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Undifferenzierte Forderungen


In großen Teilen Asiens ist man wegen großer Wasserflächen, hoher Gebirge, häufig miserabler oder fehlender Straßen und teilweise riesiger Entfernungen auf das Flugzeug angewiesen. Da ist es ein Unding, aus dem kleinen deutschen Wohlfahrtsparadies mit vergleichsweise luxuriösen öffentlichen Verkehrsmitteln pauschal zu fordern, auf das Flugzeug zu verzichten und die "sanfte" Bahn zu benutzen.

Wenn solche Forderungen über die Deutsche Welle in die ganze Welt ausgestrahlt werden, dann darf man von Tourismuskritikern und Umweltschützern eine differenzierte Darstellung erwarten. Sie sollten in Betracht ziehen, daß nicht alle Länder über Eisenbahnen verfügen, und daß öffentliche Verkehrsmittel in vielen Regionen aus alten, verrosteten, unsicheren Bussen und Lastwagen bestehen. (Manchmal liest man über ihre Benutzung unter der Rubrik "Abenteuer"...).

In der "Dritten Welt" stößt man sonst auf Unverständnis und wird nicht ernst genommen. "Sehr provinziell", kommentierte ein indischer Aktivist, "kleinbürgerlich und absolut weltfremd". Wer die pauschale Abschaffung des Flugverkehrs fordere, verlange die totale Isolierung und den wirtschaftlichen Ruin vieler Menschen, Regionen und Länder. "Warum wird nicht erstmal eine Reduzierung des Flugverkehrs im überentwickelten Westen angestrebt?" ärgerte sich der Inder. "Auf großen Flughäfen wie beispielsweise Frankfurt starten und landen innerhalb von zehn Minuten so viele Flieger wie auf internationalen Flughäfen kleiner Länder pro Tag. Und: Jetzt sind wir an der Reihe, in die ganze Welt zu reisen".

Das war 1995. Bleibt anzumerken, daß der Flugverkehr seither stetig zunahm und -zynisch genug - erst durch die Entführungen und Terrorakte am 11. September in den USA zurückging. Zumindest vorübergehend. Gleichzeitig ist die ganze Flug- und Tourismusbranche betroffen, in Südasien in besonders dramatischem Ausmaß.

(1.898 Anschläge, 26 Zeilen, Oktober 2001)

(Just während des Verfassens dieser Zeilen wurde eine Verkehrsmaschine in Indien entführt, ...was sich jedoch als Fehlalarm herausstellte. Wie in den USA hatten Passagiere per Handy ihre Angehörigen und eine große Tageszeitung angerufen, was erheblich zur allgemeinen Verwirrung beitrug. Das Vertrauen ins Fliegen und Reisen dürfte durch solche Vorfälle weiter fallen.)