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Allen Widrigkeiten zum Trotz

Hemmnisse für gemeindebasierten Tourismus in Timor-Leste


Timor-Leste, auch als Osttimor bekannt, ist die drittjüngste Nation der Welt. Sie verfügt über großes Potenzial, um auf dem Lande gemeindebasierten Öko- und Kulturtourismus zu einem fairen und umweltfreundlichen Wirtschaftszweig zu entwickeln. Doch politische Unterstützung gibt es dafür nicht. Die Regierung setzt weit mehr auf ressourcenintensive, ausbeuterische Großinvestitionen. Zudem wirkt die fehlende Infrastruktur vor Ort noch immer als Entwicklungshemmnis.

Die mehr als zwei Jahrzehnte mutigen Unabhängigkeitskampfes gegen die Macht des brutalen indonesischen Militärregimes haben diese winzige, sonst im Brackwasser Indonesiens vergessenen Nation international bekannt gemacht. Ihre Freiheit und Unabhängigkeit haben die Timoresen mit über 24 Jahren Leid und dem Tod eines Viertels ihrer Bevölkerung bezahlt. Nachdem sie im September 1999 für die Unabhängigkeit gestimmt hatten, übten die indonesische Armee und pro-indonesische Kämpfer Vergeltung: Ihr Rückzug war eine monatelange Strategie der verbrannten Erde, durch die ein großer Teil der Gebäude und der Wasser- und Energieversorgung zerstört wurde. Tausende Menschen wurden niedergemetzelt.

Der Terror ist den Timoresen noch immer im Gedächtnis. Aus der Asche und den Ruinen haben sie die Scherben aufgesammelt und mit dem Wiederaufbau begonnen. Im Jahr 2006 startete die Haburas-Stiftung, eine einheimische Umweltgruppe, zusammen mit der portugiesischen Nichtregierungsorganisation CIDAC und mit Unterstützung der Europäischen Kommission ein Tourismusprojekt im abgelegenen Dorf Tutuala ganz im Osten der Insel. Die Dorfgemeinschaft wählte für die touristischen Aktivitäten den Strand von Valusere – einen „Strand von Schönheit und Wärme“ in der einheimischen Sprache Fataluku. Das Projekt ist im Großen und Ganzen erfolgreich. Es kommen jede Woche Besucher und bei den in Timor-Leste lebenden Ausländern ist es als Urlaubsziel bekannt. Die Gemeinschaft hat durch das Projekt Geld angespart und ein Rotationssystem erarbeitet, bei dem sich vier Teams abwechseln und den Nutzen aus dem Tourismus auf ihre Dörfer verteilen.

Mangelnde Infrastruktur

Eine Herausforderung für Valusere besteht in der Entfernung zur Hauptstadt Dili und der Baufälligkeit der Straßen. Für die Strecke von 265 Kilometern braucht man acht bis zehn Stunden, und das obwohl die Gegend schon seit der Zeit unter den Portugiesen eine beliebte Urlaubsregion war. Das letzte Stück ist eine unebene, steile Abfahrt, die selbst mit Vierradantrieb gefährlich ist. Das Tourismusteam von Valusere setzt diesen Weg Jahr für Jahr nach dem Monsun mit einfachsten Mitteln wieder instand.

Trinkwasser müssen die Mitarbeiter von Valusere jeden Tag von einer Wasserquelle über zwei Kilometer bergauf schaffen und zur Versorgung der Touristen dann einen weiteren Kilometer nach unten an den Strand. Vor kurzem investierten sie in ein Bohrloch mit Wasserpumpe, doch das Wasser ist salzig und nur zum Waschen geeignet. In vielen ländlichen Gemeinschaften hat die Regierung die Infrastruktur und die Grundversorgung noch nicht wiederhergestellt.

Fehlende staatliche Unterstützung

Obwohl der von lokalen Gemeinschaften selbst organisierte Tourismus großes Potenzial hat, gibt es dafür keine aktive staatliche Unterstützung. Die Regierung bevorzugt das konventionelle Tourismusmodell nach dem Muster der nahe gelegenen Nachbarinsel Bali. Private Investoren eignen sich nach und nach die besten Küstenabschnitte an, um auf öffentlichem Grund und Boden, der eigentlich unter Naturschutz steht, große Hotelanlagen zu bauen.

Ironischerweise arbeitet die Regierung gleichzeitig mit großen internationalen Naturschutzorganisationen zusammen, um 123.000 Hektar traditionell genutztes Land als Nationalpark auszuweisen. Dieses Gebiet liegt in der Gegend von Valusere und umfasst Wald- und Küstenregionen, darunter das heilige Inselchen Jaco. Theoretisch wird das Schutzgebiet gemeinsam mit den lokalen Gemeinschaften verwaltet. Doch in der Praxis beklagen die Gemeinschaften fehlende effektive Kommunikation, fehlendes Engagement und die unangemessenen Regeln, die ihnen auferlegt wurden. Sie dürfen im Schutzgebiet nicht mehr jagen und auch keine Ressourcen, Flora oder Fauna aus dem Schutzgebiet entfernen. Gleichzeitig gibt es keinerlei Unterstützung zu ihrem Lebensunterhalt oder für Gemeinschaftsprojekte.

Timor-Leste – eine eigenständige Destination

Timors Nähe zu Bali ist Fluch und Segen zugleich. Besucher von Bali, insbesondere Abenteuer- und Rucksacktouristen, machen oft einen Abstecher nach Timor. Mit Direktflügen von Denpasar nach Dili lässt sich das leicht bewerkstelligen. Neben Singapur und Darwin in Australien verfügt Bali über einen der drei internationalen Flughäfen, die Dili mit der Welt verbinden.

Timor-Leste sollte auf seine eigenen Stärken bauen, um Gäste anzulocken und seine verarmten, von jahrzehntelanger Gewalt und Korruption traumatisierten Gemeinschaften zu unterstützen. Timor hat seinen eigenen Charme. Dili ist eine kleine Stadt mit einer Mischung aus portugiesischer und indonesischer Vergangenheit, den ausländischen Einflüssen seit der Unabhängigkeit und Lokalkolorit. In abgelegenen ländlichen Gebieten gibt es großartige Landschaften. Das Dorfleben dort hat sich trotz jahrzehntelanger tumultartiger Politik kaum verändert. Es ist ein Land voller Überraschungen, historischer, geologischer und kultureller Besonderheiten – eine Destination, auf die sich viele gut informierte Reisende einlassen würden.

Der gemeindebasierte Tourismus ist sowohl finanzierbar als auch umweltfreundlich. Die Deviseneinnahmen könnten eine Alternative zur Öl- und Gaswirtschaft sein. Gleichzeitig stärkt ein solcher Tourismus die Gemeinschaften, indem er sie auf ihre Kultur stolz sein lässt und ihnen hilft, die Natur zu schützen. Doch stattdessen setzen Timors höchste Regierungsbeamte auf ein neo-liberales Modell. Sie wollen ausländische Investoren anziehen, die ressourcenintensive Hotelanlagen errichten, wo oft ausbeuterische Arbeitsbedingungen herrschen.

Lee Tan forscht an der RMIT Universität in Melbourne, Australien zu ökologischer Gerechtigkeit in der Produktion seltener Erden in Malaysia. In Timor-Leste arbeitet sie als Beraterin der Haburas-Stiftung.

Übersetzung aus dem Englischen: Christina Kamp

(6080 Zeichen, Dezember 2016, TW 85)