Blog

Tourismus als Armutsfaktor

Drei Fragen an Caesar D'Mello, Direktor der Ecumenical Coalition on Tourism (ECOT), Thailand


Die Ecumenical Coalition on Tourism (ECOT), eine der wichtigsten Partnerorganisationen von EED Tourism Watch, besteht nun seit mehr als 25 Jahren. Im Rahmen von Veranstaltungen und Publikationen nutzt ECOT den Anlass für einen Blick in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wir befragten den derzeitigen Direktor Caesar D'Mello nach den aktuellen Aufgaben und größten Herausforderungen.

TW: Welche sind die größten Herausforderungen, vor denen vom Tourismus betroffene Gemeinschaften im “globalen Süden” heute stehen?

Caesar D'Mello: So überraschend es klingen mag, der Tourismus ist für Gemeinschaften im “Süden” genauso ein Armutsfaktor wie Krieg, Korruption, die Ungleichverteilung von Vermögen, der ungerechte Handel, fehlende Infrastruktur, etc. Der Tourismus bringt für Entwicklungsländer nachweislich hohe soziale Kosten mit sich. Der Tourismus wird überbewertet und ignoriert die Bedürfnisse und den Schutz der gastgebenden Bevölkerung. Er verletzt ihre Würde und ihre Rechte. Er schätzt ihre Kultur gering und macht daraus eine Ware. Er missbraucht ihre Frauen und Kinder und bringt ihre natürliche Umwelt aus dem Gleichgewicht. Er basiert auf ungleichen und ungerechten Mustern globaler Beziehungen und Transaktionen. So lange Entscheidungsprozesse in den Händen einiger weniger liegen, die kommerzielle Interessen vertreten, wird der Tourismus eine dunkle Seite haben.

TW: Wie kann und sollte ECOT auf diese Herausforderungen reagieren? Wie kann der von Peter Holden genannte “Zorn” (s. Beitrag S. 4) aufrechterhalten werden?

Caesar D'Mello: Trotz der Dimensionen der Tourismuswirtschaft ist Lobbyarbeit mit Hilfe von Netzwerken der richtige Weg, um den “Zorn“ aufrechtzuerhalten. Angesichts ihrer ökumenischen, kirchlichen und darüber hinausgehenden Verbindungen ist ECOT gut aufgestellt, um Bewusstseinsbildung zu fördern, die negativen Seiten des Tourismus aufzuzeigen und sich für einen gerechteren und menschlicheren Tourismus einzusetzen. ECOT muss jedoch mit anderen Netzwerken zusammenarbeiten. Gruppen wie das Third World Tourism European Ecumenical Net (TEN) mit seiner Basis im Norden sind wichtige Partner für ECOT bei der gemeinsamen Aufgabe im Dienste gemeinsamer Menschlichkeit.

Die Stoßrichtung der Arbeit von ECOT ist klar. Wie es Ron O'Grady in unserer demnächst erscheinenden Publikation “Transforming Tourism/Re-forming Tourism“ ausdrückt: “Wir brauchen eine Kampagnenorganisation wie ECOT, die uns die Richtung weist. Die Tourismuswirtschaft braucht eine Moskito-Organisation wie ECOT, die dafür sorgt, dass sie ehrlich bleibt.“ (s. Beitrag Seite 9-10)

TW: Was sind derzeit die Arbeitsschwerpunkte von ECOT?

Caesar D'Mello: Die Fülle an Aufgaben von ECOT lassen sich in einer so kurzen Antwort nicht erschöpfend darstellen. Doch dazu gehört zum Beispiel unser laufendes “Disaster Preparedness and Programme Management”-Projekt, das darauf abzielt, in Sri Lanka, Indonesien und Thailand aus touristischer Perspektive die Vorsorge und Entwicklung angepasster politischer Handlungskonzepte für katastrophenanfällige Regionen zu fördern. Außerdem gilt es zu untersuchen, in welchem Umfang der Süden eine Tourismuswirtschaft subventioniert, die in erster Linie durch den Norden angetrieben wird. Zudem macht ECOT sich Sorgen über die Verbreitung von HIV/Aids durch den Tourismus, insbesondere in den so genannten “beliebten Tourismusdestinationen“. In Zusammenarbeit mit Gruppen vor Ort organisiert ECOT öffentliche Anhörungen in verschiedenen Ländern, um ein Forum für Gemeinschaften zu schaffen, in dem sie ihre Erfahrungen mit dem Tourismus zur Sprache bringen können.

(3.739 Anschläge, 52 Zeilen, März 2008)