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Wenn Gringos auf dem Maisfeld schwitzen...

Dorftourismus in Peru


“Der ‘Amigo Tourist’ kommt, um unsere Kultur kennen zu lernen, und bringt unserem Dorf Geld.” So beschreiben Dorfbewohner der peruanischen Anden den Tourismus. Nach einer längeren Krise bedingt durch terroristische Gewaltakte hat der Tourismus in Peru wieder an Bedeutung gewonnen. Seit einigen Jahren wird nun auch der „Turismo Comunitario“ propagiert: Touristische Programme von Dorfgemeinschaften, in deren Mittelpunkt häufig die lokale Kultur steht.

Mehr und mehr ländliche Gemeinden sehen darin eine Möglichkeit, von den anwachsenden Touristenströmen zu profitieren. Dank der finanziellen Unterstützung durch die EU hatte selbst PromPerú, die Tourismusbehörde des Andenstaates, vor einiger Zeit ein Pilotprogramm zur Förderung entsprechender Initiativen gestartet.

Eines dieser Projekte wurde im Heiligen Tal der Inkas entwickelt – zwischen den Tourismushochburgen Cuzco und Machu Picchu. Mittlerweile wird das Programm des „partizipativen Tourismus“ in Urubamba von Inkapusayuc getragen, einem Kleinunternehmen aus Vertretern der drei beteiligten Gemeinden. Der Begriff Partizipation umschreibt dabei nicht nur die Beteiligung der Dorfgemeinschaft an der touristischen Entwicklung. Auch die Besucher werden eingeladen, an den alltäglichen Aktivitäten der lokalen Bevölkerung mitzuwirken. So können die „Gringos“ für einige Stunden auf den Feldern mitarbeiten oder ihre Fähigkeiten in der Salzgewinnung ausprobieren. Neben geführten Wanderungen ergänzen Veranstaltungen mit traditioneller Musik und Tänzen das touristische Programm.

Andere Initiativen des Turismo Comunitario bieten Trekkingtouren mit Lamas, Bootstouren auf dem Titicacasee oder Einblicke in die andine Küche an. Wenngleich ihre touristischen Programme sich unterscheiden, so sind die Probleme der Gemeinden oft die gleichen. An erster Stelle steht der Geldmangel. Den Kleinunternehmen fehlt es am betriebsnotwendigen Kapital sowie an Finanzmitteln für Investitionen in die Infrastruktur. Gleichzeitig bleiben die Gästezahlen und damit die Einnahmen noch hinter den Erwartungen zurück. Die traditionellen Wirtschaftsbereiche wie Landwirtschaft und Fischerei dominieren nach wie vor. Den lokalen Akteuren ist jedoch in der Regel bewusst, dass der Tourismus nur eine zusätzliche Einnahmequelle sein kann und soll. Ein wenig mehr als bisher könnte es ihrer Meinung nach aber sein...

Erschwert wird dies nicht nur durch externe Faktoren, sondern auch durch die Strukturen in den Gemeinden. Nicht selten entfällt der Großteil der Aufgaben auf eine Person oder eine kleine Gruppe. Die anderen Dorfbewohner verlieren schnell das Interesse, wenn sich die erhofften Gewinne durch den Tourismus nicht innerhalb kurzer Zeit realisieren lassen. Auch ein Rotations- System, durch das Aufgaben und Einnahmen auf mehrere Familien verteilt werden sollen, kann nicht immer helfen, Spannungen zu vermeiden.

Neben den organisatorischen und finanziellen Problemen stellt die Vermarktung der gemeinsamen Produkte eine große Schwachstelle dar. Es fehlen Konzepte und Partner. Die nationalen Agenturen sind häufig nur an Niedrigstpreisen und weniger an Qualität interessiert. Die peruanischen Touristen ignorieren die Angebote der Dorfgemeinschaften. Für diese ist es wiederum schwer, einen Zugang zu internationalen Märkten zu finden. Allzu oft wissen sie auch nichts über die Bedürfnisse und Interessen der ausländischen „Amigos“. Gleichzeitig beklagen die Vertreter der Gemeindeprojekte die mangelnde Qualifizierung der lokalen Leistungsträger.

Abhilfe kann wohl nur eine gezielte Unterstützung von außen schaffen. Mögliche Kooperationsfelder sind Trainingsprogramme sowie Marketing- und Finanzberatung. Ziel sollte es sein, Kriterien der Nachhaltigkeit zu entwickeln, die der Situation der ländlichen Gemeinschaften gerecht werden. Dann werden diese neben der Stärkung ihrer kulturellen Identität auch die Verbesserung ihrer Lebensqualität als positiven Effekt des Tourismus nennen können. Ein Beispiel für ein erfolgreiches Joint-Venture ist die Kooperation zwischen der Gemeinde von Anapia (einer Insel im Titicacasee) und dem einheimischen Reiseunternehmen „All Ways Travel“. Die Betreiber der Agentur haben die lokale Bevölkerung von Beginn an bei der Entwicklung und Vermarktung ihrer touristischen Produkte unterstützt. Fehlentwicklungen, wie sie auf anderen Inseln deutlich werden, wollen beide Seiten vermeiden.

Dem Turismo Comunitario in Peru ist zu wünschen, dass dieses Modell möglichst viele Nachahmer findet, und er zumindest einen kleinen Beitrag zur Entwicklung der ländlichen Gebiete leisten kann.

Kathrin Forstner war Ende 2001 für 3 Monate in Peru und in dem Projekt tätig.

Kontakt „All Ways Travel“: awtperu@terra.com.pe

(4.771 Anschläge, 61 Zeilen, März 2002)