierung: 1985 wurde ein neues Staatsbürgerschaftsgesetz eingeführt, welches die bisherigen Gesetze von 1958 und 1977 außer Kraft setzte. Hatte es davor ausgereicht, daß der Vater Bhutanese war, um als Kind bhutanischer Staatsbürger zu sein, mußten jetzt - und zwar rückwirkend bis 1958 (!) - beide Eltern die bhutanische Staats-bürgerschaft besitzen. Als einzige Aufenthaltsbeweise wurden "Ursprungs-zeugnisse", eine Art Geburtsurkunde, und Grundsteuerquittungen aus der Zeit vor dem 31.12.1958 gefordert. Dies hatte zur Folge, daß wer auch immer diese 30 Jahre alten Quittungen nicht nachweisen konnte, plötzlich kein bhutanischer Staatsbürger mehr und damit staatenlos war. Er hatte das Land zu verlassen. Flüchtlinge berichteten, daß selbst Personen, die Steuerquittungen von 1956 und 1957, nicht aber von 1958 besaßen, zu "Nicht-Nationalen" erklärt wurden.

Diese willkürliche und rückwirkende Gesetzgebung mit dem Effekt, zahlreiche Menschen in den Zustand der Staatenlosigkeit zu versetzen, war zunächst der Hauptpunkt aller Kritik an der königlichen Regierung. Steht doch in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 in Artikel 15 explizit: "(1) Jeder Mensch hat Anspruch auf eine Staatsangehörigkeit. (2) Niemandem darf seine Staatsangehörigkeit willkürlich entzogen noch das Recht versagt werden, seine Staatsangehörigkeit zu wechseln".

Jeder Bürger, der den König, das Königreich oder die handverlesene Regierung kritisiert, kann mit dem Tode bestraft oder ausgebürgert werden. Beispielhaft wurde das Schicksal von Teknath Rizal, dem heute "Nelson Mandela von Bhutan" genannten Begründer der Menschenrechts- und Demokratiebewegung Bhutans. Alarmiert über eine derart diskriminierende, ethnizistische Politik, bat Rizal - als offizieller Volksvertreter Südbhutans in der Nationalversammlung - den König in einer höflichen Petition, er möge die Deadline von 1958 auf 1985 verschieben. Daraufhin wurde Rizal verhaftet. Lange verschollen und von amnesty international als politischer Häftling adoptiert, erhielt er 1993 eine lebenslängliche Gefängnisstrafe. Tatsächlich benutzte ihn Thimphu als Pfand. Er könne "freikommen, sollten sich Nepal und Bhutan in der Flüchtlingsfrage einigen". Nach zehn Jahren Isolationshaft wurde er am 17. Dezember 1999, dem Nationalfeiertag Bhutans, überraschend auf freien Fuß gesetzt. Ob wegen seines verheerenden gesundheitlichen Zustandes oder als strategisches Geschenk an die Vereinten Nationen ist ungewiß.

"Eine Nation, ein Volk, eine Kultur"

Des Volkes Seele kochte erneut, als die königliche Regierung 1989 versuchte, neben der Volkszählungspolitik die fatale Ideologie "Eine Nation, ein Volk, eine Kultur" durchzusetzen. Die herrschende Ethnie der Ngalongs zwang nun der Mehrheit der Bevölkerung ihre Sprache, Kleidung, Kultur, Sitten, Tradition, Religion auf. So wurde beispielsweise auch Nepali als Unterrichtssprache verboten.

Das Unbehagen der Bevölkerung formierte sich. Tägliche Massendemonstrationen begannen. Immer mehr Menschen wurden daraufhin als "Anti-Nationale" (Ngolops) kriminalisiert, inhaftiert oder aus dem Land getrieben. Bhutanisches Militär und Polizei versuchten anfangs, die Demonstrationen zu unterbinden. Sie schossen in die Menge - llein in den ersten Tagen sollen 19 Menschen gestorben sein. Die Hetzjagd nahm zu. Das Militär griff nun den Lhotsampas gegenüber zu allen möglichen Mitteln, um sie außer Landes zu treiben - Belästigung, Gängelung, Bedrohung, Folter, Vergewaltigungen. Zuerst waren es die sogenannten anti-nationalen Terroristen, die ausgewiesen wurden, dann die Sympathisanten, bis am Ende auch diejenigen in Sippenhaft-Manier des Landes verwiesen wurden, die lediglich Verwandte in den Flüchtlingslagern hatten. Eine der gebräuchlichsten, jedoch zynischsten Varianten war diejenige, die Menschen vor ihrer Zwangsexilierung unter Gewaltandrohung einen "freiwilligen Verzicht auf Grundbesitz und Staatsbürgerschaft" unterschreiben zu lassen. Nach bhutanischem Recht kann jeder Einwohner automatisch seine Staatsbürgerschaft verlieren, wenn er das Land freiwillig oder ohne Genehmigung, beispielsweise als Flüchtling, verläßt.

