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„Rent-a-womb“: Fortpflanzungstourismus als Outsourcing-Geschäft


Immer mehr Frauen oder Paare mit unerfülltem Kinderwunsch suchen die Lösung ihres Problems im Ausland. Auf „Reproreisen“ suchen und finden Fortpflanzungstouristinnen Zugang zu Behandlungsmethoden, die in ihren Heimatländern teuer oder verboten sind. An dem wachsenden Geschäft mit der Hoffnung haben auch einige Entwicklungs- und Schwellenländer mit guter privatmedizinischer Versorgung ihren Anteil. So gilt Jordanien als beliebtes Ziel, wenn auf das Geschlecht des Kindes Einfluss genommen werden soll.

Neben osteuropäischen Ländern und Russland verfügt auch China über moderne Technologien für eine künstliche Befruchtung. Südafrikanische Kliniken werben mit niedrigen Preisen für Eizellspenden, die in Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz verboten sind. Besonders „billig“ können sich Ausländerinnen ihren Kinderwunsch in Indien erfüllen bzw. erfüllen lassen. In einer Klinik in Mumbai zum Beispiel betragen die Kosten nur etwa ein Zehntel dessen, was die auf Nachwuchs hoffenden Frauen zum Beispiel in den USA bezahlen müssten. Die indischen Frauen, die als Leihmütter dienen, kommen vorwiegend aus der unteren Mittelschicht. Sie erhalten für eine Leihmutterschaft rund 2.500 US-Dollar – viel Geld in Indien, wo fast 80 Prozent der Bevölkerung mit weniger als zwei US-Dollar am Tag auskommen müssen. Ärzte, die an dem Fortpflanzungstourismus verdienen, weisen darauf hin, dass für die indischen Leihmütter während der Schwangerschaft gut gesorgt werde und sichergestellt würde, dass sie keine zu enge Bindung zu dem Kind entwickelten.

Doch in der indischen Presse gibt es auch deutliche Kritik an dem neuen Outsourcing-Geschäft. In der „Asia Times“ vom 16. Juni 2006 weist Sudha Ramachandran darauf hin, dass eine indische Frau, die ein Kind austrägt, das nicht das Kind ihres Mannes ist, von der Gesellschaft stigmatisiert werde. Zudem könne in einem Land wie Indien, wo eine Frau ihrem Mann und dessen Familie zu Gehorsam verpflichtet sei, nicht ausgeschlossen werden, dass sie auf Druck der Familie und gegen ihren eigenen Willen einer Leihmutterschaft zustimmt.

Wenig Beachtung fand dagegen bislang die Tatsache, dass mit 540 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten die Müttersterblichkeit in Indien sehr hoch ist, nicht selten aufgrund der schlechten Ernährungslage der Mütter. Selbst wenn eine Frau als Leihmutter deutlich besser versorgt wird, als bei der Schwangerschaft und Geburt ihrer eigenen Kinder, so bleibt eine Geburt doch immer mit einem erheblichen Risiko verbunden – einem Risiko, das auf diese Weise mit „ausgelagert“ wird.

(2.558 Anschläge, 33 Zeilen, September 2006)