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Keine Brutzeitverlängerung für den Kranich


In einer Vergleichsstudie der renommierten Klimaschutzorganisation Atmosfair schneidet die Lufthansa AG im Klimaschutz nur mittelmäßig ab. Im internationalen "Atmosfair Airline Index", den Atmosfair unter der Schirmherrschaft von Klaus Töpfer im März 2011 veröffentlicht hat, erreicht die Lufthansa in Punkto CO2-pro-Kilometer nur Effizienzklasse D. Der Airline Index unterscheidet die Effizienzklassen A bis G, wobei die besten Effizienzklassen A und B von keiner der weltweit erfassten Airlines erreicht wurden.

Viele Parameter spielen für den Index eine Rolle, insbesondere der Flugzeugtyp, die Sitzplatzkapazitäten und die Auslastung. Die besten Ergebnisse erreichen Fluggesell­schaften, die modernes Fluggerät einsetzen, das gut zur Flugdistanz und zum Passagieraufkommen passt und in dem viele Sitze untergebracht sind. Positiv wirkt sich auch aus, wenn sowohl die Sitze als auch der Frachtraum gut ausgelastet sind. Für jeden Parameter erhält die Fluggesellschaft zwischen 0 und 100 Effizienzpunkten, getrennt nach Kurz-, Mittel- und Langstrecke. So kann jeder Fluggast vor einem Flug die Fluggesellschaften vergleichen, die Flüge zu seinem Ziel anbieten, und sich für diejenige entscheiden, die dabei am wenigsten CO2 produziert. Dies ist vor allem für Unternehmen mit vielen Geschäftsreisen interessant. Sie können hier im besten Fall durch den Wechsel der Fluggesellschaft nicht nur CO2 sondern auch Ticketkosten sparen.

Airlines im internationalen Vergleich

Verglichen wurden die 100 größten Fluggesellschaften der Welt. Die so genannten Billigflieger hat Atmosfair u. a. aufgrund methodischer Probleme bei der CO2-Berechnung (wie Subventionen und oft längere Anfahrtswege zu Regionalflughäfen) noch nicht aufgenommen.

Laut Atmosfair ist die britische Monarch Airlines derzeit die klimafreundlichste der erfassten Fluggesellschaften, vor der deutschen Condor, die immerhin auch Effizienzklasse C erreicht. Schlusslichter bilden British Midland Regional, British Airways CityFlyer und South African Airlink in der schlechtesten Effizienzklasse G. Die Lufthansa landet im Durchschnitt auf Platz 52. Sie erreicht weniger Punkte aufgrund ihrer insgesamt unterdurchschnittlichen Auslastung und der im Vergleich zu den erfassten Wettbewerbern geringeren Sitzplatzkapazität. Auf der Mittelstrecke landet sie auf Platz 54, auf der Kurzstrecke sogar nur auf Platz 79, denn sie setzt hier etwa zur Hälfte ineffizientere Flugzeugmodelle ein.

Auf der Langstrecke nutzt die Lufthansa zu etwa zwei Dritteln moderne WideBody Jets (A340 und A330) und landet auf Platz 30. Allerdings schöpfe sie im Langstrecken­bereich "trotz der hohen Auslastung durch die unterdurchschnittliche Bestuhlung und den häufigen Einsatz der B747-400 das Effizienzpotential nicht aus", heißt es bei Atmosfair. Um ihre Klimabilanz zu verbessern müsste die Lufthansa unter anderem ihre überfällige Flottenerneuerung vorantreiben.

Äpfel und Birnen?

Der Index basiert auf dem CO2-Ausstoß einer Fluggesellschaft pro Kilometer und Passagier auf einer geflogenen Strecke. Datenquellen dafür sind ausschließlich eine Reihe spezialisierter internationaler Datendienste der Luftfahrtbranche, nicht die Fluggesellschaften selbst. Insgesamt erfassen die von Atmosfair verwendeten Datenquellen ca. 92 Prozent des weltweiten Luftverkehrs.

Auf die Frage des Dachverbands der Kritischen Aktionäre und EED Tourism Watch, warum sie beim Index so schlecht abgeschnitten habe, wiegelt die Lufthansa nur ab. "Dieser Index vergleicht Äpfel mit Birnen", rechtfertigt sich der Vorstandsvorsitzende Christoph Franz auf der Lufthansa-Jahreshauptversammlung am 3. Mai in Berlin.

Dietrich Brockhagen, Atmosphärenphysiker und Geschäftsführer von Atmosfair, ist durchaus in der Lage, Äpfel von Birnen zu unterscheiden: "Der Airline Index beruht auf der offiziellen CO2-Berechnungsmethode der ICAO. Die ICAO wird als Weltluft­fahrtorganisation erstaunt sein, ihre Methode von Herrn Franz so diskreditiert zu sehen. Außerdem haben bisher schon fünf Airlines und Konzerne bei Atmosfair Detailauswer­tungen für bestimmte Strecken bestellt, weil sie sich davon versprechen, Kunden von der Konkurrenz abwerben zu können. Und auch wenn Herr Franz es nicht gerne hört: Auch auf diesen Strecken lag die Birne Lufthansa teilweise deutlich hinter den Äpfeln der anderen Airlines. Die Zukunft wird zeigen, ob der Markt nicht irgendwann knackige Äpfel einer weichen Birne vorzieht", so Brockhagen.

Klimaverantwortung auf dem Prüfstand

Das Ergebnis zeigt, dass die Lufthansa im internationalen Wettbewerb in Sachen Klimaschutz derzeit kaum wettbewerbsfähig ist und sich ihren wirklichen Aufgaben nicht stellt - nämlich Klimaverantwortung zu übernehmen und ihren klimatischen Fuß­abdruck zu senken und korrekt auszuweisen, auf Grundlage wissenschaftlich aner­kannter Parameter. Dabei darf sich die Lufthansa, wie bereits von Umwelt- und Ent­wicklungsorganisationen kritisiert, nicht nur auf die Ausweisung der CO2-Emissionen beschränken, sondern muss auch die weiteren klimaschädlichen Effekte von Flugreisen einbeziehen.

Stattdessen ist die Lufthansa auf Nebenschauplätzen aktiv, die mit ihrem Kerngeschäft wenig zu tun haben, aber vom mangelnden Klimaschutz ablenken. So ist es sicher gut für das Image des Unternehmens, durch die Lufthansa Umweltförderung gemeinsam mit "NatureLife - International" die Wanderausstellung "World Champions of Nature" zu unterstützen. Neben der Wanderausstellung, die das Thema Artensterben hervorhebt und "außergewöhnliche Leistungen im Tierreich" darstellt, gibt es auch ein Video der Lufthansa, das "Fluggäste auf Interkontinentalflügen für den Artenschutz sensibilisieren" soll - nicht jedoch für den Klimaschutz. "Greenwashing vom Feinsten" sei dies, findet Volkmar Lübke, Koordinator von CorA - Corporate Accountability, dem Netzwerk für Unternehmensverantwortung. "Tolle Vorstellung", so meint er: "Während man durch seine Fernflüge die Natur weiter zerstört, kann man sie sich noch einmal genüsslich im Bordvideo anschauen!"

Weitere Informationen: www.atmosfair.de/fliegen-klima/atmosfair-airline-index

(6.112 Anschläge, 83 Zeilen, Juni 2011)