Die Menschen flohen aus Angst vor Gewalt, Folter und Gefängnis. Zwischen den Jahren 1990 und 1996 wurden etwa 120.000 zwangsexiliert - vor allem Lhotsampas. Für die unsägliche Gewalt und mutwillige Verwüstung schoben sich die bhutanische Regierung und die Flüchtlinge gegenseitig die Schuld zu.

Rechtfertigungen

Die Interpretationen oder Rechtfertigungen der Massenausweisung liegen, je nach Deutungshorizont und Entwicklungstand der Auseinandersetzung, weit auseinander. Am eindrücklichsten zeigt sich der Wandel des Begriffs für Süd-Bhutaner in Interviews mit König Wangchuck. So nannte er sie im "Kuensel" - der einzigen, von der Regierung kontrollierten, (Wochen-)Zeitung Bhutans - im Dezember 1978 noch "wahre Bürger", 1990 in der "Economic Times", Delhi, eine "Terroristen-Organisation, die Autonomie will", 1991 in der indischen "Hindustan Times", dann "Wirtschaftsmigranten....die wegen des hohen Pro-Kopf-Einkommens einwandern wollten". In seiner Festrede zum 25-jährigen Regierungsjubiläum am 2. Juni 1999 schließlich tauchten die Flüchtlinge sprachlich gar nicht mehr auf. Es ging nur noch um das beschworene "Bruttosozialglück" (Gross National Happiness).

Der damalige Innenminister Dago Tshering sprach 1993 sogar von einer "demographischen Belagerung Bhutans" und beschwörte "das Überleben einer bestimmten politischen und kulturellen Einheit". Seine erstaunliche Erkenntnis: "Das Flüchtlingsproblem wurde absichtlich von Dissidenten-Gruppen kreiert, um Bhutans Staatsbürgerschaftsgesetz zu vereiteln".

Beispielhaft für die meisten Menschenrechtsinitiativen, die sich im Exil bildeten, faßte die Menschenrechtsgruppe AHURA ihr Verständnis schon 1993 so zusammen: "Die Entwicklung der Tragödie Bhutans liegt allein in der Entschlossenheit der regierenden

Drukpa-Oligarchie, die Macht zu monopolisieren - politisch, ökonomisch und auch militärisch - und allen Impulsen eines natürlichen, entwicklungsgeschichtlichen, demokratischen Wechsels, der die Welt heute umtreibt, zu widerstehen. Sie wollen an der absoluten Macht festhalten." Das betrifft auch die privatisierte Tourismuswirtschaft.

Die Lage der Flüchtlinge

Laut dem "Zentrum für Folteropfer (CVICT)" in Kathmandu wurden mehr als 50 Prozent der Flüchtlinge gefoltert. 53 Prozent der registrierten Frauen berichteten von Vergewaltigung. Die Flüchtlinge erzählten von willkürlicher Verhaftung, Mißhandlung, Folter, Mord, Konfiszierung oder Zerstörung von Land, Eigentum und Dokumenten und von Zwangsunterzeichnungen der Formulare für die "freiwillige Auswanderung". Berichte von amnesty international klagten 1992, 1994 und 1998 ebenfalls die massiven und teilweise bis heute in Bhutan anhaltenden Menschenrechtsverletzungen an. Auch in unseren Interviews mit Flüchtlingen in verschiedenen Lagern wiederholten sich diese Schilderungen.

Im isolierten Leben in den Flüchtlingslagern im Südosten Nepals gehören Langeweile, Depressionen und latente bis offene Formen von Gewalt zum Alltag. In den vergangenen zehn Jahren bildeten sich viele politische Gruppierungen, die sich nach langen Auseinandersetzungen 1997 -vorübergehend- zur Vereinigten Front für Demokratie (UFD) zusammenschlossen. Die gemeinsamen Ziele sind klar: Wiedereinbürgerung in Bhutan, Demokratisierung der Nationalversammlung, was eine schriftliche Verfassung und ein schriftliches Grundgesetz voraussetzt, und vor allem die Einhaltung der Menschenrechte.

Trotz vielfältiger Formen des Protestes verschlechtert sich die Situation in den sieben Lagern zunehmend. UNHCR, die Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen, geht davon aus, daß die Aufrechterhaltung der Flüchtlingslager die internationale Gemeinschaft in den letzten zehn Jahren ungefähr 100 Millionen Dollar kostete. Pater Worky von der Caritas-Gruppe sprach im Oktober 1999 von einer Müdigkeit der Geberländer. Mittlerweile gebe es nur noch zweimal am Tag zu essen und nur noch alle paar Jahre neue Kleidung. Die Basisbedürfnisse seien nur noch minimal erfüllt. Eine zunehmende Verelendung der Flüchtlinge scheint allerseits hingenommen zu werden.

