Um Klimawandel und Tourismus ging es beim diesjährigen Welttourismustag. Die offizielle Veranstaltung der Welttourismusorganisation (UNWTO) fand am 27. September 2008 in der peruanischen Hauptstadt Lima statt. Im Vorfeld trafen sich dort auch Vertreterinnen und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen aus Lateinamerika, Asien und Europa, um Handlungsstrategien zur sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit im Tourismus zu diskutieren. Auf der offiziellen UNWTO-Veranstaltung übergaben sie der Welttourismusorganisation ihre Vorschläge (s. Anhang 2).
Dabei staunten sie nicht schlecht über die neuen Töne, die von offizieller Seite zum Welttourismustag in Lima zu hören waren. Besonders verwunderte der Beitrag des UNEP-Direktors für Lateinamerika und die Karibik, Ricardo Sánchez Sosa. Er erklärte, dass Wachstumszahlen im Tourismus belanglos seien, wenn nicht Sozial- und Umweltkennzahlen mit in die Rechnung aufgenommen würden. Man bräuchte Indikatoren wie z.B. den Beschäftigungsgrad im Tourismus und Nachweise, wo das Geld denn eigentlich hingehe und ob die Einnahmen überhaupt den Menschen vor Ort zu Gute kämen. Auch wünschte er sich eine bessere Aufklärung der Touristen, damit sie sich klimafreundlicher verhalten. In diesem Zusammenhang regte er sogar an, Touristen zu sensibilisieren, aus Klimaschutzgründen kein rotes Fleisch (z.B. Rindfleisch) mehr zu essen, sondern Gemüse.
Der peruanische Umweltminister bemängelte, dass in der Davos-Deklaration der UNWTO das Prinzip Verantwortung zu kurz komme, das genauso wichtig sei wie die Reduzierung von CO2 und Anpassungsmechanismen. Man bräuchte eine neue Sozialethik und Sozialverantwortung, die Klimaschutz mit einbezieht. Geoffrey Lipman, Sonderberater der UNWTO, setzte noch eins drauf: Der Tourismus müsse auf intelligente Art wachsen und dazu gehöre eben, glaubwürdige Nachhaltigkeitskriterien zu beachten.
Auch wenn sich die Tonlagen der UNWTO deutlich in Richtung Klimaschutz und Armutsbekämpfung im Tourismus verlagert haben, gab es aus dem Publikum dennoch kritische Bemerkungen. Heinz Fuchs von der EED-Fachstelle Tourism Watch überreichte die Deklaration der Vor-Konferenz der Nichtregierungsorganisationen und kritisierte die mangelnde Beteiligung der Zivilgesellschaft an den Veranstaltungen und Konferenzen der UNWTO. Außerdem bat er um eine Erklärung, warum die UNWTO eine Flugemissionsberechnung nach der Methode der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) empfehle, die nur einen Bruchteil der tatsächlich anfallenden Emissionen berechnet und ausweist (vgl. TW 52). Dies sei keine Hilfe bei der Sensibilisierung von Touristen über die "Klimawahrheit" von Flügen, so Fuchs. Die UNWTO sieht sich laut Geoffrey Lipman aber nicht in der Verantwortung und möchte die Methodik der Emissionsberechnung lieber den einzelnen Umweltministerien überlassen.
Neue UNWTO-Initiativen
Die UNWTO konzentriert sich dagegen auf zwei neue Initiativen, die in Lima erstmals vorgestellt wurden. Mit "TOURpact.gc" will die UNWTO zusammen mit dem "Globalen Pakt" (Global Compact) der Vereinten Nationen die Tourismusindustrie in die Verantwortung nehmen und dazu anregen, soziale und ökologische Mindeststandards einzuhalten. Der Globale Pakt als weltweit größte Initiative im Bereich "Corporate Social Responsibility" (CSR) wurde 1999 von Kofi Annan, dem ehemaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen, ins Leben gerufen. Dass die Teilnahme der Unternehmen freiwillig ist und die Umsetzung der Maßnahmen keinem Monitoring und keiner Kontrolle unterliegt, steht auch in der Kritik des "bluewashing". Die “Blaufärberei“ ist eine Anspielung, die sich auf die Farbe der UN bezieht, die als Werbeinstrument missbraucht werden kann, ohne dass die beteiligten Unternehmen mit dem Global Compact eine Verpflichtung eingingen. Sie profitieren vom seriösen Ruf der Vereinten Nationen, ohne tatsächlich soziale und ökologische Mindeststandards einzuhalten.
Die zweite Initiative der UNWTO ist die Etablierung der Webseite www.climatesolutions.travel. Mit Unterstützung von Microsoft wurde diese Webseite eingerichtet. Sie soll als zentrales Portal Lösungen und Maßnahmen zum Klimaschutz für die Tourismusbranche verfügbar machen.
(4.301 Anschläge, 60 Zeilen, Dezember 2008)