Bhutans Taktik

Kritische Stimmen gehen längst davon aus, daß es der Machtelite um König Wangchuck nur um einen Machtpoker und das Hinhalten der Internationalen Gemeinschaft geht - in der Hoffnung, daß auch weiterhin kein anderes Land außer Nepal ein politisches oder ökonomisches Interesse an einer Lösung des Flüchtlingsproblemes zeigt. Schließlich liegt Bhutan nicht in Europa oder in der Karibik, und es gibt dort auch kein Erdöl. Die regionale Großmacht Indien, die entscheidend zu einer Lösung beitragen könnte - Bhutan ist außenpolitisch und wirtschaftlich von Indien abhängig - zeigt ausschließlich Interesse an der ökonomischen und wegen China militärstrategischen Beziehung zu Bhutan.In bislang elf bilateralen Gesprächen zwischen Bhutan und Nepal wurde keine Einigung über den Umgang mit den Flüchtlingen gefunden. Im ersten Gespräch im April 1993 schlug der damalige Außenminister von Bhutan, Dawa Tshering, eine Einteilung der Flüchtlinge in vier Kategorien vor - vom fälschlicherweise ausgewiesenen "bona fide"-Bhutanesen bis zum "Anti-Nationalen", der terroristische Anschläge ausgeführt haben soll und damit sein Recht auf Staatsbürgerschaft für immer verwirkt habe : 1. Bona fide Bhutanesen, 2. Emigrierte Bhutanesen; 3. Nicht-Bhutanesen; 4. Kriminelle Bhutanesen. Bis heute konnten sich die Parteien nicht über die Verifizierungsmodalitäten einigen, welcher Flüchtling nun welcher Kategorie zuzuordnen sei und wer zurückkehren darf.

Im April 2000 stellte die Menschenrechtsgruppe AHURA (Ratan Gazmere) nach mühevoller Kleinarbeit in den Flüchtlingslagern eine digitalisierte Datenbank fertig. Für die CD-ROM wurden 4553 Flüchtlingsfamilien bzw. 48.909 Einzelpersonen erfaßt, um ihre Dokumente abzubilden. 99,83 Prozent von ihnen konnten auf diese Weise ihre bhutanische Staatsangehörigkeit nachweisen, auch wenn Thimphu immer wieder versichert, die Papiere seien gefälscht. Eine Übersicht ist auf der Webseite http://ahurabht.tripod.com einsehbar. Email:ahurabht@wlink.com.np. Die sogenannte Verifizierungsdebatte erweist sich vor diesem Hintergrund nur noch als eine politische. Bhutans Strategie ist offensichtlich: Wenn überhaupt, dann so spät wie möglich so wenige Flüchtlinge wie möglich wiedereinzubürgern. Die dementsprechende Verzögerungstaktik läßt sich seit Jahren beobachten. Seit 1996 wird Bhutan von vielen Seiten eine systematische Verzögerungstaktik vorgeworfen. So boten 1996 die Niederlande, 1997 die Schweiz und 1999 Norwegen eine Vermittlerrolle zwischen Nepal und Bhutan an. Die Regierung von Bhutan lehnt jedoch jeden Versuch, eine dritte, klärende Instanz einzuführen, ab. Ganz im Gegenteil werden die ehemaligen Bauernhöfe der Vertriebenen im Süden des Landes mit Menschen aus anderen Teilen Bhutans besiedelt.1998 dekretierte der König eine scheinbare politische Liberalisierung. Dabei wurden in einer sogenannten Kabinettsumbildung "nur die Verwandten des Königs ausgetauscht", wie man dies in den Flüchtlingslagern bezeichnete. Ein ehemaliger Ministerialbeamter aus Bhutan nannte diese Schachzüge der königlichen Regierung eine "Masche", "Hinhaltetaktik" oder "Augenwischerei für die internationale Gemeinschaft der finanziellen Geberländer". Und die Geberländer finanzieren die bhutanische Entwicklungshilfe und die Flüchtlings-lager und schauen ansonsten, business as usual, weg.

Da mutet es wie eine Ironie des Schicksals an, daß sich das "Land des friedvollen Drachens" neuerdings mit einem gewaltigen, realen Sicherheitsproblem konfrontiert sieht. Durch großangelegte Militäroperationen versuchen die Armeen Indiens und Bhutans, tausende militanter Seperatisten aus dem benachbarten indischen Bundesstaat Assam in Süd-Bhutan aufzuspüren. 1991 hatte die königliche Regierung den Rebellen der Vereinig-ten Befreiungsfront von Assam (ULFA) und der National Democratic Front of Bodoland (NDFB) dort ein sicheres Rückzuggebiet zugesagt, wenn sie bei der Terrorisierung und der Vertreibung der Lhotsampas helfen würden. Aus friedlichen Lhotsampas wollte die königliche Regierung Terroristen machen - nun haben sie sie von anderer Seite bekommen.Und ein Witz, der uns immer wieder begegnete, verlegt gar den Anfang der Demokratie in die königliche Familie selbst. Der König hat 4 Frauen und jetzt 16 Kinder; zusammen also seien sie 21 Personen. In Bhutan gebe es aber nur 20 Verwaltungsdistrikte. So werde die demokratische Auseinandersetzung in der königlichen Familie selbst beginnen müssen.

(18.515 Anschläge / 250 Zeilen, Juli 2000)

Karte: Distrikte, in denen die sieben Flüchtlingslager liegen.